Ein Basler flirtet mit Zürich: Swiss Indoors prüfen Umzug in die Swiss-Life-Arena
Die Swiss Indoors in Basel sind der wirtschaftlich bedeutendste Sportanlass in der Schweiz. Doch das Tennisturnier leidet unter den hohen Infrastrukturkosten in der St.-Jakobs-Halle.
Daniel Germann25.06.2022, 05.30 Uhr
Roger und Roger im Konfettiregen: Federer und Brennwald bei der Pokalübergabe an den letzten Swiss Indoors 2019.
David Emm / Imago
Zwei Jahre sind die Swiss Indoors in Basel wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Der Turniergründer und -direktor Roger Brennwald wurde dadurch um die Feierlichkeiten zum 50-Jahr-Jubiläum geprellt. 1970 hatte er das Turnier in der Basler Vorortsgemeinde Muttenz in einer Ballonhalle gestartet, die er für 4000 Franken angemietet hatte. Daraus ist mit einem Budget von gegen 20 Millionen Franken der umsatzstärkste Schweizer Sportanlass geworden.
Brennwald und sein Team arbeiten momentan mit Hochdruck an der Wiederaufnahme des Turniers. Für die kommende Ausgabe vom 22. bis zum 30. Oktober haben die Swiss Indoors bereits den spanischen Shootingstar Carlos Alcaraz als Teilnehmer gemeldet. Und seinen Start angekündigt hat auch Roger Federer. Der bald 41-jährige Baselbieter war 2019 der bisher letzte Sieger in Basel gewesen.
Das Turnier steht vor einer Zäsur
Federer hat die letzten zwei Jahrzehnte der Swiss Indoors geprägt und das Turnier zehnmal gewonnen. Doch die Zeit des einstigen Basler Balljungen im professionellen Tennis läuft unaufhaltsam aus. Nach drei Knieoperationen innerhalb von 15 Monaten gehen Branchenkenner davon aus, dass die Rückkehr auf den Court eher eine Abschiedsvorstellung als ein echtes Comeback sein wird.
Ohne den weltweiten Publikumsliebling wird sich auch das Turnier neu orientieren müssen. Die Swiss Indoors waren bereits vor der Ära Federer ein vielbeachteter, erfolgreicher Sportanlass. Praktisch alle internationalen Stars der vergangenen 50 Jahre traten mindestens ein Mal in Basel an.
Und doch wird es für das Turnier gerade in Basel nicht einfach werden, sich frisch zu positionieren. Roger Brennwald befasst sich deshalb ernsthaft mit der Zukunft seines Anlasses. Er hinterfragt dabei alles – auch den Standort. In den vergangenen Monaten hat sich sein Team Gedanken über allfällige Alternativen gemacht und dabei unter anderem zu den ZSC Lions Kontakt aufgenommen, die im Oktober die neue multifunktionale Swiss-Life-Arena in Altstetten beziehen werden.
Der Zürcher CEO Peter Zahner bestätigt erste, lose Kontakte. Er sagt: «Natürlich wären wir interessiert, einen Anlass wie die Swiss Indoors in unserer neuen Arena aufzunehmen. Doch die bisherigen Gespräche waren rein informeller Natur.» Zahner sagt weiter, dass es immer Teil des Businessplans gewesen sei, auch Eishockey-fremde Aktivitäten in die Halle zu integrieren.
Neben sogenannten Corporate Events sind auch andere Sportanlässe Teil des Konzepts. Zwischen dem 5. und dem 13. November findet etwa die Unihockey-Weltmeisterschaft in der Swiss-Life-Arena statt. 2026 wird sie Hauptspielort der Eishockey-WM sein. Und Kontakte bestehen auch zu den Organisatoren der Handball-WM 2028, die die Schweiz, Spanien und Portugal gemeinsam veranstalten. Ausgeschlossen sind über den Baurechtsvertrag einzig kulturelle Veranstaltungen, die das Hallenstadion direkt konkurrieren.
Zürich hat eine gewisse Tradition als Austragungsort internationaler Tennis-Events. Zwischen 1984 und 2008 war zuerst die Saalsporthalle, dann der Schluefweg in Kloten und das Hallenstadion Schauplatz eines WTA-Turniers. Doch die Stadt gilt als schwieriges Pflaster für Sport-Events. Deshalb sollen die Basler Turnierorganisatoren auch Alternativen in Bern und Genf prüfen.
Der Turnierdirektor Roger Brennwald bestätigt die Abklärungen. Er sagt: «Früher operierten wir mit Fünfjahresplänen, heute leben wir von Jahr zu Jahr. Es ist richtig, dass wir die Standortfrage überdenken. Doch es ist noch zu früh, um etwas darüber zu sagen. Sicher ist im Moment nur, dass die nächste Austragung im Oktober in der St.-Jakobs-Halle stattfinden wird.»
Die St.-Jakobs-Halle generiert zu hohe Kosten
Es ist momentan schwer vorstellbar, dass der Ur-Basler Brennwald mit seinem Lebenswerk nach Zürich oder in eine andere Schweizer Stadt umziehen wird. Die Prüfung alternativer Austragungsorte dürfte in erster Linie ein Versuch sein, den Druck auf die Basler Behörden zu erhöhen und die Verhandlungsposition zu stärken.
Denn bekannt ist auch, dass Brennwald mit den Rahmenbedingungen in der St.-Jakobs-Halle seit längerer Zeit unzufrieden ist. Die Miete, der temporäre Umbau und die flankierenden Kosten belasten das Budget während des zehntägigen Anlasses auch nach der Sanierung der Arena vor fünf Jahren mit einer siebenstelligen Summe.
Mit leisem Zorn verfolgte der Turnierdirektor etwa, mit welcher grosszügigen Unterstützung die Stadt Genf 2019 Roger Federers Laver-Cup den roten Teppich ausrollte. Brennwald hütet sich davor, verbal Öl ins Feuer zu giessen. Fragen zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weicht er aus: «Mehr kann und will ich im Moment zur Angelegenheit nicht sagen.»
Ähnlich zurückhaltend äussert sich die Stadt Basel. Simon Thiriet, der Leiter der Kommunikation, schreibt auf Anfrage per Mail: «Die Swiss Indoors sind sehr wichtig für die Region. Wir unterstützen das Turnier als Kanton unter anderem mit vorteilhaften Mietkonditionen und mit einem vom Grossen Rat beschlossenen Marketing-Engagement.» Über den Werbeschriftzug «Basel» an den Grundlinien fliessen pro Jahr 250 000 Franken ins Turnier. Weiter schreibt Thiriet, seines Wissens habe es immer wieder Überlegungen gegeben, die Swiss Indoors an einem anderen Ort auszutragen. «Wir befinden uns in regelmässigem Austausch mit Herrn Brennwald und seinem Team.»
Das Klima zwischen der Stadt und dem Turnier ist belastet
Der moderate Ton täuscht nicht darüber hinweg, dass das Klima zwischen dem Turnierdirektor und der Regierung belastet ist. Als Brennwald zum Jubiläums-Dinner lud, folgte keiner der Regierungsräte seiner Einladung.
Dabei ist das Turnier für das Marketing der Stadt nicht unerheblich. Wie die Weltkonzerne Novartis oder Roche trägt es den Namen Basel in die Welt hinaus. Der FC Basel schwächelt. Die Uhren- und Schmuckmesse «Baselworld», ein anderes Aushängeschild, fiel in den vergangenen drei Jahren der Pandemie zum Opfer und dürfte wohl Geschichte sein.
Und der Rücktritt von Roger Federer, dem berühmtesten und international auch populärsten Sohn der Region, ist eine Frage der Zeit. Sollte die Stadt nun ihren wichtigsten Sport-Event ausgerechnet an den Erzrivalen aus Zürich verlieren, wäre zumindest die kommende Fasnacht gesichert. An Material für Schnitzelbänke dürfte es nicht mangeln.