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Früher stoppte er Pucks, jetzt kremiert er Haustiere
Der Finne führte die ZSC Lions in die Meisterära, nun hat er unweit des Polarkreises ein neues Leben begonnen. Er bietet trauernden Tierliebhabern eine persönliche Betreuung.

Simon Graf
Publiziert heute um 06:00 Uhr
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Ari Sulander im Mai 2022 vor seinem Tierkrematorium in Oulu. Es läuft so gut, dass er wohl bald jemanden wird anstellen müssen.
Foto: Janne Körkkö
Ari Sulander schreibt per Whatsapp: «Ruf mich 30 Minuten später an. Ich habe noch einen Kunden.» Um 10.30 Uhr finnische Zeit passt es. Sulander hat viel zu tun. Im Sommer feiert sein Tierkrematorium in Oulu, das Sulon Lemmikkituhkaus, das fünfjährige Jubiläum. Bisher betrieb er es allein, und wenn er in den Ferien war, halfen ihm Freunde. Doch er denkt darüber nach, noch jemanden anzustellen. Zwischen drei und sechs Tiere mit bis zu 100 Kilo äschert er täglich ein. Und was ihn besonders ausmacht: Er bietet den trauernden Tierliebhabern eine persönliche Betreuung.
«Ich bin ein guter Zuhörer», sagt er. «Wenn ein Haustier stirbt, kann das sehr einschneidend sein. Einige liefern einfach ihre tote Katze oder ihren toten Hund ab und wollen nichts mehr damit zu tun haben. Für andere ist es der Abschied von ihrem besten Freund. Sie weinen, wenn sie vorbeikommen. Da muss man die richtigen Worte finden. Ich glaube, das gelingt mir gut. Ich bekomme viel positives Feedback. Deshalb wachse ich rasant.»
Für die Asche bietet Sulander vom Stoffsäckchen bis zur handgefertigten Holzurne mit Inschrift alles an. Wer die Überreste seines Tieres immer mit sich tragen möchte, kann sie auch in einer individuell gefertigten Halskette aufbewahren. Im Schmuckstück findet ein Teelöffel Asche Platz. Sulander arbeitet mit einer Schmuckfirma aus Helsinki zusammen. «Ein schönes Andenken», sagt er.

Holzurnen für die Asche der verstorbenen Haustiere: Ari Sulander bietet das ganze Paket an.
Foto: Janne Körkkö
Den Tipp für sein Business gab ihm ein Freund, der bei der Stadtverwaltung in Oulu arbeitet. «Er sagte mir, das Tierkrematorium schliesse, vielleicht sei das ja etwas für mich. Ich fragte die Tierärztinnen und Tierärzte, und sie fanden, das brauche es unbedingt. Gut für mich», sagt Sulander schmunzelnd. «Jetzt habe ich Arbeit, bis ich pensioniert werde.» Zwar gibt es in Oulu inzwischen noch ein zweites Tierkrematorium, aber sie kämen sich nicht in die Quere. «Die Stadt ist gross.»
Mit über 200’000 Einwohnern ist Oulu die grösste so hoch oben im Norden gelegene Stadt in der Europäischen Union. Für Touristen ist es ein beliebter Ausgangspunkt für Reisen zum Polarkreis, der nur zwei Autostunden entfernt ist. 2026 wird es die Kulturhauptstadt Europas sein. Sulander wuchs 600 Kilometer südlich in der Hauptstadt Helsinki auf, nach Oulu verschlug es ihn wegen seiner neuen Partnerin, die von hier stammt.
Immer noch minus 15 Grad und überall Schnee
Seit sieben Jahren bewohnen sie ein Haus ein paar Kilometer ausserhalb der Stadt. «Hier ist alles nahe beieinander. Das gefällt mir», sagt er. «Und wenn du weg willst, haben wir einen Flughafen. Da kannst du fliegen, wohin du möchtest.» Im Winter, wenn die Tage kürzer sind und die Temperaturen tief, ist dieser Drang wohl noch etwas grösser als im Sommer. «Wir hatten einen kalten Winter, bis zu 35 Grad minus», erzählt Sulander. «Heute Morgen war es minus 15, überall liegt noch Schnee.»
Sulander hatte eigentlich vorgehabt, nach seinem Rücktritt von 2012 als Goalietrainer zu arbeiten. Zuerst war er beim Schweizer U-20-Nationalteam, danach bei der finnischen U-20 und bei Jokerit Helsinki engagiert. «Aber ich konnte keinen Fulltime-Job finden. So begann ich, mir eine sogenannte normale Arbeit zu suchen.» Er probierte verschiedene Dinge aus, bis er nun als Tierbestatter so richtig angekommen ist in der Karriere nach der Karriere.

Ari Sulander beim Ofen, in dem er die Tiere einäschert. Darin wird es über 850 Grad heiss.
Foto: Janne Körkkö
Inzwischen 55-jährig, denkt er gern an seine Zeit bei den ZSC Lions zurück. «Ich habe wunderschöne Erinnerungen. Wenn ich könnte, würde ich das gern alles nochmals erleben.» Als er kam, dachte er, er würde zwei, drei Jahre in Zürich bleiben. Daraus wurden 14, von 1998 bis 2012. «Alles passte, deshalb gab es keinen Grund, etwas anderes zu machen. Und wir wussten beim ZSC, wir hatten jedes Jahr ein Team, das Meister werden konnte.»
Wenn ein Titel heraussteche, dann der erste am 1. April 2000, als Zürich kopfstand. Aber es sei auch schön gewesen, die Karriere 2012 als Meister abzuschliessen, auch wenn nicht mehr er im Tor stand, sondern Lukas Flüeler. Er schätze die persönlichen Kontakte aber genau so sehr wie die Erfolge, sagt Sulander. «Ich habe viele Freundschaften geschlossen, mit Mathias Seger, Edgar Salis oder Claudio Micheli. Wir schreiben uns noch heute.»
Diese drei zählten auch zum Jassgrüppchen im Teambus. Sulander spannte zuerst mit Micheli zusammen, dann mit Seger. Wenn es die Zeit erlaubte, jasste man einen Coiffeur. Sulander gilt inoffiziell als bester Jasser mit finnischem Pass. Doch in seiner Heimat hat er niemanden mehr gefunden, mit dem er seinem Hobby frönen kann. «Hier spielt man andere Spiele. Ich versuchte ein paarmal, es meinen Freunden beizubringen. Aber sie fanden, jassen sei zu kompliziert.»

Abschluss als Meister: Ari Sulander feiert 2012 den Titel in Bern.
Foto: Peter Klaunzer (Keystone)
Sulander ist stolz darauf, wie lange er auf höchstem Niveau Eishockey spielte. Er war ja bereits 29, als er nach Zürich kam. «Ich bin hier nochmals besser geworden», sagt er. «Ich wurde mit den Jahren mental immer stärker. Je wichtiger das Spiel, desto besser wurde ich.» Bis vor kurzem spielte er noch in einem Seniorenteam bei Oulun Kärpät, jeweils am Sonntagabend wurde trainiert. Inzwischen hat er aufgehört. «Mein Rücken schmerzte. Jetzt geht es wieder besser.»
In diesem Winter coachte er die U-18, in welcher der Sohn seiner Partnerin spielt. Als Headcoach. «Vier Trainings die Woche und Spiele am Wochenende», stöhnt er. «Wir reisten per Bus durch ganz Finnland, bis nach Helsinki. Wir fuhren am Freitag los und kehrten am Sonntag zurück.» Jetzt hat er aufgehört. Es wurde zu viel. Seine Partnerin hat vorgeschlagen, er solle künftig ins Fitnesscenter gehen, um in Form zu bleiben.
Beim Besuch in Zürich wollten alle Selfies mit ihm
Die ZSC Lions verfolgt Sulander aus der Ferne. Der Bezahlkanal MTV zeigt jede Woche zwei Spiele aus der National League. Spiel 1 des Halbfinals gegen Zug schaute er sich an, Spiel 3 am Samstag wird auch übertragen. Wahrscheinlich werde er einschalten, sagt Sulander. Goalie Simon Hrubec spiele gut, meint er anerkennend.
Das letzte Mal war er im Oktober 2022 in Zürich, bei der Eröffnung der Swiss-Life-Arena: «Sie haben uns herumgeführt und alles gezeigt, ein wunderbares Stadion», schwärmt er. «Jetzt hat das Team alles, was es braucht. Schade, hatten wir das nicht schon früher.»
Sulander erlebte bei seinem Besuch, wie populär er in Zürich immer noch ist. «Die Leute liessen mich kaum mehr gehen, alle wollten mit mir Selfies schiessen», sagt er schmunzelnd. «Es ist schön, erinnert man sich noch an mich.»
Aus seiner Zeit beim ZSC hat Sulander den Schweizer Pass, er könnte auch hier leben, falls er möchte. «Mal schauen, was das Leben noch so bringt», sagt er. Momentan stimmt es so für ihn. Er verspricht, sich zu melden, wenn er das nächste Mal in Zürich ist. Aber jetzt muss er los. Die Arbeit ruft.