Kovalev: ''Bin froh, hier zu sein''
Alexei Kovalevs Karriere ist von Höhenflügen geprägt. Dies soll auch in der Schweiz so bleiben. Mit dem EHC Visp will er in die NLA aufsteigen und mit dem Pilatus PC-12 als Pilot über den Wolken kreisen.
Würde Kovalev (40) sein Palmares auf eine Visitenkarte drucken wollen, würde diese zur Schriftrolle: Denn der russische Hockey-Star hat alles gewonnen, was nicht niet- und nagelfest ist. Ein kleiner Auszug: Sowjet-Meister, GUS-Meister, U-20-Weltmeister, Olympiasieger. Dazu kommen unter anderem WM- und Olympia-Bronze.
Insbesondere ist er zudem der erste Russe, der in der 1. NHL-Runde gedraftet wurde. Mit den New York Rangers gewann der den Stanley Cup. Jetzt aber gilt seine volle Aufmerksamkeit dem EHC Visp.
Wie schätzen Sie das Niveau in der NLB ein?
Das Level hier ist anders, viele junge Spieler sind auf dem Eis, die lernen und vorankommen wollen. Mir macht es Spass, ihnen zu helfen, besser zu werden. Es ist Hockey und ich mag das Gefühl zu siegen. Darum bin ich froh, hier zu sein.
Also erleben sie mit 40 einen zweiten Hockeyfrühling?
So würde ich das nicht sagen. Ich trug über längere Zeit wenige Spiele aus und wusste nicht, wo ich stehe. Nach dem NHL-Lockout war ich kurz bei den Florida Panthers. Nach fünf Niederlagen in Serie wurde ich im Februar ins Farmteam abgeschoben, ohne dass mit mir darüber geredet wurde. Lange zeigte niemand Interesse an mir. Ein paar NLA-Teams nahmen dann Kontakt mit mir auf, der Prozess dauerte aber zu lange. Und dann wollte mich Visp.
Sie sind präzis wie ein Schweizer Uhrwerk, denn Sie skorten lange im Schnitt exakt einmal pro Spiel, gleich ob Ihr Team eines oder acht Tore schiesst …*
(lacht) Daran dachte ich nicht, das habe ich nicht gewusst. Wenn die Möglichkeit da ist, versuche ich zu skoren. Ich gehe einfach mit dem Spielfluss mit. Wichtiger aber ist, dass das Team gewinnt.
*Gegen die GCK Lions verlor Visp 1:6, trotz Kovalev-Punkt; gegen Thurgau siegte man 8:6, mit „nur“ einem Kovalev-Punkt. Oft skorte er exakt einmal pro Spiel. Seit dem letzten Spieltag ist sein Schnitt nun leicht gestiegen, auf 1,1.
Sie sind neu beim EHC Visp, was haben Sie in der Schweiz angetroffen?
In der Schweiz hatte ich bereits mehrere Orte gesehen. Was mir hier gefällt, ist dass die Menschen relaxt sind. Hier kann man zur Arbeit gehen und niemand behelligt einen. Ich muss nicht in einer grossen Stadt leben. Meine Familie lebt in New York, im November, während der Nationalmannschaftspause besuche ich sie.
Sie haben den Stanley Cup gewonnen, da wollen sie doch auch hier die Liga gewinnen?
Das würde ich liebend gern, denn ich habe alles gewonnen. Und das Gefühl, die Freude ist gross, gleich ob es in der A-Liga oder B-Liga ist.
Was ist anders in der NLB als in der NHL?
Es wird in der NLB sehr viel, sehr schnell Schlittschuh gelaufen, oft aber sinnlos und energieraubend. Die Spieler bewegen sich pausenlos, aber manchmal ist nicht sicher, wohin genau. Und dann kommt der Puck vielleicht oder vielleicht auch nicht. 
Was erwarten Sie von sich und der Mannschaft?
Ich kam um die Meisterschaft zu gewinnen und in die NLA aufzusteigen.
Der Aufstieg ist das Ziel?
Der ist jedes Jahr ein Ziel. Wir sind mit Ausnahme von Martigny das einzige Team in der Gegend. Wenn ich mich umhöre, auch bei den Fans, habe ich das Gefühl, dass die Region die NLA erreichen will. Dazu gehört auch die geplante Eishalle. Es ist ein Prozess. Aber mir scheint, die Leute hier würden lieber in der NLA sein.
Manche Spieler in der Schweiz haben bereits ihre Verträge verlängert. Arbeiten Sie auch schon an einem für nächste Saison?
Ich spreche während der Saison nicht gerne über Verträge. Aktuell habe ich einfach einen für diese Saison plus Option.
Wer nach Visp kommt, sieht Spektakel. In der Offensive sind Sie im zweitstärksten Team der Liga mit 44 Toren und hinten gleichzeitig das schwächste mit 40 Gegentoren. In Visp sieht man im Schnitt eher ein 4:4 als ein 2:2 …
… wir sind schlecht gestartet und wir kassierten viele Gegentore. Das ist jetzt aber Vergangenheit. Zuletzt haben wir uns verbessert.
Was ist jetzt anders?
Wir haben begonnen, als Team zu spielen. Vom Torhüter bis zum vordersten Mann. Wir skaten heute weniger sinnlos herum. Auch haben wir angefangen, die kleinen Sachen richtig zu machen. Wir sind eine Mannschaft geworden und nicht mehr Individuallisten.
Was ist mit Visp möglich?
Alles. In den Playoffs wird es noch einmal ganz anders werden. Wir wissen nicht, was kommt.
Was tun Sie neben dem Eis, in Ihrer Freizeit?
Ich lerne Gitarre spielen. Seit 1996 bin ich ausserdem Privat-Pilot, für die Familie. Ich fliege gern. Am liebsten mit einem Schweizer Flugzeug, mit einem Pilatus PC-12. Und ich freue mich schon darauf, dass Pilatus im Jahr 2017 erstmals in der Firmengeschichte einen Jet herausbringt. Wenn wir mal eine Weile kein Spiel haben, will ich die Firma Pilatus in Stans besuchen.
Sie könnten fragen, ob Sie zum Team gehören können, das den Pilatus-Jet testet …
… das würde mich in der Tat sehr interessieren. Ich mag die Fliegerei.
slapshot.ch: Alexei Kovalev, sie wechseln aus der NHL in die NLB, das ist wie eine Umstellung von einem Lamborghini auf einen Go-Kart.
Alexei Kovalev: Ich sehe das nicht so. Ich bin glücklich, dass ich immer noch Eishockey spielen kann. Und hier habe ich die Möglichkeit dazu. Das Level ist nicht dasselbe, aber ich liebe Hockey weiterhin. Hier könnte meine letzte Station sein, zurück nach Russland wollte ich nicht.