Und dann war auch das Baby positiv
Die Rapperswil-Jona Lakers mussten wegen mehrerer Covid-Fälle in Quarantäne. Goalie Melvin Nyffeler machte sehr unangenehme Erfahrungen.
«Sorry, ich bin gerade beschäftigt», sagt Flurin Randegger mit strenger Stimme. Eine kurze Pause in der Leitung. Dann lenkt der Lakers-Verteidiger lächelnd ein: «Nein, das war nur ein Scherz. Wir sind ja alle in der Quarantäne. Ich habe Zeit zum Reden.»
Mitte vergangener Woche wurde den Lakers Hausarrest verordnet, weil drei Spieler und zwei Staffmitglieder positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden waren. Goalie Melvin Nyffeler war einer von ihnen. Der 25-Jährige fühlte sich schon am Sonntagabend nicht mehr wohl und erschien am Montag bereits nicht mehr zum Training. Aber auch jene, die vom Virus verschont blieben, mussten in der Folge strikte zu Hause bleiben, das entschied der Kantonsarzt.
Immerhin: Dank des technischen Fortschritts ist Homeoffice nicht nur für Bürolisten, sondern auch für Profisportler einfacher geworden. «Unser Konditionstrainer schickte uns via App unser tägliches Programm», erzählt Randegger. «Es gibt so viele Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, für den Rumpf, Sprünge, Ausfallschritte, Crossfit-Variationen.» Eine gute Stunde schwitzten die Cracks jeweils vormittags zu Hause. Nur am Sonntag hatten sie frei.
Nyffeler hatte derweil ganz andere Strapazen. «Die ersten paar Tage machte ich praktisch nichts. Ich probierte einfach, dem Körper die nötige Erholung zu gönnen.» Wobei das gar nicht so einfach war. Denn nicht nur er war positiv getestet worden, sondern auch seine Frau und der erst fünfmonatige Sohn Leevi. «Es hiess immer, Babys könnten sich nicht anstecken», sagt Nyffeler. «Der positive Befund hat uns sehr überrascht. Und wir machten uns grosse Sorgen. Zumal man ja so vieles immer noch nicht weiss über das Virus.»
Kam dazu, dass der kleine Sohn während zweier Tage sehr hohes Fieber bekam und rund um die Uhr die Zuwendung der Eltern brauchte, die sich auch nicht gerade fit fühlten. «In den Nächten wechselten wir uns schichtenweise ab», erzählt Nyffeler. «In der ersten Nacht, als Leevis Fieber innert weniger Stunden stark anstieg, riefen wir aus Sorge beim Ärztetelefon an.» Sein Vater war auf Abruf, falls man den Kleinen zum Arzt oder ins Spital hätte bringen müssen. Nyffeler und seine Frau durften ja nicht aus der Wohnung.
«Zwei Nächte haben wir kaum geschlafen. Da merkst du, wie sehr ein Baby dich braucht.»
Melvin Nyffeler
«Zwei Nächte haben wir kaum geschlafen», erzählt der Zürcher. «In solchen Momenten merkst du, wie sehr ein Baby dich braucht. Wenn wir Leevi ablegten, begann er sofort zu weinen.» Mit Medikamenten und Hausmitteln wie Essigwickeln gelang es schliesslich, dessen Fieber zu senken. Inzwischen hat er keine Symptome mehr – eine grosse Erleichterung für die jungen Eltern, bei denen schon die Schwangerschaft und die Geburt geprägt waren vom Coronavirus.
«Meine Frau und ich hatten im Gegensatz zu Leevi einen milden Verlauf», erzählt Nyffeler. «Wir hatten beide kein Fieber, spürten es nur fünf, sechs Tage. Ich hatte etwas Halsweh, hustete und hatte Gliederschmerzen.» Als am markantesten empfand er den Geschmacksverlust: «Weniger im Gaumen als bei der Nase. Ich konnte Gewürze an die Nase halten und roch gar nichts. Das war schon seltsam.» Dass der kleine Leevi zeitweise den Schoppen nicht mehr wollte, führt Nyffeler ebenfalls auf eine Beeinträchtigung der Geschmacksnerven zurück. Inzwischen trinkt er wieder munter.
Nyffeler hat seit einigen Tagen zu Hause wieder mit leichten Übungen begonnen, etwa mit Stretching. Am Donnerstag endet die Quarantäne für das Gros des Teams, lädt Coach Jeff Tomlinson wieder zum Eistraining. Jene Spieler, die nachträglich positiv getestet wurden, stossen erst am Wochenende wieder dazu. Am Dienstag steht für die Lakers voraussichtlich das nächste Spiel an, in Lausanne.
«Dass es auch uns traf, ist keine grosse Überraschung. Das Virus ist einfach hier.»
Rajan Sataric
Für Rajan Sataric war es bereits die zweite Quarantäne zu Corona-Zeiten. Im Frühling war der Verteidiger noch beim EHC Biel, wo sich rund drei Viertel des Teams angesteckt hatten. Der 28-Jährige wurde damals negativ getestet. «Dass es auch uns bei den Lakers traf, ist keine grosse Überraschung», sagt er mit einer Spur Fatalismus. «Es waren ja schon diverse andere Teams betroffen gewesen. Das Virus ist einfach hier.»
Sataric war bei der Freundin in Bern, als bei den Lakers die Quarantäne ausgerufen wurde. Ein Glücksfall, habe es doch dort einen grossen Garten, wo er frische Luft schnappen konnte. Zudem konnten ihre Eltern, die im gleichen Haus wohnen, das Paar mit Lebensmitteln versorgen. Es gelte, das Beste aus der Situation zu machen, sagt Sataric. Er studiert nebenbei, um die Berufsmaturität zu erlangen, Fachrichtung Wirtschaft. «So hatte ich Zeit, etwas mehr zu lernen. Im nächsten Sommer stehen Prüfungen an.»
Zeit für Kochvideos
Auch Randegger bildete sich in dieser Zeit weiter. Er hat sich bei der US-Plattform «Masterclass» eingeschrieben. Für 190 Dollar im Jahr kann man aus diversen Video-Tutorials aus ganz unterschiedlichen Gebieten wählen. Auch aus dem Sport, wo einen Serena Williams Tennis lehrt oder Tony Hawk ins Skateboarden einführt. Randegger ist begeisterter Hobbykoch und lässt sich da inspirieren. Köche von Weltruf wie Yotam Ottolenghi oder Wolfgang Puck geben Tipps und kochen Gerichte vor.
Es sei aber schon okay, dass die Quarantäne nun langsam vorüber sei, sagt Randegger. Die ersten drei, vier Tage sei es noch okay, da könne man sich etwas ausruhen. «Aber dann wird es langsam mühsam, möchte man wieder nach draussen.» Ein grosser Schock für den Körper werde der Wiedereinstieg ins Eistraining nach einer Woche nicht sein. Aber natürlich wäre es besser, könnte man in dieser Zeit trainieren. Wie der HC Lugano, bei dem nach der Covid-Infektion von Alessio Bertaggia alle Spieler getestet wurden und jene, die negativ waren, weiter täglich aufs Eis durften.
Eine Wettbewerbsverzerrung
So gelang den Tessinern das Kunststück, am Tag nach Beendigung ihrer Quarantäne gegen den HC Davos einen 4:3-Overtime-Sieg einzufahren. Doch eben: Nicht alle Clubs haben dieses Privileg, es ist von Kanton zu Kanton verschieden – eine Art Wettbewerbsverzerrung. «Das müsste unbedingt einheitlich gehandhabt werden», fordert Nyffeler.
Fürs Erste ist der 25-Jährige froh, liegt die Corona-Erkrankung hinter ihm und seiner Familie, darf er in den Eishockeyalltag zurückkehren. Doch die nächste Quarantäne folgt bestimmt.