Der neue Hardturm wird 15 Millionen teurer, aber weniger sicher
Weil die Stadt alle Fan- und Anwohnerwünsche erfüllt, kostet das Stadion 150 statt 135 Millionen Franken.
Von Patrick Kühnis
Zürich – Für FCZ-Präsident Ancillo Canepa und GC-Chef Marcel Meier war es ein «Freudentag». Sportminister Gerold Lauber (CVP) nannte es eine «gute Nachricht für das fussballbegeisterte Zürich». Fanvertreter Raphael Bienz (IG GC) sprach von einer Lösung, die «aus unserer Sicht ideal ist». Und auch die Nachbarschaft ist weit versöhnlicher gestimmt als auch schon, wie Katharina Prelicz-Huber von der IG Hardturm kundtat: «So, wie es jetzt aussieht, sagen wir Ja zum neuen Stadion.»
Es herrschte reihum Zufriedenheit, als der Stadtrat gestern seine überarbeiteten Pläne für das Zürcher Fussballstadion vorstellte. Kein Wunder: Wie der TA schon am Dienstag publik gemacht hat, ist die Regierung grosszügig auf die Begehrlichkeiten von Klubs, Fans, Anwohnern und Parlament eingegangen, bevor er nun den Architekturwettbewerb für den 150-Millionen-Franken-Bau lanciert hat. Sprich: Der neue Hardturm ist kein «Stadiönli» mehr, sondern wird bis zu 19 000 Zuschauer fassen – 3000 mehr als bisher geplant.
Möglich wird das, weil es für den nationalen Liga- und Cup-Betrieb mit 6600 Stehplätzen ausgerüstet wird. Für internationale Begegnungen kann der Hardturm zu einer reinen Sitzplatz-Arena umfunktioniert werden, die Platz für 16 000 Besucher bietet. Die Stadt erfüllt auch den grössten Herzenswunsch der Fans: Der FC Zürich bekommt seine eigene Südkurve, die Grasshoppers ihre fixe Stehrampe im Norden. Beide Lager erhalten zudem eigene Stadionbars. Dahinter steht laut Lauber die Einsicht, dass «Zürich nur ein Stadion baut, das von den Fans auch akzeptiert wird».
Teurer Steg für die Gäste
Das Entgegenkommen hat allerdings seinen Preis: 15 Millionen mehr als ursprünglich geplant wird die neue Heimat der beiden Fussballklubs kosten. Vier Millionen allein budgetiert die Stadt für eine neue Passerelle, die bis zu 1700 Gästefans in einen abgesperrten Nordsektor führt, wenn der FCZ seine Heimspiele austrägt. Weitere 2 Millionen gehen für die flexible Steh- und Sitzplatzkonstruktion drauf. Auch das Bundesgericht hat den Bau verteuert, weil es die Lärmvorschriften für Sportstätten in Wohngebieten verschärft hat: Der neue Hardturm braucht nun eine bessere Fassadendämmung und breitere Dächer, damit die unmittelbare Nachbarschaft besser schlafen kann. Entsprechend höher fallen auch die gesamten Ausgaben für Planer und Architekten aus.
Um die Differenz auszugleichen, muss Finanzvorstand Martin Vollenwyder mehr Fremdkapital aufnehmen. Auf Druck des Parlaments wird zudem das offizielle Zürich selber 50 statt 20 Millionen in die Stadiongesellschaft einschiessen, um dort die Mehrheit zu haben. Das Land im Wert von 31 Millionen bleibt dafür im Finanzvermögen und wird verzinst. Ansonsten hat die Stadt den Kostenschlüssel beibehalten: Die Fifa beteiligt sich mit 20 Millionen, FCZ und GC steuern 5 Millionen bei und weitere 5 Millionen erhofft sich Vollenwyder von Dritten, obwohl die Volksaktie bisher floppte. «Ob es dann 3 oder 5 Millionen sind, ist egal. Hauptsache, es beteiligen sich auch Gönner und Fans.»
Weil sich das Stadion verteuert, steigen die Betriebskosten. Der Finanzvorsteher rechnet damit, dass bei der Stadt jährlich ein Defizit von 5 bis 7 Millionen hängen bleibt – 1 Million mehr als angenommen. Vollenwyder bucht diese Subventionierung des Spitzensports unter «Kulturförderung» ab. Der Businessplan gehe von durchschnittlich 10 000 Zuschauern aus, sagt der FDP-Stadtrat. «Ist das Stadion immer ausverkauft, wird der Fehlbetrag viel kleiner.» Steigt aber einer der Klubs ab oder schlittert in eine wirtschaftliche Misere, sieht es in der Buchhaltung düster aus. Die Stadt erwartet von den Klubs pro Jahr 2 Millionen Miete.
Entsprechend pochen FCZ und GC darauf, möglichst viel mit Gastronomie, Anlässen und Werbung zu verdienen, wenn das Stadion eröffnet ist. Die Stadt will dagegen auch den Ton angeben, weil sie am meisten zahlt. Es zeichnet sich bereits ein Gerangel um die Macht in der neuen Betriebsgesellschaft ab.
Stehplätze als Sicherheitsrisiko
Klar ist: Auf die beiden Klubs kommen auch höhere Polizeikosten zu, weil sie separate Fankurven bekommen. Im Letzigrund zahlen sie eine halbe Million pro Saison, im Hardturm werden es geschätzte 600 000 Franken für GC und bis zu 1,4 Millionen für den FCZ sein. Grund: Die Polizei muss ein Grossaufgebot einsetzen, um Gästefans über die lange Passerelle in den Nordsektor zu geleiten, wenn der FC Zürich spielt.
Polizeivorsteher Daniel Leupi (Grüne) gibt zu, dass es aus polizeilicher Sicht einfacher und sicherer gewesen wäre, GC- und FCZ-Fankurven beide im Norden anzusiedeln. «Jetzt steigt das Risiko von Auseinandersetzungen – und damit auch einer Vollsperrung der Pfingstweidstrasse.» Hooliganismus-Experte Dölf Brack, macht einen weiteren Schwachpunkt aus: «Stehplätze sind ein unnötiges Sicherheitsrisiko, weil man sie schlecht überwachen kann.»
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