Rivalität als Ansporn
Die ZSC Lions und die Kloten Flyers sind im Nachwuchsbereich schweizweit führend. Im Bestreben, besser als der andere zu sein, bauen die beiden Klubs ihre Talentschmieden stetig aus.
Von Kai Müller
Die Playoff-Finalisten der letzten Saison geben bei den Elite-A-Junioren erneut den Ton an: Die GCK Lions führen die Tabelle an, der Kantonsrivale aus Kloten ist auf Platz 3 abgerutscht, nachdem das Direktduell am Wochenende mit 3:2 an die Stadtzürcher ging. Gestern bauten diese den Vorsprung mit einem 6:4-Erfolg in Genf weiter aus. Dass die LionsOrganisation den amtierenden Meister und Leader stellt, widerspiegelt deren Vormachtstellung. Das Pyramidensystem ist finanziell zwar ein Minusgeschäft, bewährt sich aber, wie die Beispiele Patrick Geering, Reto Schäppi, Sven Ryser oder Lukas Flüeler zeigen – sie gehören mittlerweile zum Stamm der NLA-Mannschaft. «Wir profitieren von unserem riesigen Einzugsgebiet», sagt Hansjörg Egli, Sportchef der im Frühjahr gegründeten GCK/ZSC Lions Nachwuchs AG.
Dank der Zusammenarbeit mit GCK und Dübendorf ist der Stadtklub im Zürcher Oberland sowie am Zürichsee breit verankert und verfügt über 800 Nachwuchsspieler. Egli stellt aber klar: «Abwerben ist nicht unser Stil. Die Spieler kommen zu uns, weil sie wissen, was sie bei uns erwarten können.» Das sei der Lohn für die akribische Arbeit in den letzten 12 Jahren.
Ein wichtiger Baustein für den Erfolg ist die Kontinuität. «Die meisten Trainer sind schon sechs bis zehn Jahre dabei.» Bezeichnend ist, dass Egli selber in seiner 12. Saison im Dienst der Organisation steht. Der Erfolg beschränkt sich nicht nur auf das Aushängeschild, die Elite-A-Junioren, sondern zieht sich hin bis zu den jüngsten Alterskategorien und den Frauen. «Überall steht auf Platz 1 oder 2 ein Team mit dem Namen ZSC, GCK oder Dübendorf.»
Die gezielte Förderung setzt schon im Kindesalter an, etwa mit der Hockeyschule. «Fussball ist eine grosse Konkurrenz. Deshalb müssen wir aktiver sein bei der Erfassung von Talenten und Eltern überzeugen, dass ihre Kinder bei uns gut aufgehoben sind», sagt Egli. Nachlassen wäre fatal. «Wenn man zwei, drei Jahre nichts macht, entsteht ein riesiges Loch.» Zu Beginn hatten die Lions fünf bis sieben ambitionierte Spieler pro Jahrgang, das Ziel seien 15. Damit das Konzept aufgeht, ist diese Steigerung essenziell, denn: «Die Breite macht Druck auf die Spitze.»
Elite hat wieder Priorität
Bezüglich Quantität kann der Kantonsrivale Kloten noch nicht mit den Lions mithalten. Mit den Junioren der Partnerklubs Bülach und (seit dieser Saison) Dielsdorf kommen die Unterländer aber auch auf eine stattliche Anzahl: «Wir haben rund 550 Nachwuchsspieler. Und das ist erst der Anfang», sagt Gérard Bouvard, Nachwuchssportchef des Vereins EHC Kloten.
Er hat das Amt vor vier Jahren übernommen – also in der Zeit, in welcher der Erfolg der zuvor dominierenden Elite-AJunioren der Flyers abflachte. 2006/07 und ein Jahr später schieden sie jeweils im Playoff-Viertelfinal aus, 2008/09 schafften sie es nicht einmal unter die besten acht. Bouvard führt verschiedene Erklärungen für den jüngsten Aufschwung ins Feld. Angefangen bei Trainer Tomas Tamfal, der in seiner zweiten Saison amtet und dessen Vertrag kürzlich um drei Jahre verlängert wurde. «Er macht einen ausgezeichneten Job», lobt Bouvard. Als weiteren Grund erwähnt er, dass es «bessere und schlechtere Jahrgänge gibt». Zudem hätten viele gar nicht in der Elite, sondern bei Partnerklubs in der 1. Liga gespielt. Mittlerweile räumen die Flyers dem Elitebereich wieder grössere Bedeutung ein und stellen Talente nicht mehr in diesem Ausmass ab. «Ein Spieler reift in einem professionellen Umfeld besser», lautet die Erkenntnis.
Die Praktik, Junioren mit langfristigen Verträgen auszustatten und an sich zu binden, behalten die Flyers bei, auch wenn deshalb zuletzt hoffnungsvolle Spieler wie Andrea Cavegn oder Kristof Hentes absprangen – beide spielen mittlerweile bei den GCK Lions in der NLB. «Das ist wie bei einem Lehrling», erklärt Bouvard. «Er verpflichtet sich für ein paar Jahre, erhält dafür eine gute Ausbildung und hat Aussichten auf Einsätze in der ersten Mannschaft.» Wenn jemand wechseln wolle, um kurzfristig ein paar Franken mehr zu verdienen, müsse man das hinnehmen. «Es ist aber schon enttäuschend, wenn man so viel in jemanden investiert und ihn dann verliert.»
Mehr NLA-Spieler aus Kloten
Ungeachtet der Überläufer: Die Rivalität bewegt sich auf Juniorenstufe in einem gesunden Rahmen, zumal sich viele Spieler aus der Schule oder gemeinsamen Tagen bei den Nationalmannschaften kennen. «Die Konkurrenzsituation belebt das Geschäft», ist Bouvard überzeugt. Egli, für den der nächste Entwicklungsschritt ein eigenes Lions-Stadion wäre, sagt dazu: «Besser zu sein als Kloten, ist für uns ein Ansporn. Wir wollen unsere Position als Nummer 1 behalten.»
Interessanterweise stellen die Lions mit 26 aktuellen NLA-Spielern (Stand September), die der eigenen Nachwuchsabteilung entsprungen sind, nur den zweitgrössten Anteil – Kloten führt diese Rangliste mit 34 an.
Print-Tagi