Ein paar Auszüge von Uli Pickel / NZZ:
Das Out im Halbfinal gegen Genf/Servette ist aus Zürcher Sicht weder Katastrophe noch Ruhmesblatt. Aber der Klub tut gut daran, diese durchzogene Saison gründlich aufzuarbeiten. Sein Bekenntnis, ein Titelkandidat zu sein und alles für den Erfolg zu tun, muss er in Zukunft wieder stärker unterstreichen.
Mit dem Einzug in den Halbfinal haben die Zürcher immerhin ein Saisonziel erreicht. Es ist allerdings eher eine Minimalvorgabe. Das andere Ziel, eine Top-4-Platzierung nach der Qualifikation, haben sie knapp verpasst. Und den Cup-Final Ende Februar haben sie auch verloren – alles in allem eine ziemlich magere Ausbeute.
Die ZSC Lions sind vor allem deshalb im Halbfinal sang- und klanglos ausgeschieden, weil sie sich im Viertelfinal aufgerieben haben. Der Preis in Form von erschöpften und verletzten Spielern, den diese Serie gekostet hatte, musste im Halbfinal gegen Servette teuer bezahlt werden.
Die Verantwortlichen tun gut daran, den fehlenden Effort in der Garderobe wieder vermehrt ins Bewusstsein zu rücken. Gezielte Blutauffrischungen helfen, die auslaufenden Verträge von Roman Wick, Fredrik Pettersson und Ryan Lasch können hierfür genutzt werden. Die Kontrakte der Ausländer Garrett Roe, Marcus Krüger und Maxim Noreau laufen weiter. Hier besteht auch kein Handlungsbedarf.
Die ausgeprägt unsportliche Art und Weise, in der die Waadtländer auftraten, konnte nicht erwartet werden. Auch bleibt unverständlich, wieso es vier volle Spiele brauchte, bis die entsprechend verantwortlichen Instanzen der Liga endlich realisierten, was für ein unsägliches Treiben sich in diesem Duell abspielte. Dies ist die eine Seite. Die andere ist: Die hohe sportliche Qualität des Lausanne HC war lange bekannt. Die Zürcher haben sich diesen Gegner selber eingebrockt, mit besseren Leistungen in der Qualifikation wäre er leicht zu umgehen gewesen.
Die Verantwortung für die nur mässige Saison liegt auch bei der Klubführung. Die ZSC Lions haben sich dem Erfolg verschrieben mit dem Bekenntnis, für ihn zu tun, was immer nötig ist. Dieses Bekenntnis wurde auch schon konsequenter ausgelebt. Mit dem Amerikaner Ryan Lasch verpflichteten die Zürcher einen zusätzlichen Ausländer, er sprang primär für den Langzeitverletzten Fredrik Pettersson ein. Als sich weitere Lücken auftaten, griff der Klub bei den GCK Lions zu. So kamen der Finne Teemu Rautiainen und der Kanadier Ryan Hayes ins Hallenstadion. Unter anderen Umständen hätten die Zürcher nach weitaus grösseren Kalibern Ausschau gehalten. Aber aus Rücksicht auf politische Befindlichkeiten wurden sie nicht aktiv. In Pandemiezeiten mit staatlicher Unterstützung wollten sie nicht als rücksichtslose, unsolidarische Lohntreiber Angriffsfläche bieten. Das ist verständlich, zeugt aber auch von etwas wenig Selbstbewusstsein. Wer den Erfolg sucht, muss mit Neid und Missgunst rechnen und dies auch aushalten können, ob nun eine Pandemie herrscht oder nicht. Die politisch motivierte Zurückhaltung auf dem Transfermarkt hat auf jeden Fall sportliche Substanz gekostet.
Und schliesslich: Die ZSC Lions sind als KMU schon seit einer Weile ziemlich am Anschlag. Der Bau der 169-Millionen-Arena in Altstetten, in der ab Herbst 2022 gespielt werden wird, beansprucht intern sehr viele Ressourcen. So viele, dass der CEO Peter Zahner schon im Frühling 2019 nach dem Verpassen der Play-offs einräumen musste, der Klub müsse sich wieder stärker um den Sport kümmern. In diesem Jahr kam die Pandemie als weiteres Hindernis hinzu. Vor lauter Businessplänen, Bauetappen und Bundesgeldern ist das Kerngeschäft nun erneut nicht an erster Stelle gestanden. Das darf den ZSC Lions im Hinblick auf die nächste Saison nicht noch einmal passieren. Müsste man ihnen für die abgelaufene Spielzeit eine Zeugnisnote verteilen, hätten sie eine Vier verdient. Genügend. Mehr nicht.