«In Zürich darf man nicht mittelmässig sein»
CEO Peter Zahner äussert sich zum Stillstand der ZSC Lions, lobt Bob Hartley und verspricht Besserung.
Mit Peter Zahner sprach Simon Graf
Obschon die ZSC Lions in den letzten zwei Jahren kräftig investiert haben, treten sie an Ort. Wieso?
Weil wir uns im Umbruch befinden. Wir wussten, dass es eine gewisse Anpassungszeit braucht, wenn man einen Trainer direkt aus Nordamerika holt. John van Boxmeer hatte beim SCB anfangs auch Probleme, Doug Shedden ebenfalls. Der EVZ erreichte in seinem ersten Jahr erst in der letzten Runde das Playoff. Zudem haben wir viele eigene, junge Spieler eingebaut. Das muss wachsen. Aber mir ist schon bewusst: Wir haben keine Zeit. Die Punkte müssen kommen.
Junge wie Cunti oder Kenins sind die Besten. Ist nicht das Problem, dass die Arrivierten Mühe haben?
Es ist richtig, dass viele Routiniers Mühe haben. Und es stimmt auch, dass wir mehr von ihnen erwarten dürfen und sie mehr Verantwortung übernehmen müssen. Ich vermisse beim ganzen Team die nötige Zielstrebigkeit. Wir spielen zu oft in den Ecken. Wir müssen mehr Zug aufs Tor entwickeln, mehr den Abschluss suchen.
Ein kanadischer Trainer wie Bob Hartley sollte dies vermitteln können.
Ja, und das macht er auch.
Wäre Hartley noch tragbar, wenn die ZSC Lions ins Playout müssten?
Ich will keine Fragen zum Trainer beantworten. Wenn man das tut, wirft das neue Fragen auf. Diese Erfahrung machte ich bei Colin Muller. Ich stelle einfach fest: Es wird im Training wieder konsequent und zielstrebig gearbeitet. Nicht wie in den letzten beiden Jahren.
War dies auch schon unter Sean Simpson nicht mehr der Fall?
Ja, zuletzt auch unter Simpson nicht mehr. Man spulte einfach die Übungen ab. Jetzt wird sehr viel korrigiert. Wir haben Zusatztrainings am Nachmittag, es wird auch individuelle Videoanalyse gemacht. Ein Spieler sagte uns: Im Prinzip ist Hartley genau gleich wie Arno Del Curto: kompetent, knallhart, aber fair.
Kann Del Curto die Spieler auf der persönlichen Ebene nicht viel besser abholen?
Hartley hat immer eine offene Türe. Er würde sich um jeden kümmern wie ein Vater. Aber vielleicht ist der Respekt vor ihm als längjährigem NHL-Coach noch zu gross. Deshalb kann es bei einzelnen Spielern noch eine künstliche Distanz zu ihm geben. Aber er ist sehr kommunikativ und offen.
Es wurde auch schon von einem Machtkampf zwischen den Spielern und dem Trainer geschrieben.
Ich weiss nicht, wo das stand. Jedenfalls stimmt es nicht. Das wäre nur ein böses Gerücht.
Doch die Spielweise, die Hartley implementiert, funktioniert nicht. Es gibt überall Baustellen.
Das stimmt nur bedingt. Ich habe den Eindruck, wir haben zu grosse Angst vor Fehlern. Es fehlt die nötige Lockerheit, wir arbeiten Eishockey. Wir müssen den richtigen Mix finden zwischen Arbeit und Spass.
2008 musste Harry Kreis nach dem Titel gehen. Nun ist er mit Mannheim DEL-Leader. Trauern Sie ihm nach?
Kreis und Simpson gingen beide freiwillig. Es war nicht so, dass wir mit ihnen nicht hätten verlängern wollen. Aber zum Zeitpunkt, als Kreis bei Düsseldorf unterschreiben musste, waren wir mit dem ZSC noch nicht einmal fürs Playoff qualifiziert. Da konnten wir ihm noch keinen Vertrag geben. Uns waren damals die Hände gebunden. Und Simpson forderte bereits im Oktober einen Vierjahresvertrag, weil ihm der Verband einen solchen anbot. Darauf konnten wir nicht eingehen.
Seit Edgar Salis Sportchef ist, fehlt der Erfolg. Wie beurteilen Sie seine Arbeit?
Er macht einen guten Job. Aber der Sportchef wird wie der Trainer im Wesentlichen an den Resultaten gemessen. Wenn es da nicht stimmt, kommt Kritik auf.
Hat Salis nicht einen zu konservativen Ansatz? Er scheint fast nur ältere Spieler zu holen.
Man kann immer etwas kritisieren. Als wir Ambühl und Blindenbacher verpflichteten, wurde uns vorgeworfen, wir würden nur Arrivierte holen. Jetzt, bei Maurer, hörten wir: Wer ist Maurer? Dabei passt er mit seiner Grösse ideal in unsere sonst kleine Abwehr. Und ich will schon betonen: Seit drei Jahren integrieren wir Talente aus der eigenen Organisation vorbildlich in die erste Mannschaft. Spieler wie Geering, Cunti, Kenins, Schäppi oder Flüeler. Und die spielen auch, wenn wir keine Verletzte haben. Unsere Jugendförderung ist ein Aspekt, der gerne übersehen wird.
Wenn Hartley so gut arbeitet, muss es am Team liegen. Müsste dieses nicht umgebaut werden?
Das passiert laufend. Aber es wird kein Housecleaning geben. Das ist nicht nötig und auch nicht möglich. Die Jobs sind im Schweizer Eishockey fast alle vergeben. Es kamen und kommen jeweils nur wenige interessante Spieler auf den Markt. Man kann nur punktuell Änderungen anbringen. Und das tun wir. Im Vergleich zur letzten Saison ist das Herzblut da. Leider findet dies noch keinen Niederschlag in den Resultaten.
Was passiert zuerst: dass die ZSC Lions wieder Meister werden oder eine eigene Halle haben?
Die Halle ist für uns überlebenswichtig. Im Februar sollte der Architekturwettbewerb gestartet werden. Wir sind zeitlich noch auf Kurs, wollen 2017 einziehen. Hoffentlich werden wir vorher Meister. Aber momentan ist das ein völlig verfehlter Anspruch. Auch wenn ich mir bewusst bin: Wir sind dazu verdammt, erfolgreich zu sein. In Zürich darf man nicht mittelmässig sein. Wir müssen alles daran setzen, dass wir aus diesem Strudel rauskommen.