Der Fluch des Meisters
Der HC Davos ist im Viertelfinal gegen die ZSC Lions als hoher Favorit 0:2 in Rückstand geraten
VON SIMON GRAF
ZÜRICH Mit dem Playoff beginnt eine neue Saison, machen sich jene Hoffnung, die zuvor 6 Monate lang nicht so erfolgreich gespielt haben. Und die Erfolgreichen mahnen mit dem gleichen Satz, um keine böse Überraschung zu erleben. Der Viertelfinal zwischen Davos und den ZSC Lions ist das beste Beispiel dafür, dass dann, wenn der Titel ausgespielt wird, tatsächlich alles anders sein kann. Die Bündner schlugen die Zürcher in der Qualifikation 6-mal, sogar ein 0:3-Rückstand liess sie unbeeindruckt, sie schienen in allen Bereichen überlegen zu sein. Doch nach 2 Playoff-Spielen liegen sie in der Serie 0:2 zurück und müssen am Dienstag (SF2 20.15 Uhr) im Kurort verkürzen, um das Duell wieder spannend zu machen.
Einen Winter lang hatten sich die ZSC Lions schwer getan mit dem Toreschiessen, gestern nun brachten sie das mit über 10 000 Zuschauern gut besetzte Hallenstadion beim 6:1 zum Beben. Die Davoser, die so routiniert und stabil sind, wurden im Finish fast nach Belieben ausgespielt. Erfolgstrainer Del Curto schenkte der Szenerie auf dem Eis zu jenem Zeitpunkt nicht mehr seine grösste Aufmerksamkeit. Seine Gedanken dürften bereits darum gekreist haben, wie er, der grosse Motivator, sein Team zu einem Comeback im Viertelfinal inspirieren kann. Wer sich vor Augen führt, dass die Davoser 2009 im Maximum von 21 Playoff-Spielen Meister wurden und im Halbfinal gegen Fribourg ein 1:3 wettmachten, weiss, dass noch längst nicht das letzte Wort gesprochen ist.
Die Davoser vermissten im Hallenstadion ihren Antreiber und Lenker Reto von Arx, der am Donnerstag zwei Drittel lang mit einem gebrochenen Finger gespielt hatte – ohne schmerzstillende Spritzen. Am Freitag wurde er nun operiert, für einen Einsatz war es gestern noch zu früh. Doch es würde nicht überraschen, wenn der zähe Emmentaler in Spiel 3 wieder dabei wäre. Playoff ist, wenn man trotzdem spielt. Die Frage, ob die Davoser Verletzungen die ZSC-Führung begünstigt hätten, brachte den Zürcher Coach Bob Hartley in Rage. «Wir haben auch viele, die angeschlagen spielen. Das ist zu dieser Zeit normal. Aber darüber muss man nicht die ganze Zeit reden.» Offensichtlich ist, dass die Zürcher zum richtigen Zeitpunkt die richtige Mischung gefunden haben. Und sogar ihr Powerplay, in der Regular Season das schwächste der Liga, funktioniert endlich.
Das 6:1 allerdings spiegelte in Zürich nicht die Stärkeverhältnisse. Die Partie war zwei Drittel lang ausgeglichen, ehe das 3:1 des Kämpfers Bühler in der 43. Minute die Initialzündung zu einem finalen Sturmlauf war, der das Zürcher Publikum aus seinen Sitzen riss. Der Davoser Abwehrchef Forster, auf dem Eis ein Mann fürs Grobe, kommentierte den Rückstand im Viertelfinal ruhig: «Im Moment meint es der Herrgott nicht gut mit uns. Wenn wir am Dienstag nicht gewinnen, ist Matthäi am Letzten.» Die Davoser hätten so viel zusammen erlebt, dass bei ihnen jetzt sicher keine Panik ausbreche, meinte Ambühl, der in Zürcher Diensten erstmals eine Playoff-Serie gegen «seinen» Klub spielt.
Doch die jüngere Playoff-Geschichte zeigt auch, dass es der Meister im Jahr danach besonders schwer hat. Als Letzter schaffte der ZSC 2001 die Titelverteidigung, in den letzten 5 Jahren gewannen nur zwei Meister – Davos 2008 und Bern 2011 – überhaupt eine Playoff-Serie. Das spricht für die Ausgeglichenheit der Liga, die eigentlich nur ein Gesetz kennt: In ungeraden Jahren gewinnt der HCD. Wir schreiben 2012.
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