Der FC Zürich im Titelrennen
Warum auch Heliane Canepa bald schon Pfeife raucht
Die Frage lautet nicht mehr, ob der FCZ den Titel gewinnt, sondern wann. Wir blicken in die Kristallkugel und sagen, wann es so weit ist und was noch alles passiert.


Thomas Schifferle, Florian Raz
Publiziert heute um 16:30 Uhr

Haben bald noch mehr Grund für Jubel: Mannschaft und Fans des FC Zürich.
Foto: Michael Buholzer (Keystone)
26. Runde: Im Pfeifenladen
Heliane Canepa baut schon einmal vor. Still und heimlich kauft sie sich unter der Woche eine Pfeife für den Tag, wenn ihr FC Zürich Meister ist. Sie glaubt, das kann sie sich jetzt leisten. Immerhin ist der Vorsprung schon auf 15 Punkte angewachsen.
Gegen St. Gallen erleben 20’000 Zuschauer einen Abnützungskampf. 0:1, 2:1, 2:2 – so ist die Torfolge, als FCZ-Trainer André Breitenreiter wieder einmal seinen besten Joker bringt. Das Szenario ist langweilig. Gut ist es trotzdem für Zürich. Wilfried Gnonto gelingt in der 89. Minute das 3:2. Breitenreiter sagt: «Wir schauen nicht auf die Tabelle.»

Bald ein Wechsel der Raucherware? Heliane Canepa, Marinko Jurendic, Ancillo Canepa (v. r.).
Foto: Andy Müller (Freshfocus)
Immerhin 700 Menschen (100 davon aus Lausanne) erleben im Stade de la Tuilière Matteo Vanettas Einstand als Interimstrainer der Young Boys. Lausanne-Trainer Alain Casanova hat es mit einem 7-3-0 versucht, tadelt aber nach dem 0:2, seine Spieler hätten das System «zu offensiv interpretiert». Positiv aus YB-Sicht: Nur drei Spieler müssen angeschlagen ausgewechselt werden.
Nachdem der FC Basel die Kantonalbank als Sponsor verloren hat, weil die sich auf die «Senkung von Klimarisiken» konzentriert, hat Verwaltungsrat Dani Büchi eine Idee. Der FCB reist von seinem Spiel in Marseille direkt mit dem Velo nach Genf. Die «Basler Zeitung» unkt: «Ob das dem internen Klima zuträglich ist?» Der FCB erreicht Genf rechtzeitig, wechselt dreimal das System und spielt 1:1.
Der FCZ hat weiterhin 15 Punkte Vorsprung.
27. Runde: Ceesay wird immer teurer

Auf direktem Weg zur Lohnerhöhung: Assan Ceesay.
Foto: Peter Klaunzer (Keystone)
Ach, Bern, muss das sein!? Die letzten zehn Spiele hat der FCZ hier verloren, fünfmal 0:4. «Wir schauen nur auf uns», sagte Breitenreiter vorher. Vielleicht wäre es manchmal auch ratsam, auf den Gegner zu schauen, zum Beispiel bei Cornern. Weil es seine Spieler nicht machen, geraten sie in Rückstand. Assan Ceesay gelingt danach der Ausgleich – und liefert damit ein weiteres Argument, wieso er künftig mehr als 200’000 Franken pro Saison verdienen will.
Nach einem bösen Instagram-Post von Granit Xhaka («Züri hat zu wenig Velowege! Und so sollen wir Ex-Spieler zurückbekommen? Nie!!!») fahren die Basler statt mit dem Fahrrad mit den Fans im Extrazug zu den Grasshoppers. Guillermo Abascal lässt vier verschiedene Systeme spielen, was GC aber nicht merkt, weil es mit sich selber beschäftigt ist. Basel gewinnt 3:1.
Der FCZ führt immer noch mit 15 Punkten.
28. Runde: Fast wie Ronaldo

Sie müssen draussen bleiben: Fans aus der gesperrten Südkurve feuern den FCZ vor dem Letzigrund an.
Foto: Andy Müller (Freshfocus)
Derby in Zürich. Und in der Südkurve klafft eine grosse, graue Lücke. Sie ist geschlossen wegen der Pyro-Attacke von FCZ-«Idioten» im Derby vom vergangenen Oktober. Idioten ist entlehnt von Canepa, der gesagt hat, das sei noch nett formuliert.
Ceesay legt einen Slalom hin und erzielt das Siegtor. «Wie einst Yassine Chikhaoui», schwärmt Canepa. Chikhaoui war sein Lieblingsspieler. Ihn stellt er heute fast auf die Stufe von Messi und Ronaldo, wenigstens nur fast.
Vor dem Spiel gegen YB zeigt die «bz Basel» das Computerprogramm, mit dem Abascal die Spielsysteme berechnet: «Was mit der Nullhypothese beginnt, führt zu indirekter Proportionalität, Vierfeldertafel und Asymptoten. Fussball bleibt ein einfaches Spiel.» Die «Berner Zeitung» bringt eine Liste mit «3 Verletzungen, die YB in dieser Saison noch nicht erlitten hat». Die Teams trennen sich 1:1. Die BZ passt die Liste an: «2 Verletzungen, die YB in dieser Saison noch nicht erlitten hat.»
Der FCZ führt wieder mit 17 Punkten.
29. Runde: Die Schnauze voll!

Zu stark für den FCZ: Miroslav Stevanovic (l.) im Zweikampf mit Becir Omeragic.
Foto: Pascal Müller (Freshfocus)
Der FCZ muss nach Genf, noch so ein mühsamer Ausflug, weil es in Genf den schlechtesten Rasen der Liga gibt. Breitenreiter erzählt lieber von den Trainingsbedingungen während seiner Paderborner Tage: «Ich fühlte mich wie bei einem Dorfverein. Kinder liefen auf den Platz, Fahrräder fuhren herum, Hunde pinkelten in die Ecke. Ich hatte die Schnauze voll!»
Im Stade de Genève gibt es all das nicht, dafür elf überlegene Genfer. Miroslav Stevanovic bereitet das 1:0 und 2:0 für Servette vor, und weil es ihm gerade läuft, auch noch das 3:0. Breitenreiter grantelt: «Wer hat von Titel geredet? Nur die Medien.»
Lausanne fragt bei der Liga, ob es den Young Boys die drei Punkte auch per Post schicken könne, muss aber doch zum 0:3 nach Bern reisen.
Der FCB verliert nach jeweils zwei Toren von Jordi Quintilla (Ex-FCB) und Julian von Moos (Ex-FCB) in St. Gallen 0:4. Im Ostschweizer Powerfussball ist nicht auszumachen, ob Basel ein System hat. Und wenn ja: wie viele? FCB-Boss David Degen googelt, ob St. Gallens Trainer Peter Zeidler schon mal im Red-Bull-Imperium gearbeitet hat.
Der FCZ hat noch 14 Punkte Reserve.
30. Runde: Der Rücken des YB-Goalies
Gegen YB tritt der FCZ mit handbemalten Baumwollshirts an. Alle FCZ-Heimtrikots sind schon wieder ausverkauft. Im Spiel sind die Berner überlegen. Bis in der 85. Minute Gnonto das Feld betritt. Acht Minuten später trifft er via Pfosten und dem Rücken von YB-Goalie David von Ballmoos zum 1:0-Sieg.
Christian Constantin nimmt David Degen und Dani Büchi in seinem Privatjet ins Wallis. «Weil er sowieso geflogen ist, ist das total C0₂-neutral», erklärt Degen auf Blue. Im Tourbillon ist die Luft allerdings raus. Basel gewinnt 1:0.
Dem FCZ fehlt bei 17 Punkten Vorsprung ein Sieg zum Titel.
31. Runde: Chilla kommt zurück

Chilla und der Letzigrund – eine Liebesgeschichte.
Foto: Ennio Leanza (Keystone)
Die Canepas haben Kookie und Chilla nicht mehr ins Stadion mitgenommen, seit Chilla ausgebüxt ist und während des Spiels den Rasen inspiziert hat. Sion war damals der Gegner. Sion ist es heute wieder. Kookie und Chilla dürfen zurück in den Letzi, sie sollen Glück bringen. Ancillo hat sich in diesem Punkt gegen Heliane durchgesetzt.
Die Walliser sind ein dankbarer Gast, der FCZ gewinnt 4:0, Kookie und Chilla dürfen sich mit den Spielern auf dem Platz austoben, der Fanshop wird überrannt, weil alle Hundehalsbänder mit dem FCZ-Logo wollen. In der Loge löst Heliane Canepa nach gewonnener Meisterschaft ihr Versprechen ein: Erstmals in ihrem Leben raucht sie Pfeife.
Fünf Runden vor Schluss ist der FCZ 17 Punkte voraus. Er kann nicht mehr eingeholt werden, an diesem Samstagabend, 23. April, ist er Schweizer Meister. Da interessiert keinen mehr, was Basel und YB an diesem Spieltag gemacht haben.
Breitenreiter sagt: «Das nächste Spiel ist immer das schwierigste.» Und lacht schallend.