- Offizieller Beitrag
Irgendwann mal sagte Dölf sichtlich gereizt, wir sollen einmal ruhig sein und nicht alles runtermachen, als Mark und ich zusammen mit ihm den Schweiz-Italien Match gestern am Fernsehen schauten und lautstark kommentierten.
Aber sorry, es war ja auch wirklich (fast) alles miserabel! Zumindest zu Beginn. Bei einem Antritt der flinken Italos hatten unsere Verteidiger grad sofort einen bis anderthalb Meter Rückstand. Stets rannten unsere Abwehrleute hinten drein. Wäre nicht Benaglio in bestechender Form gewesen, die Tore wären in der Mehrzahl gefallen.
In der erste halben Stunde sahen wir ferner noch ein sich bemühendes Schweizer Mittelfeld, das zu behäbig schien, Bälle gegen die ein konsequentes Pressing applizierenden Italos anzunehmen, zu verteidigen oder fehlpasslos weiter zu leiten. Fehlpass reihte sich an Fehlpass. Kombinationsstaffeten über mehr als zwei Stationen waren die Ausnahmen.
Vorne gab sich und hatte Frei Mühe. N’Kufo kämpfte unglücklich. Aber keiner konnte einen Ball so kontrollieren, dass daraus etwas positives hätte entstehen können.
Barnetta machte eigentlich erst bei einem Hinterhaltsschuss nach gut einer halben Stunde aus halblinker Position ans Lattendreieck zum ersten Mal positiv auf sich aufmerksam. Das war die erste und einzige Torszene, die bis zu jenem Zeitpunkt zu einem Treffer für die Schweiz hätte führen können. Wenn der Ball 20 cm tiefer daherfliegt, findet er genau Platz, um wuchtig im Lattenkreuz zum Tor des Jahres einzuschlagen. Aber das hätte ja dem Gezeigten gespottet. Die Italiener fanden mit ihren Steilpässen immer und immer wieder ihre in Position sprintenden Mitspieler. Die Schweiz als Mannschaft wirkte hölzern, statisch, stumpf und unpräzise. Benaglio hielt sein Tor mit verschiedenen glänzenden Interventionen, gutem Stellungsspiel und der nötigen Portion Wettkampfglück rein. Es war schon bald einmal klar, dass er an diesem Abend der mit Abstand beste Eidgenosse werden würde.
Gegen Ende der ersten Halbzeit wurden nun auch die Roten etwas selbstbewusster und kamen hier und da zumindest vors gegnerische Tor, allerdings ohne einmal Gefahr vor Buffon heraufzubeschwören.
Hitzfeld wechselte nach der Pause nicht, obwohl eigentlich Senderos und Frei aufgrund ihrer Leistungen heruntergenommen gehörten.
Die Italiener traten nun nicht mehr so spritzig und dominant auf. Kunststück, sie beginnen ja ihre Meisterschaft auch erst in zwei Wochen. Jetzt waren endlich auch wir im Spiel. Padalino rackerte und rannte viel. Gelson Fernandes fehlte es an Einsatz ebenso wenig. Barnetta scheint sich in diesem Team weit weniger wohl zu fühlen, als bei Leverkusen. Er war es, der eine Art Grosschance – eine flache Hereingabe von rechts - alleine im Strafraum vor dem Tor nicht nutzen konnte. Die Schrittfolge hätte nicht gestimmt. Na ja, ganz einfach war eine Chancenverwertung dieses Balles wohl wirklich nicht. Aber ein abgebrühter Knipser macht so etwas ohne Wimpernzucken einfach rein. Ein Frei in der Form seiner besten Tage vielleicht.
Das nun etwas mühsam zu verfolgende Spiel plätscherte mehr oder weniger ereignislos vor sich hin, ohne dass interessante Strafraumszenen das Publikum hätte begeistern können. Typischerweise feierte sich dieses mit der „Welle“ minutenlang selber und hatte dadurch doch noch etwas positive Stimmung für ihr Eintrittsgeld.
In den letzten 5 Minuten schien die Gefahr gross, dass die Azzurri den budgetierten Auswärtserfolg dennoch würden einfahren können. Doch brachten schliesslich die wacker bis zum Schluss kämpfenden Eidgenossen die 0:0 Ehrenmeldung über die Distanz.
Oh ja, fast vergessen: Hinter dem untadeligen Benaglio war Harald Yakin in seiner gut 20 Minuten Einsatzzeit in Hälfte 2 der mit Abstand beste Feldspieler. Seine Vista für’s Spiel und seine genialen Pässe, seine Ballbehandlung waren – fast kann man das so sagen – das beste, was wir auf dem Feld von der Schweizer Mannschaft geboten bekamen. Derdiyok wurde erst knapp 10 Minuten vor Ende eingewechselt. Doch war beinahe er es, der auf halbrechts ideal frei gespielt wurde und Ball am Fuss bis zum 16er durchlaufen konnte, von dort allerdings mit seinem gut gezielten Schuss am gut reagierenden Buffon scheiterte. Der italienische Stargoalie liess allerdings den Schuss abprallen, doch war niemand der Unseren mitgelaufen, um eventuell erben zu können.
Italien enttäuschte nicht. Es spielte einen soliden, recht guten Match gegen ein zu Beginn fürchterlich im Schilf stehendes Schweizer Team. Gegen einen Sieg hätte wohl auch auf Schweizer Seite niemand etwas einwenden können. Aufgrund des Eindrucks von Halbzeit zwei geht aber auch ein Unentschieden in Ordnung.
Fazit: Das Resultat war für die Schweiz wohl noch das beste an diesem Fussballabend. Und die Sicherheit, wieder einen Klassetorhüter zwischen den Pfosten zu wissen.
Einzelkritik? Benaglio mit Ausnahme gewisser Abwürfe makellos; Yakin (ab 70. Minute) klar bester Schweizer Feldspieler; Padalino gefiel mir aufgrund seiner unermüdlichen Rushes sonst noch am besten, wenngleich auch er zu Beginn des Spiels zu viele Fehlpässe „auf dem Gewissen“ hatte; N’Kufo war ok, ohne etwas bewegen zu können; Senderos war wohl der mit Abstand schwächste auf dem Platz. Er war ausser Form und physisch für dieses Spiel nicht bereit. Wenn die Everton Leute dieses Spiel in die Wertung nehmen, Senderos zu engagieren oder nicht, dann wird er sich wohl nicht dem Team der Toffees anschliessen können. Überhaupt war die Abwehr in defensiver Hinsicht viele Male wie „nicht präsent“. Mängel, die gegen die Griechen unbedingt ausgemerzt gehören. Und diese Kritik gilt für alle, für Philippe Degen, Magnin, Grichting und eben Senderos. Über das Mittelfeld war schon die Rede. Inler war ebenfalls eifrig, stach aber ebenfalls nie heraus. Frei und N’Kufo wurden erwähnt. Bleiben die eingewechselten Streller (null geglückte Aktionen in 20 Minuten), Vonlanthen (1 Sololauf ins Verderben – sprich er verdribbelt sich an einer Übermacht Italiener – was auch seine einzige nennenswerte Aktion war), Derdiyok wäre aufgrund seiner guten Leistungen in Deutschland eine gesamte zweite Halbzeit zu gönnen gewesen. Er ist momentan in Form und deutete dies bei seiner Chance auch an. Lustenberger schliesslich, der zum ersten Mal 20 Wettkampfminuten erhielt fügte sich so in die Mannschaft ein, dass er weder auf-, noch abfiel.
Hoffen wir nun auf einen Sieg gegen Hellas. Mit wem auch immer. Wie auch immer.