Etwas kritischer ...
Täter im Profifussball: Der Fall Mendy
13. Februar 2025 Kultur & Sport
Am 11. Februar 2025 präsentiert der FC Zürich einen Transfer-Coup. Der ehemalige Weltmeister von 2018, Benjamin Mendy, wechselt vom mittlerweile zweitklassigen FC Lorient zum FC Zürich. Ohne zu viele Vorschusslorbeeren zu verteilen, dürfte dies einer der spielerisch besten Zugänge der letzten Jahre für den FC Zürich sein. Trotzdem sorgt der Transfer bei vielen für Bauchschmerzen. In den letzten Jahren war Mendy häufiger in Gerichtssälen und Untersuchungshaftanstalten anzutreffen als auf Fussballfeldern. Hintergrund sind schwere Vergewaltigungsvorwürfe.
von Charles-Mathieu Sérou (BFS Zürich)
Benjamin Mendy begann seine Fussballkarriere in Frankreich. Als linker Aussenverteidiger wechselte er von Marseille über Monaco zu Manchester City. Im Juni 2017 zahlte City damals 57,5 Millionen Euro für ihn, was einen neuen Rekord für einen Aussenverteidiger darstellte. Der aktuelle Rekord wird von Achraf Hakimi mit 68 Millionen Euro für seinen Wechsel zu PSG gehalten.
Mendys grösster Erfolg war sicherlich der Gewinn der Weltmeisterschaft 2018 mit Frankreich, obwohl er dort kaum eine Rolle spielte. Seine Karriere wurde auch von vielen Verletzungen überschattet. Rein fussballtechnisch könnte man sagen, dass City in diesem Fall Geld aus dem Fenster geworfen hat und von dem Talent nicht profitieren konnte.
Mendy und sein sexitisches Verhältnis zu Frauen
Im August 2021 wurde Benjamin Mendy von der Cheshire Constabulary in vier Fällen von Vergewaltigung und einem Fall von sexueller Nötigung angeklagt und verhaftet. Die Vorwürfe betrafen mutmassliche Straftaten gegen drei Frauen über 16 Jahren, die sich zwischen Oktober 2020 und August 2021 ereignet haben sollen. Es folgte sogleich die Suspendierung von Manchester City. Im Januar 2022 konnte sich Mendy durch Kaution freikaufen. Seine Anwaltskosten brachten ihn jedoch in finanzielle Schieflage, sodass er Geld von ehemaligen Mitspielern leihen musste.
Bei Prozessbeginn im August 2022 ging es schliesslich um sieben Vergewaltigungen, eine versuchte Vergewaltigung und einen Fall sexueller Nötigung. Als Mendy im Gericht zum ersten Mal sein Schweigen brach, erklärte er, dass es ihm mit 18 Jahren sehr schwer gefallen sei, mit Frauen in Kontakt zu treten. Nachdem er Profi wurde, gab er an, es sei ihm viel leichter gefallen, mit Frauen in Kontakt zu kommen. Nach seinem Wechsel sei die Zahl der Kontakte um das Zehnfache gestiegen. Er habe den Frauen von Anfang an klargemacht, an was er interessiert war, und nie daran gedacht, sie enttäuschen zu können.
Mendy streitet alle Vorwürfe ab und sucht Ausreden für sein Verhalten. Er erzählte weiter, dass er durch seine vielen Verletzungen sehr traurig war. Deshalb hat er mehrmals pro Woche gefeiert und danach in seiner Villa Afterpartys veranstaltet. Er habe es genossen, mit vielen Frauen Sex zu haben, oftmals sogar mit mehreren an einem Abend. Er habe auch keine Verhütungsmittel benutzt, obwohl ihm die Risiken bewusst waren. Er betonte, dass er immer aufgehört habe, wenn eine Frau „Nein“ gesagt habe.
Der Freispruch und das grosse Aber
Im Laufe des Jahres 2023 wurde Mendy von mehreren Anklagepunkten freigesprochen. Die Jury begründete dies damit, dass die Beweislage für eine Verurteilung nicht ausreiche. Das Gerichtsurteil besagt nicht, dass Mendy zweifelsfrei unschuldig ist. Es gab zahlreiche Zeugenaussagen, die jedoch nicht ausreichten, um ihn ohne Zweifel schuldig zu sprechen. Insgesamt erhoben 13 verschiedene Frauen zwischen Oktober 2018 und August 2021 Misshandlungs-Vorwürfe gegen ihn.
Das Gerichtsurteil besagt nicht, dass Mendy zweifelsfrei unschuldig ist.
Was man Mendy jedoch sicher vorwerfen kann, ist seine misogyne Haltung. Seine Aussagen vor Gericht zeugen deutlich von einer Abwertung von Frauen als Objekte. Die Frustration mit Sex abzubauen und das Ausüben von Macht über Frauen sind eindeutig problematisch. Durch seine Aussagen bestätigte er, dass er seine Position als Profifussballer gezielt ausnutzte, um mit Frauen in Kontakt zu treten. Es ist nicht bekannt, wie viel Geld er für seine Anwälte ausgegeben hat, doch wie bereits erwähnt, geriet er in finanzielle Schwierigkeiten und musste Geld leihen. Bei einem Jahresgehalt von 4,68 Millionen Euro bei City ist das beachtlich und auch bedenklich. Es deutet wieder mal darauf hin, dass viel Geld zu besitzen mehr Gewicht hat als ob jemand tatsächlich schuldig oder unschuldig ist.
Mendy ist kein Einzelfall
Profifussballer stehen immer wieder im Fokus von Sexualstrafverfahren, doch viele von ihnen werden freigesprochen oder entgehen Verurteilungen durch Schweigegeld-Zahlungen und Einflussnahme. Fälle wie die von Cristiano Ronaldo, Robinho, Santi Mina oder Jérôme Boateng zeigen ein Muster: Während Frauen von Gewalt und Missbrauch berichten, schützt ein System aus Beratern, Funktionären und Anwälten die Spieler und wahrt deren Image. Eine Recherche von Correctiv und der Süddeutschen Zeitung deckte 2022 auf, wie Spieler ihre Ex-Partnerinnen zum Schweigen bringen und Vorwürfe vertuschen. Dabei geht es nicht nur um individuelle Schuld, sondern um ein Milliarden-Business, das den Ruf der Profis um jeden Preis schützt.
Der holländischer Fussballprofi Memphis Depay kritisierte öffentlich den Umgang mit Mendy und forderte Unterstützung für ihn, während zahlreiche Profis, darunter Antonio Rüdiger, Kevin Trapp und Jack Grealish, seine Worte bekräftigten. Die breite Unterstützung für ihn zeigt, wie sehr Profifussballer in einer abgeschotteten, männerdominierten Blase leben, in der Machtmissbrauch oft ignoriert wird.. Während Frauen systematisch benachteiligt werden, schützen finanzielle und strukturelle Interessen die Spieler. Trotz der Vorwürfe führt Mendy seine Karriere fort.
Der FC Zürich handelt verantwortungslos
Der FC Zürich kommuniziert den Transfer von Benjamin Mendy ohne ein Wort über die Vorwürfe zu verlieren. Präsident Canepa erklärte: „Wir sind natürlich sehr erfreut und auch ein wenig stolz, dass wir einen derart hochkarätigen Spieler verpflichten konnten. „Er wird vor allem auch für unsere jungen Spieler eine wichtige Stütze sein.“ Kritik liess nicht lange auf sich warten, doch der FCZ reagierte, indem er kritische Kommentare auf Instagram löschte – das Thema wird totgeschwiegen.
Canepa verteidigte den Transfer weiter mit den Worten: „Es gab und gibt für uns keinen Anlass, an der Korrektheit der juristischen Aufarbeitung zu zweifeln. Bekannte Fussballer würden oft auch ohne Fehlverhalten von Frauen eingeklagt, die sie erpressen wollten. Dafür gäbe es leider einige Beispiele.“ Diese Aussage ist ein klassisches Beispiel für Täter-Opfer-Umkehr – eine gefährliche Rhetorik, die Frauen, die über Gewalt sprechen, pauschal als potenzielle Lügnerinnen darstellt und strukturelle Probleme ignoriert.
Der FC Zürich hatte zuvor nach einem rassistischen Vorfall in Basel betont: „Im Fussball hat es keinen Platz für Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung. Seit jeher setzt sich der FCZ für Diversität ein und heisst alle Leute, unabhängig von ihrer Herkunft und Religion, herzlich willkommen.“ Doch das diskriminierende Verhalten des neuen Spielers gegenüber Frauen wird nicht hinterfragt.
Es gibt keine Hinweise darauf, dass Mendy sein toxisches Verhalten reflektiert oder ändern will. Doch er bekommt über den FC Zürich die Chance, seine Karriere fortzusetzen und sich international neu zu empfehlen. Soll ein mutmasslicher Sexualstraftäter diese Möglichkeit erhalten? Der FCZ darf Mendy nicht die Chance geben.