Augeninfarkt wegen Corona-Impfung? In Deutschland beginnen die ersten Prozesse gegen Impfstoffhersteller
In Rottweil beginnt der bundesweit erste Prozess gegen Biontech, in Bamberg wird gegen AstraZeneca geklagt. Die Kläger fordern Schadensersatz wegen möglicher Impfschäden. Die Hersteller halten die Vorwürfe für unbegründet.
Kevin Weber03.07.2023, 14.24 Uhr
Gegen die Impfstoffhersteller Biontech und AstraZeneca wird vor Gericht geklagt.
Athit Perawongmetha / Reuters
Fast schon geräuschlos erklärte Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Corona-Pandemie im April offiziell für beendet. Aus dem allgemeinen Bewusstsein hatte sich die Pandemie da schon länger verflüchtigt. Viel mehr beschäftigt die Pandemie gegenwärtig die Justiz.
Am Montagnachmittag haben zwei Zivilprozesse gegen Hersteller von Corona-Impfstoffen begonnen. Das Landgericht Rottweil sowie das Oberlandgericht Bamberg verhandeln die bundesweit ersten Klagen gegen Impfstoffhersteller. Vor Gericht stehen die Unternehmen Biontech aus Mainz und der internationale Pharmakonzern AstraZeneca. Es sind 2 von insgesamt 209 Schadenersatzklagen, die laut Medienberichten gegen Hersteller von Corona-Impfstoffen bei Gerichten in Deutschland eingereicht worden sind.
Sehkraft verschlechterte sich nach Impfung
Im Fall vor dem Landgericht Rottweil wirft ein 58-jähriger Kläger Biontech vor, wegen der Corona-Impfung unter einer massiven Verschlechterung der Sehkraft auf dem rechten Auge zu leiden. Nach der zweiten Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty habe er wochenlang mit Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen zu kämpfen gehabt, sagte der Kläger gegenüber der «Bild». Einen Monat nach der Impfung sei am Uniklinikum Tübingen ein Augeninfarkt diagnostiziert worden.
Biontech hält den Vorwurf des Klägers für unbegründet. Man habe die dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf der Grundlage aller zur Verfügung gestellten Informationen sorgfältig geprüft, sagte eine Sprecherin laut Medienberichten.
150 000 Euro Schadensersatz
Gemeinsam mit seinem Rechtsanwalt verlangt der 58-jährige Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 150 000 Euro. Zudem soll festgestellt werden, ob Biontech zum Ersatz von materiellen Schäden verpflichtet werden kann, wie es aus der Pressemitteilung des Landgerichts Rottweil heisst.
Biontech hätte sich bereits Mitte Juni vor dem Landgericht Hamburg einer ersten Klage stellen müssen. Damals wurde der Prozess noch vor Beginn abgesetzt. Der Anwalt der Klägerin hatte einen Befangenheitsantrag gegen den Richter eingereicht. Damit strebt die Klägerseite laut eigenen Angaben und laut Gericht eine Verhandlung vor vollbesetzter Kammer an statt wie zunächst vorgesehen vor einem Einzelrichter. Eine entsprechende Entscheidung steht noch aus.
In Rottweil befasst sich laut Gerichtssprecher eine dreiköpfige Kammer mit dem Fall. Das Gericht muss vor allem die Frage klären, ob die vom Kläger geltend gemachten Schäden mehr sind als die bereits bekannten Nebenwirkungen einer Corona-Impfung. Wenn dem so ist und die Leiden auf die Vakzine zurückzuführen sind, gelten sie als Impfschäden. Das war beispielsweise im Frühling 2021 der Fall, als bei Patienten nach einer Immunisierung mit dem AstraZeneca-Impfstoff Hirnvenenthrombosen auftraten.
Klage gegen AstraZeneca abgewiesen
Während die Verhandlung in Rottweil die erste gegen den Hersteller Biontech ist, gab es gegen den Pharmakonzern AstraZeneca bereits Prozesse.
In Bayern beispielsweise verklagte eine 32-Jährige den Konzern auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Klägerin führte eine Darmvenenthrombose auf eine Impfung mit Vaxzevria, dem Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca, zurück. Der Frau mussten drei Meter Darm entfernt werden. Bis heute leide sie an Schlafstörungen und Depressionen.
Sie forderte von AstraZeneca mindestens 250 000 Euro Schmerzensgeld sowie 17 200 Euro für einen Verdienstausfall und bis zu 600 000 Euro für künftige Beeinträchtigungen. Der Anwalt der Frau forderte zudem, den Hersteller zur Auskunft über alle Nebenwirkungen und negativen Folgen einer Impfung mit seinem Corona-Impfstoff zu verpflichten.
Klägerin legte Berufung ein
AstraZeneca lehnte eine entsprechende Verantwortung ab. «Arzneimittelbehörden auf der ganzen Welt haben bestätigt, dass die Vorteile einer Impfung mit unserem Covid-19-Impfstoff die Risiken der extrem seltenen potenziellen Nebenwirkungen überwiegen», teilte eine Sprecherin vor der Verhandlung mit.
Auch das Landgericht Hof sah keine Schuld beim Hersteller. Es hatte die Klage der Frau im Januar abgewiesen. Das Gericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass weder ein Produktefehler noch ein Informationsfehler im Zusammenhang mit dem Impfstoff habe festgestellt werden können. Die Klägerin legte Berufung ein, weshalb der Fall nun vor dem Oberlandgericht in Bamberg landete. Die Anwälte von AstraZeneca haben am Montag einen Vergleich mit der Klägerin ausgeschlossen. Ein Urteil will das Gericht am 14. August verkünden.
Mit einer Entscheidung ist am Montag auch in Rottweil nicht zu rechnen. Laut einem Sprecher am Landgericht wird lediglich der Sach- und Streitstand erörtert, das weitere Vorgehen bestimmt und ein Verkündungstermin festgelegt.