Beiträge von snowcat

    Hey, Du! Wo isch da de Reschpäkt???

    Hey; Rekordmeischter; im Fall!!!

    Reschpäckt bitte!!!


    (So ungefähr :smile: )

    so genau:

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    Au wenn's de Cabanas isch und mer für so öppis nöd nachträglich no Strafe vordere muess:

    Ganz Unrächt hät er nöd. Entweder mer isch en guete Verlürer UND Gwünner - oder ebe nöd, gäll Mr. Gnonto.

    Und eifach so als 18-jährig echli i de Social Media echli uf anderi, schwächeri umetrample - Klasse Mr. Gnoto!

    Gilt für en Fuessballer genauso wie für en Schüeler: Schwach.........

    es geht darum, dass der fcz willy intern schon bestraft hat. da muss jetzt nicht noch dieser vollpfosten aus wuhan kommen und seinen senf dazu geben! wenn es jemandem verboten ist seinen senf zum fcz abzugeben, steht dieses insekt oben auf der liste, verdammt weit oben! :mrgreen:

    damit alle wissen, von was wir hier überhaupt reden:

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    Für mich wäre das mit der Maske im ÖV eine kleine Geste für die Überängstlichen.

    Allerdings sind es ja genau die, die nicht gerade offen gegenüber Andersdenkenden waren, bzw sind...

    aber genau diese gruppe wurde jetzt 2 jahre von hinten und vorne bedient, ob es sinn machte oder nicht. zeit, wieder mal an die anderen zu denken.

    tagi:

    ein ganz entscheidender satz:

    «Wenn der Bundesrat beschliesst, die Maskenpflicht aufzuheben, muss das ab sofort gelten, nicht erst in ein paar Tagen», fordert VÖV-Direktor Stückelberger. Sonst sei die Maskenpflicht nicht mehr durchsetzbar.


    ÖV-Betreiber fürchten ungerechte Aufhebung der Maskenpflicht

    Mehrere Kantone möchten die Maskenpflicht in den Läden aufheben, nicht aber in Zug und Bus. Jetzt wehren sich die SBB und der Verband öffentlicher Verkehr.

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    Eva Novak

    Aktualisiert am 10. Februar 2022 um 09:52 Uhr

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    An der Maskenpflicht in Zug, Bus und Tram scheiden sich die Geister.

    Bild: Ela Çelik

    Die Masken sollen nicht nur im Detailhandel fallen, sondern gleichzeitig auch in Zug, Bus und Tram: Das fordert der Verband öffentlicher Verkehr (VÖV) vor dem grossen Öffnungsschritt vom 17. Februar. «Wir wollen gleich behandelt werden wie die Geschäfte», sagt Direktor Ueli Stückelberger.

    Ähnlich äussern sich die SBB: «Wir begrüssen es sehr, wenn die identischen Corona-Massnahmen in Zügen, Läden und öffentlich zugänglichen Innenräumen gelten», erklärt Mediensprecher Reto Schärli.

    AboKantone rüsten bereits ab

    Schluss mit Masken, fertig mit Impfzentren

    Die Sorge der ÖV-Branche ist nicht unbegründet. Vor Wochenfrist fragte der Bundesrat die Kantone, ob die Corona-Massnahmen auf einen Schlag fallen sollen oder nur schrittweise. Jetzt zeigt sich: Eine Mehrzahl der Kantone möchte zwar die meisten Einschränkungen samt Maskenpflicht in den Läden in einem einzigen Schritt aufheben. Doch an der Maskenpflicht im ÖV scheiden sich die Geister.

    Branche warnt vor «schwierigem Signal»

    «Wegen der nach wie vor hohen Viruszirkulation will der Regierungsrat in einer Übergangsphase die Maskentragpflicht im öffentlichen Verkehr beibehalten, da hier viele Personen in einen engen und längeren Kontakt miteinander sein können», heisst es zum Beispiel in der Stellungnahme des Kantons Uri. Ähnlich argumentieren Luzern, Schwyz, Aargau, Solothurn, Thurgau, St. Gallen und die beiden Appenzell.

    Würde der Bundesrat dieser Argumentation folgen, würden demnach in den Läden die Maske bald fallen, nicht aber auf der Fahrt dorthin. Damit entstehe das Gefühl, der öffentliche Verkehr sei gefährlicher als andere Innenräume, warnt VÖV-Direktor Stückelberger: «Das wäre ein schwieriges Signal.» Ausserdem würde es bei einer stufenweisen Aufhebung der Maskenpflicht sehr schwierig, das Tragen der Masken in Bus und Bahn noch durchzusetzen, gibt er zu bedenken.

    «Auch nach 20 Monaten sind unsere Fahrgäste immer noch diszipliniert.»
    Katharina Merkle, Sprecherin Postauto Schweiz

    Bereits jetzt wird vereinzelt von Aggressionen gegen Zugbegleiter berichtet, die die Passagiere darauf hinweisen, dass sie eine Maske aufsetzen sollten. Für Ärger sorgt zudem, dass Passagiere durch langes Essen im Zug die Maskenpflicht zu umgehen versuchen. Doch die grosse Mehrheit halte sich an die Bestimmungen und setze den Schutz vorschriftsgemäss vor Mund und Nase auf, heisst es bei Bahnen und städtischen Verkehrsbetrieben.

    «Auch nach 20 Monaten sind unsere Fahrgäste immer noch diszipliniert», sagt etwa Katharina Merkle von Postauto Schweiz. Die hohen Fallzahlen hätten das Maskentragen wieder stärker ins Bewusstsein gerufen. SBB und BLS berichten ebenfalls von einer hohen Disziplin. Letztere haben aber nach Auskunft von Sprecher Schärli in diesem Jahr die Bemühungen verstärkt, die Reisenden auf die weiterhin geltende Maskenpflicht im ÖV aufmerksam zu machen.

    Soll die Maskenpflicht im ÖV zeitgleich fallen wie in den Restaurants ?

    JaNeinMir egal


    Senden

    In Bern ist der Anteil der Fahrgäste ohne Maske laut Bernmobil-Sprecher Rolf Meyer «nach wie vor klein». Ähnlich tönt es von den Basler Verkehrsbetrieben, auch wenn es Ausnahmen gibt: «Gerade in den Abendstunden und am Wochenende sind Fahrgäste ohne Maske anzutreffen.» Zu Hauptverkehrszeiten würden die Masken grundsätzlich besser getragen, heisst es bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Zürich.

    Damit die Disziplin zumindest da hoch bleibt, ist der Bundesrat nicht nur gut beraten, die Masken koordiniert fallen zu lassen, wie es die ÖV-Branche fordert. Sondern auch ohne Vorwarnung zu handeln. «Wenn der Bundesrat beschliesst, die Maskenpflicht aufzuheben, muss das ab sofort gelten, nicht erst in ein paar Tagen», fordert VÖV-Direktor Stückelberger. Sonst sei die Maskenpflicht nicht mehr durchsetzbar.

    Diese "political Correctness" nerft extrem und immer mehr.

    Gibt 1000e Beispiele.

    Was Gnonto gemacht hat war ungeschickt und eventuell jugendlichem Übermut zuzuschreiben, mehr aber auch nicht. Alles andere ist reinintepretiert.

    perfekt zusammengefasst!

    Zum Thema Maske: wenn ich mir so überlege dass es Ärzte, Pfleger, Laborangestellte etc. gibt, die auch ohne Pandemie täglich eine Maske tragen müssen. Bei diesem massiven Eingriff in ihre Freiheit über Jahre oder Jahrzehnte müssen die ja alle schwerst depressiv und akut selbstmordgefährdet sein...

    nein, da macht die maske sinn und wird auch für das gebraucht, für was sie ursprünglich erfunden wurde: gegen bakterienübertragung.

    An gewissen Orten (ÖV oder wo viele Leute aufeinandertreffen) noch ein bisschen die Maske zu tragen, halte ich jetzt nicht für so tragisch. Das schränkt die Freiheit auf jeden Fall nicht wirklich ein.

    tragisch ist es tatsächlich nicht, auch nicht wirklich freiheitseinschränkend, dafür aber komplett sinnlos. und sinnbefreites erachte ich grundsätzlich als unnötig. daher sollte es ab 17.02. keine pflicht, sondern nur noch eine empfehlung geben.

    das teil dient doch nur noch dazu die leute daran zu erinnern, dass die pandemie noch nicht vorbei ist. ohne diese überall sichtbaren masken würde es, ausserhalb des gesundheitswesen, nämlich kein mensch merken, dass sie noch nicht vorbei ist.

    Wir waren immer frei

    sehe ich überhaupt nicht so… :wink:

    aber der ausdruck „freedom day“ steht mittlerweile in neudeutsch für „die totale öffnung ohne jegliche weitere einschränkungen“, ohne das man den ganzen bettel schreiben muss! 8)

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    hau den lukas! :geil:

    aber mal im ernst: jetzt wo selbst die experten omikron mit grippe vergleichen, gibts wirklich keinen einzigen grund mehr für massnahmen. auch (vor allem!) keine maskenpflicht mehr! am 17.02.2022 sollte darum der schweizerische freedom day sein.

    ja, ich weiss, die risikogruppen wehren sich jetzt. man müsse sie weiterhin schützen, darum im öv und läden weiterhin maskenpflicht…ich kann mich aber nicht erinnern, dass sich in der letzten grippewelle 2017, die selben gruppen speziell geschützt hätten oder die restgesellschaft dieser gruppe speziell vorsichtig begegnet wäre.

    ausserdem muss jetzt mit omikron die zeit der empfehlungen und selbstverantwortung beginnen. diejenigen, welche sich schützen müssen/wollen, wissen das. niemand hindert sie daran, an heiklen orten eine ffp2 maske aufzusetzen und den in den letzten 2 jahren antrainierten abstand weiterhin einzuhalten.

    Coronavirus: Lukas Engelberger steht mit Brems-Kurs alleine da
    GDK-Chef Lukas Engelberger preschte vor und plädierte für langsame Corona-Lockerungen. Praktisch alle Kantone wollen aber eine Turbo-Öffnung. Wie kam es dazu?
    www.nau.ch

    us em fcz forum, in 2 sätzen alles gesagt:

    Das Spruchband fasst es perfekt zusammen. Es ist (schon lange) nicht mehr das Nobel-GC, es ist aber auch nicht mal mehr das Biedermeier-Baregg-Bauern-Agglo-GC aus den Nullerjahren, es ist eine seelenlose Söldnertruppe, gestopft mit chinesischem Geld.

    Derbysieg + Heimspiel. Die SK hat schon recht: ZÜRI SINDER NO NIE GSI JETZT SINDER NÖD MAL ME GC

    Mit grossen Schritten Richtung Meistertitel!

    nur ein derby! wirklich? nein, eben nicht!

    wie sagte türkyilmaz doch in der blick vorschau: „wenn der fcz die ersten 3 spiele der rückrunde gewinnt, ziehen sie es durch!“

    2 sind es bereits! heute, im gegensatz zum servette spiel, auch ein hochverdienter sieg. ich war auch in der pause, trotz 0:1 rückstand, absolut davon überzeugt, dass der fcz 3:1 gewinnen wird. zu schwach war wuhan niederhasli und zu glücklich die 1:0 führung. und so kam es dann auch.

    aber im vorfeld war ich heute den ganzen tag so was von scheiss nervös! zum letzten mal, bezüglich fcz, war ich am 13. mai 2006 so drauf. dachte heute sogar kurz an colin, etwa so fühlt er sich vermutlich vor wichtigen zsc spielen. :rofl:

    der fcz erinnert wirklich immer mehr an leicester! damals sagten auch alle, dass die noch einbrechen werden! also, halten wir uns an die wirklich sehr weisen worte von mushu: „machen wir einen auf leicester!“ :geil:

    der neue iv, karol mets, hat mir sehr gut gefallen. zumindest soweit ich das vom sektor d aus beurteilen kann. denke, ein weiterer toptransfer. überhaupt überzeugt mich die breite des kaders. etwas, was man ja von yb und basel sagt, dass sie viel besser aufgestellt sind als der fcz. glaube ich mittlerweile nicht mehr!

    was man im sektor d aber hat, ist eine wunderbare übersicht übers stadion und kann darum die zuschauerzahl, und wieviele davon für wen fanen, hervorragend beurteilen. vor allem bei goals sieht man das sehr gut. bevor die zuschauerzahl gemeldet wurde, tippte ich auf 16021. 16112 wurden dann gemeldet, soviel waren auch sicher anwesend.

    was ich eigentlich sagen will: der sektor c/osttribüne war zu 3/4 gefüllt, gegen die gc kurve leer, aber von der mittelinie bis zur südkurve praktisch voll, davon sicher etwa 90% fczler. der sektor d ausverkauft. sektor b, heimkurve in diesem spiel, max. 1/3 besetzt. dh. das mind. 11-12000, der 16000 anwesenden, fcz fans waren.

    und eben:

    ZÜRI SINDER NO NIE GSI JETZT SINDER NÖD MAL ME GC

    für wen machen die das eigentlich noch? das einst stolze (nobel-) gc existiert nicht mehr, es ist mehr als tot! kaum fans in der stadt, kaum fans im stadion. und bisher wurde mit dem chinesen geld auch keine schlagkräftige mannschaft zusammengestellt. gcn wird bis jetzt nur als farmteam von wolverhampton „missbraucht.“ fluktuation ohne ende. nicht das mich das stören würde, es passiert genau dass, was ich mir erhofft habe! :floet:

    vor dem match habe ich gearbeitet, im hb. nur fczler waren sichtbar unterwegs. war auch noch kurz an der langstrasse vor dem match. auch da, nur fczler unterwegs. im stadion, trotz gcn „heimspiel“, 3/4 fczler!

    nimmt mich wunder, wann der chinese genug hat von diesem trauerspiel. der ging wahrscheinlich ursprünglich davon aus, gcn rekordmeister, zürich wichtigste schweizer stadt, der club darum sicher u hueren beliebt…hopp schi si! :rofl:

    rechtlich gibt es keine möglichkeiten mehr das stadion zu verhindern. aber mit rekursen solange zu verzögern, dass es den bauherren verleidet und sie nicht mehr bauen wollen. das dürfte auch das ziel von knauss und konsorten sein.

    diese führen den rechtsstaat genauso vor, wie gewisse straftäter, welche genau wissen, dass ihnen praktisch nichts passieren kann.

    us de woz:

    LONG COVID

    Ausser Atem

    Von chronischer Erschöpfung bis zu psychischen Krankheiten, die erneut ausbrechen: Die Folgen einer Coronainfektion können heimtückisch sein. Der Fotograf Andreas Seibert begleitet Long-Covid-Betroffene.

    Von Andreas Seibert (Text und Fotos)

    Fast zwei Millionen Ansteckungen mit dem neuen Coronavirus hat das BAG seit Beginn der Pandemie registriert. Auffallend viele Patient:innen leiden unter langwierigen Verläufen. Wie viele der Erkrankten Long Covid entwickeln, ist noch schwer zu sagen – Studien gehen von mindestens zehn Prozent aus (vgl. «Langzeitfolgen müssen auf die politische Agenda»).

    Klar ist, dass Long Covid allein in der Schweiz schon jetzt das Leben Zehntausender verändert hat. Wie geht eine leistungsorientierte Gesellschaft mit Menschen um, die diese Leistung nicht mehr erbringen können? Die oft nicht wissen, wie sie sich am nächsten Tag fühlen werden? Was für ein Gesundheitssystem brauchen sie? Meine Porträtserie soll kein Mitleid erregen, sondern Verständnis für die Situation der Betroffenen schaffen.

    Mirjam Lüscher (46), Basel, Mitarbeiterin einer schulischen Tagesstruktur

    Durch das Stubenfenster sind Flugzeuge am stahlblauen Himmel zu sehen. Scheinbar mühelos gewinnen sie nach dem Start an Höhe. Dann drehen sie nach Westen ab und sind kurz darauf nur noch als kleine schwarze Punkte zu erkennen. Neulich erst wollte Mirjam Lüscher eines der Fenster reinigen. Nach wenigen Minuten begann ihr Herz zu rasen, und sie musste aufhören.

    Vor ihrer Coronainfektion Anfang Oktober 2020 ist Lüscher gesund und sportlich. Am 7. Oktober bekommt sie Fieber und bleibt gut drei Wochen in Selbstisolation zu Hause – trotz Atemnot. Auch nach der akuten Infektionsphase fühlt sie sich nicht gesund. Da ihr Hausarzt nicht glaubt, dass es Long Covid gibt, und sie nicht krankschreiben will, sucht sich Lüscher einen neuen Mediziner, der sie betreut. Die Arbeit beginnt sie mit reduziertem Pensum und mithilfe von Asthma- und Schmerzmedikamenten. Kurz darauf verschlechtert sich ihr Zustand, und sie muss ihre Weiterbildung unterbrechen.

    Nach der Impfung im Sommer 2021 verbessert sich Lüschers Zustand ein wenig, doch dieses Hoch ist nur von kurzer Dauer. Nach etwa zwei Wochen kehren die meisten Symptome zurück. Lüscher besucht heute eine Long-Covid-Sprechstunde mit ambulanten Therapien. Da sie zu hundert Prozent arbeitsunfähig ist, wird ihr in der Sprechstunde empfohlen, sich bei der IV anzumelden. Doch sie wäre lieber weiterhin berufstätig.

    In ihrem Freundeskreis nimmt das Verständnis für ihre Situation unterdessen ab: Sie solle mehr Sport machen und früher ins Bett gehen; jeder sei mal müde; sie solle sich nicht dauernd mit Long Covid beschäftigen, das tue natürlich nicht gut. Sie würde gerne ihre Arbeit wiederaufnehmen und mit ihrer Weiterbildung fortfahren; würde gerne wieder Sport treiben, Feste besuchen und Freund:innen treffen. Aber sie kann nicht. Ihr Leben mit Long Covid, sagt sie, sei wie ein Zug, in dem sie nicht sitze. Sie stehe am Bahnhof und sehe zu, wie der Zug an ihr vorbeiziehe.

    Lara Karcher (31), Muttenz BL, Online Campaign and Content Manager

    Ende 2019 reist eine Arbeitskollegin von Lara Karcher für vier Wochen nach China. Als sie zurück in der Firma ist, werden mehrere ihrer Kolleg:innen krank, einige von ihnen entwickeln Lungenentzündungen. Auch Karcher erkrankt. Nach ihrer Coronainfektion entwickelt sie ganz unterschiedliche Symptome: Sie leidet unter Geschmacksverlust, hat Husten, Hautprobleme, Zuckungen und Haarausfall. Von den Ärzt:innen, die sie aufsucht, fühlt sie sich nicht ernst genommen. Als sie eines Morgens mit einer schwarzen Zunge aufgewacht sei, habe ihr Arzt am Telefon gefragt, ob sie Blaubeeren gegessen habe.

    Ihre Fingernägel, die ihr zuvor bei einer gewissen Länge oft abbrachen, werden steinhart, es kommt ihr vor, als würden ihr Klauen wachsen. Karcher versteht ihren Körper nicht mehr.

    Bis jetzt hat sie keine Therapie gegen ihre Symptome gefunden. Eine Ärztin empfahl ihr eine psychiatrische Behandlung. Da sie sich so früh infiziert hat, konnte man bei einem Test Mitte 2020 keine Antikörper nachweisen. Unterdessen hat sie aber die Bestätigung, dass sie von Long Covid betroffen ist.

    Patrizia Lang (32), Eschlikon TG, vierfache Mutter

    Anfang 2020 scheint Patrizia Langs Glück perfekt. Die Familie zieht in ein schönes Haus in Eschlikon im Thurgau, und am 15. März kommt ihr viertes Kind zur Welt. Am 6. November erkrankt Patrizia Lang jedoch an Covid. Sie hat Fieber, für sie neuartige Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und Atembeschwerden. Dazu kommen Schwindel und das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. Eine Ambulanz bringt sie ins Spital.

    Neurologisch scheint sie gesund zu sein und wird wieder entlassen. Ihr Mann, ebenfalls an Covid erkrankt, erholt sich. Auch ihr Zustand verbessert sich, aber nur für kurze Zeit. Nun leidet sie unter Taubheitsgefühlen in Armen und Beinen, Muskelschwäche, unsicherem Gang, Durchfall, Übelkeit, Druck im Kopf, Ausschlägen, Haarausfall. Im neuen Jahr geht es ihr zusehends schlechter. Es kommen Sehstörungen hinzu, Geruchshalluzinationen und Atemnot bei der kleinsten Anstrengung. Beim Gehen hat sie das Gefühl, Kisten vor sich herzuschieben. Beim Gang zur Toilette rast ihr Herz wie bei einem Marathon.

    Lang kann ihre vier Kinder nicht mehr selber betreuen und sucht Hilfe beim Roten Kreuz. Als sie erneut kollabiert, wird sie ein weiteres Mal ins Krankenhaus gebracht. Mit der dortigen Behandlung ist sie nicht zufrieden. Erst als sie ins Universitätsspital Zürich verlegt wird, erhält sie die Diagnose Long Covid. Es folgen mehrere Wochen Rehabilitation in Liechtenstein. In dieser Zeit verpasst sie den dritten und den fünften Geburtstag ihrer Söhne, den jüngsten hat sie in der Reha und im Krankenhaus bei sich. Seinen ersten Geburtstag muss Lang mit ihm alleine feiern, ohne ihre Familie. Als sie wieder zu Hause ist, fühlt sie sich alleine gelassen, denn sie ist immer noch krank, erhält keine staatliche Unterstützung, keine Therapie und keine Medikamente, die wirklich helfen.

    Nach der zweiten Moderna-Impfung bekommt sie Sehstörungen. Im Universitätsspital Zürich lautet der Verdacht auf das Visual-Snow-Syndrom. Derzeit ist sie deshalb im Inselspital Bern in Behandlung. Nie hätte sie gedacht, dass sie so lange krank sein würde. Ihr Baby, sagt Lang, habe viel Farbe in ihre schwierige Situation gebracht. In der Reha habe der Junge laufen gelernt und ihr täglich gezeigt, wie man nach dem Hinfallen wieder aufstehe.

    Geneviève Morin (51), Basel und Hégenheim, bildende Künstlerin

    Der Husten beginnt Mitte März 2021. Kurz darauf setzt heftiges Fieber ein. Geneviève Morin begibt sich zu Hause in Selbstisolation. In der Nacht vom 23. März hat sie einen schrecklichen Albtraum: Mit wahnsinnigem Tempo dreht sich eine Art CD in ihrem Kopf. Immer an der gleichen Stelle wird sie plötzlich gestoppt. Im Traum erkrankt sie an Alzheimer und versucht immer wieder, klare Gedanken zu fassen, ist aber dazu nicht in der Lage. Völlig erschöpft wacht sie auf und meint, sie sei tatsächlich an Alzheimer erkrankt. Aus Angst vor diesem Traum will sie nicht mehr schlafen, meidet ihr Bett und liegt auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer. Am frühen Morgen des 26. März beginnt ihr Herz unregelmässig zu schlagen. Morin ist überzeugt, dass sie nicht an Corona, sondern an einem Herzschlag sterben wird, und ruft ihre Ärztin an.

    Kurz darauf steht ein Notfallteam in Schutzkleidung vor ihrer Tür, und Morin wird mit einer Lungenentzündung notfallmässig ins Krankenhaus gebracht. Dort bleibt sie bis Ende März.

    Dann entwickelt sie eine manische Phase, in der sie drei Tage lang ohne Unterbruch telefoniert. Sie geht davon aus, dass ihre Coronainfektion die manisch-depressiven Phasen, an denen sie vor 29 Jahren bereits litt, die sie aber unter Kontrolle hatte, erneut ausgelöst hat.

    Den April verbringt sie in einem Haus im Basler Jura, um sich zu erholen. Dann setzen depressive Phasen ein, die so schlimm werden, dass sie in der Psychiatrischen Klinik der Universität Basel Hilfe sucht. Dort verbringt sie den ganzen Juli. Im August folgt ein Aufenthalt in der Klinik Sonnenhalde in Riehen. Der behandelnde Arzt stellt die Diagnose Long Covid und bestätigt Morins Vermutung, dass die Erkrankung bei ihr erneut manisch-depressive Phasen ausgelöst hat.

    Danach beginnt Morin langsam wieder mit ihrer künstlerischen Arbeit. Da ihre Werke sehr persönlich sind, geht sie davon aus, dass ihre Erlebnisse während und nach ihrer Covid-Erkrankung immer wieder in ihre Kunst einfliessen werden.

    Sina Kuhn (40), Zürich, Senior Consultant

    Sina Kuhn erkrankt im September 2020 mittelschwer an Covid. Die Krankheit dauert rund drei Wochen und fühlt sich wie eine schwere Grippe an. In dieser Zeit ist sie alleine zu Hause in Isolation. Als sie sich besser fühlt, fährt sie nach Baden, um ihren Partner zu besuchen. Sie bekommt aber kaum Luft und schafft es nur knapp bis zu seiner Haustür. Der behandelnde Pneumologe meint, ihre Atemnot sei psychisch bedingt, sie solle sich beruhigen.

    Vor ihrer Coronainfektion war Kuhn gesund. Sie achtete auf ihren Körper, praktizierte jeden Tag Yoga, tanzte Salsa, trieb viel Sport, ging wandern. Heute kann sie ihren Körper nicht mehr richtig einschätzen. Sobald sie über ihre Leistungsgrenze hinausgeht – die viel tiefer ist als vor der Infektion –, erlebt sie einen «Crash». Dann muss sie sich hinlegen, möglichst alles ausblenden, vor allem Licht und Geräusche. Bis sie sich erholt hat, braucht sie etwa zwei Tage.

    Nach ihrer ersten Coronaimpfung im Juni 2021 verschlechtern sich Kuhns Symptome enorm. Seither ist sie relativ stark von Long Covid betroffen. Auch nach der zweiten Impfung bleiben die Symptome mit den typischen Schwankungen bestehen.

    Im Sommer 2021 gönnen sich Kuhn und ihr Partner eine Ayurvedakur. Danach fühlt sie sich fast so gut wie vor ihrer Erkrankung. Sie fahren ans Meer, doch als Kuhn ins Wasser watet, erleidet sie einen weiteren Crash – für ihren Körper ist der Unterschied zwischen Wasser- und Körpertemperatur zu gross.

    Heute geht es Kuhn nicht besser, aber sie hat ihren Zustand akzeptiert und gelernt, mit ihm umzugehen. So sind kleine Ausflüge oder Restaurantbesuche möglich – wenn sie sich gut vorbereitet und danach erholen kann.

    Christian Salzmann (52), Vordemwald, Journalist und Radiomoderator

    Es ist Oktober 2020, die zweite Coronawelle rollt durch die Schweiz. Christian Salzmann und seine Partnerin verabreden, dass sie sich gegenseitig keine Vorwürfe machen werden, sollte eine:r von beiden das Virus nach Hause bringen. Dann erkrankt Salzmanns Partnerin, eine Pflegefachfrau, wenig später auch er. Beide begeben sich in Isolation und durchleben die Coronainfektion alleine.

    Nach einigen Tagen ruft Salzmanns Partnerin an und sagt, sie bekomme keine Luft mehr. Seine Angst ist gross, und da sich auch sein Zustand jetzt schnell verschlechtert, weiss er nicht, ob sie sich nochmals wiedersehen werden. Unter grosser Anstrengung und mit der Hilfe eines befreundeten Notars setzt er sein Testament auf. Glücklicherweise erholen sich beide und können ihre Arbeit wieder aufnehmen.

    Vier Wochen später, Salzmann hat soeben eine Radiosendung hinter sich, kommt die Krankheit zurück: Plötzlich hat er keine Energie mehr. Er bricht fast zusammen, kann sich gerade noch an seinem Sendepult festhalten. Auch seiner Partnerin geht es wieder schlechter. Seit Dezember 2020 leiden beide an Long Covid. Salzmann leidet an Atemnot, chronischer Erschöpfung, wandernden Gliederschmerzen, Konzentrationsproblemen, Empfindungsstörungen in Armen und Beinen und Schlafstörungen. Immer wieder riecht für ihn einige Tage lang alles nach Autoabgasen. Hektik und Stress verträgt er nur noch schlecht. Die massive Depression, in die Salzmann kurz nach Beginn der Long-Covid-Erkrankung gestürzt ist, hat inzwischen nachgelassen. Allerdings kommen immer wieder depressive Verstimmungen zurück.

    Salzmann begibt sich für neun Wochen in Rehabilitation. Während es ihm langsam etwas besser geht, verschlechtert sich der Zustand seiner Partnerin erneut.

    Heute muss er sich entscheiden, ob er einkaufen geht oder einen Spaziergang macht; für beides reicht seine Energie nicht. Nicht zu wissen, wie lange er von Long Covid betroffen sein wird, macht ihm Angst. Hoffnung geben ihm verständnisvolle Menschen in seinem Umfeld, sein Glaube und die Erforschung neuer Medikamente gegen Long Covid.

    Wenn Salzmann wieder gesund ist, so hat er sich vorgenommen, wird er vieles nicht mehr so ernst und nicht so persönlich nehmen wie vor seiner Coronainfektion. Und er will für Menschen da sein, die Hilfe brauchen – so wie er jetzt.

    Stiller-Has-Sänger Endo Anaconda ist 66-jährig gestorben

    Stiller-Has-Sänger Endo Anaconda ist 66-jährig gestorben
    Andreas Flückiger alias Endo Anaconda ist gemäss dem «Tagesanzeiger» in der Nacht auf Mittwoch gestorben. Er wurde 66 Jahre alt. Der «Tagesanzeiger» …
    www.watson.ch

    seine musik gefiel mir nicht wirklich, aber was er zu sagen hatte, war beeindruckend, entsprach sehr oft meinem eigenen gedankengut. nur konnte er es viel besser ausdrücken.

    hier seine lebensbeichte:

    Endo Anaconda: «Mit 55 habe ich nochmals mit Heroin angefangen»

    Mit «Stiller Has» wurde er gross, jetzt will er die Band in Pension schicken. Erstmals spricht der Sänger über seine Drogensucht auf dem Höhepunkt der Karriere.

    Frank Heer Das Magazin

    Aktualisiert am 04. September 2020 um 17:30 Uhr

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    «Ich war dauernd auf Tournee, mit dem Has ging es so richtig ab, viel Presse, viel Aufmerksamkeit, ich stand ständig auf der Bühne»: Endo Anaconda über die intensive Zeit mit seiner Band.

    Im Dezember 1979 segelte Andreas Flückiger an die Decke eines Hotelzimmers in Kathmandu. Er hatte sich mit einer Überdosis billigen Rauchopiums eingenebelt, was in Kombination mit der Hepatitis A, die er möglicherweise in Thailand aufgelesen hatte, den Effekt nach sich zog, dass er seinen fiebrigen Körper von oben herab sehen konnte. Dazu eierte die Kassette «Fly Like An Eagle» von der Steve Miller Band.

    In den Jahren davor war Flückigers Leben aus den Fugen geraten. In Wien, wohin er aus der österreichischen Provinz geflohen war, hatte er eine Lehre als Siebdrucker abgebrochen. Er war Tagedieb, Glücksspieler und Wirtshausraufer. Ein Grossmaul und Lästerer, der das Herz am richtigen Fleck hatte, aber wild sein konnte wie der Teufel. Seine Luftschlösser waren klein, Gedanken an die Zukunft verschwendete er nicht.

    Ein guter Tag im Leben von Andreas Flückiger war, mittags aufzustehen, ein frisches Hemd anzuziehen, die Rattenburg im vierten Hinterhof zu verlassen, beim Chinesen zu frühstücken und den Rest des Nachmittags im Kino oder auf der Pferderennbahn zu verbringen. Manchmal gewann er schöne Summen, die er sofort verprasste. Seine Helden waren, je nach Gemütsverfassung, Che Guevara, Serge Gainsbourg, Jim Morrison oder Jean-Paul Sartre.

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    Endo Anaconda in der Reitschule in Bern, in den Anfängen von Stiller Has. Foto: zvg

    Flückiger war ein gross gewachsener, leidlich aussehender, vom Alkohol etwas aufgedunsener junger Mann, der gute Anzüge und Schuhe trug. Meist steckte eine Zigarette in seinem Mundwinkel. Die halb langen Haare frisierte er über der Stirn zu einer nachlässigen Tolle. Wenn er eine neue Schale brauchte, spazierte er in einen Laden, probierte den schneidigsten Anzug, liess den alten hängen und spazierte wieder hinaus. Den Kamelhaarmantel, den er im Winter trug, hatte er in der Garderobe eines Cafés erspäht, in dem die besseren Leute verkehrten. Er zog ihn diskret vom Bügel, schlüpfte hinein und gab Fersengeld. Als ob es der frühere Besitzer besonders gut mit ihm meinte, hatte er sein Portemonnaie samt Ehering in der Brusttasche stecken gelassen.

    Er war gelb wie eine Banane, mager wie ein Köter

    Nun also schwebte Flückiger an der Decke eines Hotelzimmers in Kathmandu und sah auf seinen fiebrigen Körper, der sich im durchgeschwitzten Laken wälzte. Er war 24 Jahre alt, gelb wie eine Banane, mager wie ein Strassenköter. Sein Leben hing an einem Faden, draussen rauschte der Monsun, Steve Miller sang «Take the Money and Run». Was war geschehen?

    Bevor Flückiger im Frühjahr 1979 nach Nepal aufbrach, brach ihm eine Frau das Herz. Wieder einmal. Und seine Genossen vom Kommunistischen Bund hatten ihn wegen Verrats an der Sache aus der Wohngemeinschaft geschmissen. So streunte er im wehenden Kamelhaarmantel wie ein angeschossener Asphaltcowboy durch die Stadt, die sich von ihm abgewandt hatte. Statt der Musik von Ennio Morricone pfiff ihm der Ostwind um die Ohren. Es war ein elender, einsamer Winter, und Flückiger wollte weg.

    Den Flug nach Bangkok hatte er sich mit dem Erlös aus kleineren Einbrüchen (er nannte es Mundraub), Gelegenheitsjobs und geglückten Wetten auf der Rennbahn zusammengespart. Was übrig blieb, reichte für ein paar Wochen am Strand von Pattaya und eine Propellermaschine nach Kathmandu. Im örtlichen Casino verwandelte er einen Gratiscoupon im Wert von fünf Dollar in dreihundert und reiste nach Pokhara, wo er einen Bungalow am Phewa-See bezog, um endlich zur Ruhe zu kommen.

    Nicht ganz zufällig machte er Bekanntschaft mit einem nepalesischen Dealer, für den er Haschöl an Touristen verkaufte. Die Provision investierte er in Zigaretten, Alkohol, Opium. Der Rausch der Droge, die es hier in rauen Mengen gab, löste in ihm ein Gefühl von Nestwärme aus und weckte die Sehnsucht nach dem Paradies, aus dem er im Alter von fünf Jahren vertrieben worden war.

    Das Herz vom Vater, die Melancholie von der Mutter

    Ein wiederkehrendes Bild aus dieser verblassenden Idylle ist die Mutter am Steuer ihres VW-Käfers, unterwegs auf irgendeiner Landstrasse in der Nähe von Biel. Unter der Heckscheibe liegt ein Kissen, in welches die Autonummer, das Berner Kantonswappen und der Satz «Kommt gut heim!» gestickt sind. Andreas und sein älterer Bruder sitzen auf der Rückbank und schneiden Grimassen. Die gelten dem Vater, schlank und gross, ein leidenschaftlicher Leichtathlet, der neben dem Wagen herrennt, während die Mutter mit der Stoppuhr die Zeit misst. Sie war als junges Mädchen aus Kärnten in die Schweiz gekommen und hatte im Gastgewerbe gearbeitet, bevor sie in Burgdorf ihren künftigen Mann kennen lernte, einen Polizisten. Von ihm hat Flückiger das Herz, von der Mutter die Melancholie.

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    «Ich suchte das Risiko und die Ächtung durch die Gesellschaft, gegen die ich rebellierte»: Endo Anaconda über seine Heroinsucht.

    Dann der Verkehrsunfall. Der Vater fuhr in seinem DKW Junior Sport von Zürich, wohin er die Verwandten aus Österreich chauffierte, zurück nach Biel. Es war kurz vor Weihnachten 1959, nur Monate nach der Geburt des jüngeren Bruders. Die Frontalkollision war unverschuldet, der Vater sofort tot. Als die Mutter den Anruf erhält, schlägt sie den Kopf gegen die Wand, rennt schreiend durch die Wohnung, rauft sich die Haare im Schmerz, heult wie besessen. Andreas schaut zu. Er ist vier Jahre alt. Es dauert Stunden, bis jemand kommt und sie beruhigt.

    Der Tod des Vaters zerstörte die Idylle. Fast über Nacht entschied die Mutter, Biel zu verlassen und zu ihrer Familie nach Kärnten zu ziehen, nach Mallestig bei Villach an der Grenze zu Slowenien, katholisch, ländlich, rückständig. Für Andreas war es eine Verschleppung. Das Radio spielte Operetten und Peter Alexander, aus dem nahen See fischten die Kinder Kriegsschrott und spielten damit. Der Grossvater, ein wortkarger Griesgram, Wagner von Beruf, ersetzte den Vater, Schläge waren Teil des Systems. Bei der Grossmutter fand er Trost. Sie war eine Zauberin, eine Seherin. Ihre Hühnersuppe half gegen alles. Jedes Unglück träumte sie voraus, selbst wenn es nicht eintraf. Sie bekreuzigte sich in einem fort und ging nicht an Andreas vorbei, ohne ihn zu segnen.

    Schläge in Kärnten, Süsses im Emmental

    Es nützte nichts. Er blieb ein schwieriges Kind. Ein unglückliches Kind. Schwänzte die Schule. Stahl. Fälschte Unterschriften. Brachte die Lehrer zur Weissglut. Einzig die Sommerferien in der Schweiz erfüllten ihn mit einer Ahnung von Glück. Bei den Grosseltern im Emmental war er dem Paradies ganz nah. Der Grossvater spielte Akkordeon, die Geschichten der Grossmutter wiegten ihn in den Schlaf. Einmal, im Dorfladen, klaute er eine Tafel Schokolade. Eine Hälfte ass er, die andere versteckte er. Die Grossmutter entdeckte den Diebstahl und stellte ihn zur Rede. Sie sagte nur: Du gehst jetzt zu Frau Leuenberger und entschuldigst dich. Im Laden roch es nach Waschmittel und Süssigkeiten. Frau Leuenberger blickte ernst: So, so. Schokolade. Und weil du so ehrlich bist, schenke ich dir noch ein Stück. In Kärnten gab es Schläge, im Emmental Süsses.

    Andreas war zwölf, als ihn die Mutter ins katholische Internat nach Klagenfurt schickte. Bereits beim Eintritt widersprach er einem Priester. Der knallte ihm eine, dass die Nase blutete. Einmal verlangte ein Priesteraspirant, dass er ihm die Schuhe putze. Als Andreas fragte, warum, antwortete dieser: weil du sonst eine in die Fresse bekommst. Das Heimsystem beruhte auf Gewalt, auf Unterdrückung und Erniedrigung. Alles war verboten – Jeans, Bücher, Popmusik. Jede Verfehlung wurde bestraft. Eine Nacht auf einem Holzscheit knien zu müssen, war nicht krass, sondern normal.

    Klagenfurt liegt eine halbe Zugstunde von Villach entfernt, doch Andreas durfte nur einmal im Monat nach Hause. Erzählte er der Mutter von der Gewalt, sagte sie: Du hast es wohl verdient. Eigentlich war er froh, fort von der Familie zu sein, weg vom unberechenbaren Grossvater, von der hysterischen Mutter. Andrerseits war das Internat ein Gefängnis. Er fühlte sich wie begraben. Mädchen sah er keine. Er wurde immer dicker, weil er alles in sich hineinfrass.

    Dann begann er zurückzuschlagen

    Doch Andreas Flückiger entwickelte Methoden des Widerstands. Unter der Bettdecke, im grossen Schlafsaal, hörte er Radio Luxemburg, den einzigen Sender, der Beatmusik spielte. Herman's Hermits, Gerry & The Pacemakers, The Kinks, The Animals. Und er las lasterhafte Schriften: Henry Miller, Darwin, Jack London, Dostojewski, Cervantes, B. Traven, Hemingway. Sein Bett stand unter einem Fenster, durch das er die Berge sehen konnte. Die Lücke zum Himmel war seine kleine Freiheit.

    Im letzten Schuljahr begann er zurückzuschlagen. Seit einer Stunde standen hundert Schüler vor dem Speisesaal. Es hiess, die Mensa werde erst geöffnet, wenn keiner mehr ein Wort spreche. Die Mägen knurrten, die Buben murrten. Ein Priester verteilte Ohrfeigen, Kopfnüsse. Als Andreas eine fing, rastete er aus, packte seinen Peiniger und warf ihn zu Boden. Stürzte sich auf ihn mit seinem ganzen Gewicht. Fast hundert Kilo. Bis man ihn wegzerrte. Jetzt liess man ihn in Ruhe. Doch die Gewalt war gesät. Als er mit sechzehn aus dem Internat entlassen wurde, war er voller Hass. Kam man ihm krumm, gab es Kleinholz. Es war wie ein Beissreflex.

    Zu Hause in Kärnten hatte er keinen Plan. Kärnten war eine Beleidigung. Eine geistige und kulturelle Einöde. Kärnten sollte von der Landkarte gestrichen werden. Die folgenden Jahre bildeten eine Kette von Sabotageakten an der eigenen Zukunft. Jede geregelte Arbeit war eine Haftverlängerung. Flückiger absolvierte den polytechnischen Lehrgang und ging auf Drängen der Mutter an die Bundeshandelsschule in Villach. An die Fassade des Gebäudes, in dem er nur ein Jahr absass, pinselte er mit roter Lackfarbe das Wort «Untertanenfabrik».

    Die Mutter dachte, er sei geisteskrank

    Seine gesellschaftliche Nutzlosigkeit war ihm eine Tugend. Mehrmals machte er sich aus dem Staub, einmal gelang ihm die Kurve bis nach Rom. Nach einem Monat wurde er von der italienischen Polizei aufgegriffen und in einen Zug zurück nach Österreich gesteckt; die verzweifelte Mutter hatte Interpol eingeschaltet.

    Radio Luxemburg war seine erste Form von Protest, nun lieferte die Jugendsendung «Musicbox» auf Ö3 den Soundtrack zu seinem Leben: die Stones, Velvet Underground, Eric Burdon, Neil Young, Lou Reed, The Doors. Sein Gott war Jim Morrison: die Musik, die Texte, die Posen – alles an ihm schien gefährlich. In Ossiach gab es ein Festival, das der Pianist Friedrich Gulda organisierte; es war mit dem Moped in einer Stunde zu erreichen. Dort sah er 1971 Pink Floyd vor ein paar Hundert Zuschauern. Und im Tonhof Klagenfurt begegnete er dem Lyriker H. C. Artmann, dessen anarchistische Dialekt- und Lautgedichte Flückiger dazu brachten, selbst zu schreiben. Sein erstes Gedicht warf die Mutter weg. Sie glaubte, ihr Sohn sei geisteskrank.

    1972 trat Flückiger der Kommunistischen Jugend bei. Im Dezember 1973 verübte die baskische Terrororganisation ETA einen Anschlag auf Luis Carrero Blanco, spanischer Premierminister und enger Vertrauter von Diktator Franco. Die Bombe schleuderte das Auto des Militärs über das Dach eines fünfstöckigen Gebäudes, es landete auf der Terrasse im zweiten Stock. Blanco war sofort tot. Zur Feier des Tages öffneten Flückiger und seine Genossen eine Flasche Rioja.

    Dem Kommunismus verdankte er die Erkenntnis, dass die Welt eine Kugel ist, denn die Welt seiner Kindheit war eine Scheibe. Nachdem er dem Sumpf des Internats entkommen war, erschienen ihm Marx und Engels als Offenbarung. Er bewunderte die alten Spanienkämpfer, die ihm Vaterfiguren waren. Helden und Antifaschisten, die Mauthausen überlebten. Männer, die zu kämpfen wussten. Kerle wie aus seinem Lieblingswestern «The Good, the Bad and the Ugly». Flückiger war der Wüste. Er sah aus wie eine Mischung aus Yeti und Charles Manson.

    Frauen sind Wesen von einem anderen Planeten

    Während die meisten seiner Freunde nach Wien zogen, um zu studieren, sass Flückiger in Villach fest. Seine Hobbys waren nun Waffen, Autos und LSD. In München kannte er ein paar Musiker, die der amerikanischen Drogenkirche Brotherhood of Eternal Love angehörten, die die spirituelle Transformation der Gesellschaft durch die Einnahme von Halluzinogenen propagierte. Sie verkauften ihm das LSD in flüssiger Form. In seinem Zimmer setzte er sich aufs Bett, tröpfelte das Acid auf einen Würfelzucker und liess ihn auf der Zunge zergehen. Auf einem Poster an der Wand rauchte neben Mao eine halb nackte Schönheit mit Afrofrisur einen riesigen Joint.

    Bis sechzehn bekam er kaum ein Mädchen zu Gesicht. Seine erste Freundin hatte er mit neunzehn, vor der er aber sogleich davonlief. Frauen sind für ihn noch heute Wesen von einem anderen Planeten. Danach kam das Heroin. Erst schnupfte er das Pulver, dann erhitzte er es in einem Löffel mit Zitronenwasser und zog es mit der Nadel auf. Einmal versorgte er den Jazztrompeter Chet Baker mit einem Gramm, bevor dieser im Kongresshaus von Villach ein fabelhaftes Konzert gab. Heroin war der extremste Rand, an den er sich begeben konnte. Andere stiegen auf den Mount Everest, er spritzte Heroin. Tief in seinem Innern gab es einen anderen Grund für das Bedürfnis nach Rausch: Er half gegen die seelischen Versehrungen, die ihm im Internat zugefügt worden waren.

    1975 flüchtete Flückiger aus dem Wilden Westen nach Wien. Er wechselte von der Kommunistischen Jugend in die Splittergruppe der Marxisten und Leninisten, wo er bald Mitglied im Zentralkomitee war. Er war zwanzig, versuchte die Aufnahmeprüfung an die Kunstgewerbeschule, scheiterte und begann eine Lehre als Siebdrucker. Lederjacke und Jeans hatte er gegen Anzüge getauscht. Dreiteiler, wie sie sein Grossvater im Emmental trug. Und der Revolverheld Wyatt Earp. Er war ein leidenschaftlicher Genosse. Am Küchentisch der WG wurde der bewaffnete Widerstand diskutiert, die Revolution des Proletariats stand unmittelbar bevor. Für die «Arbeitsgemeinschaft Politische Gefangene», eine Organisation, die mit der RAF sympathisierte, verteilte Flückiger auf dem Campus der Universität Wien Flugblätter zum ersten Todestag von Ulrike Meinhof. Als im Oktober 1977 der deutsche Arbeitgeberpräsident und frühere SS-Hauptsturmführer Hanns Martin Schleyer von der RAF ermordet wurde, war das ein Etappensieg.

    Im November desselben Jahres wurde der österreichische Wäschehersteller Walter Palmers entführt und hundert Stunden später, nach Bezahlung eines Lösegelds von dreissig Millionen Schilling, wieder freigelassen. Eine linksterroristische Täterschaft wurde zunächst ausgeschlossen, doch im Lauf der folgenden Wochen kam es zur Festnahme dreier Studenten, die Flückiger aus der Arbeitsgemeinschaft kannte. Plötzlich war er selbst im Visier der österreichischen Staatspolizei, die ihn verdächtigte, bei der Geiselnahme das Fluchtauto gefahren zu haben. Ein Irrtum. Eine Verwechslung. Flückiger wurde entlastet. Doch der Schrecken sass tief.

    Der kälteste Winter seines Lebens

    Der totalitäre Eifer seiner Genossen erinnerte ihn an die prügelnden Pfaffen im Internat. Er begann zu widersprechen. Im Herbst 1978 wurde er aus der WG geworfen, die Freundin verliess ihn, und wenn er kein Sofa fand, auf dem man ihn schlafen liess, breitete er sein Nachtlager auf einem Belüftungsschacht im Bahnhof aus. Es war der längste und kälteste Winter seines Lebens.

    Ein paar Monate später bestieg Flückiger in Pattaya ein Propellerflugzeug nach Nepal. Der Plan, sich in einem Bungalow am Phewa-See die Wunden zu lecken, schlug fehl, denn er hatte nicht mit der Hepatitis A gerechnet: dem Durchfall, der Übelkeit, dem Fieber und den Schmerzen im Oberbauch. Die Mutter hatte ihm Geld für die Rückreise geschickt. In der Nacht vor seinem Abflug verliess er in einem Hotelzimmer in Kathmandu vorübergehend seinen Körper. Am nächsten Tag flog er nach Wien, wo ihn sein älterer Bruder am Flughafen abholte und mit ihm nach Kärnten fuhr. Es dauerte Monate, bis er sich von der Krankheit erholte. Doch es war die Zeit, die er brauchte, um sich mit der Mutter zu versöhnen. Sie starb 1981 an Krebs. Flückiger erbte ihren alten Ford, packte seine Sachen und fuhr nach Bern. Die Schweiz war ein Hoffnungsschimmer am Horizont.

    Jahrzehnte später, im Februar 2020

    Es ist ein wolkenloser Tag im Emmental, Andreas Flückiger sitzt am Steuer eines senfgelben Polo, Brixton-Mütze, Fliegersonnenbrille. Das Auto gehört seiner Freundin. Er öffnet das Fenster einen Fingerspalt und zündet sich eine Zigarette an. Flückiger: So hiess seine alte Haut. Heute kennt ihn die Schweiz unter dem Namen Endo Anaconda, Sänger der Band Stiller Has, gegründet 1989 in Bern.

    Beim Bahnhof Langnau hat er auf mich gewartet. Auf dem Parkplatz, wie beim letzten Mal ein paar Wochen zuvor. In einer dunkelblauen Jacke mit dem Logo des Arosa Humorfestivals. Um die Beine weht eine Anzughose, die Füsse stecken in schwarzen Crocs. Dann fahren wir talaufwärts, vorbei an vom Winter schmutzigen Wiesen. Mit jeder Ortstafel werden die Dörfer kleiner. Schliesslich steuert Anaconda den Polo auf einen Feldweg und hält vor einem Stöckli mit Laubengang und grünen Fensterläden.

    Hier, im ersten Stock, befindet sich seine Wohnung mit Küche und drei Zimmern, die er seit achtzehn Jahren gemietet hat und in der er alleine lebt. Endo Anaconda hat drei Kinder von drei verschiedenen Frauen. Besonders treu sei er nie gewesen, sagte er in einem Interview. Dafür sei er ein guter Ex-Mann.

    Das Treppensteigen bereitet ihm Mühe: Knie, Gelenke, Rücken. Je nach Wetter geht es besser. Oder schlechter. Drinnen riecht es nach alten Möbeln und Zigarettenrauch. Das Küchenbuffet aus den Fünfzigern reicht bis zur Profilholzdecke, die olivgrünen Wände passen zum hellbraunen Linoleum. Am Fenster steht ein schwerer Tisch, darüber lacht Andy Warhols Marilyn. Neben dem kleinen Ofen, der die ganze Wohnung heizt, ein Paar Halbschuhe guter Machart. Ein frei stehender Kühlschrank brummt, auf der Herdplatte steht eine Moka Express.

    Im September wird Endo Anaconda 65 Jahre alt. Und im März erscheint «Pfadfinder», das sechzehnte Album von Stiller Has – wobei die Band in ihrer Originalbesetzung schon lange nicht mehr existiert: Nach dem Abgang von Multiinstrumentalist Balts Nill rüstete Anaconda das einstige Duo zur regulären Band auf, angeführt von René «Schifer» Schafer an der Gitarre. 2016 brach auch diese Formation auseinander. Seit 2017 hat Anaconda eine neue Gruppe um sich vereint, mit der er nun auch «Pfadfinder» einspielte. «Das wird unsere letzte Platte sein», sagte mir Anaconda bei unserer ersten Begegnung. Noch eine letzte Tournee, danach verstumme der Has, fertig, Schluss. Aber ohne Amen.

    «Töif dinn sy mer alli Walliseller»: Kurzfilm über Endo Anacondo anlässlich des Schweizer Musikpreises 2017. Video: Swiss Music Prize/Youtube

    Endo Anaconda wirft Holz in den Ofen und holt zwei Tassen aus dem Schrank. Als die Moka Express zu gurgeln beginnt, schenkt er Kaffee ein und setzt sich an den Tisch. Seine Hände sind gross und gepflegt. Anaconda besitzt die Fähigkeit, mit dem einen Auge so zu starren, das man fürchtet, er wolle einen erstechen, während das andere gelassen zusieht. Seine Stimme ist laut und kernig. Er kann knurren wie ein Hund, um im nächsten Moment in höllisches Gelächter auszubrechen. Dazwischen lange Pausen, in denen er studiert, um dann dozierend in abgelegene Gebiete vorzudringen.

    Das Magazin: Bei unserem letzten Treffen in dieser Küche haben wir über Ihre Kindheit und Jugend in Österreich gesprochen. Meine Aufzeichnungen enden mit der Rückkehr aus Kathmandu und dem Neubeginn in der Schweiz Anfang der Achtzigerjahre. Dort würde ich gerne anknüpfen.

    Von mir aus.

    1981 sind Sie im Ford Ihrer Mutter von Kärnten nach Bern gefahren …

    Die Kühlerhaube war so lang, dass man einen Feldstecher brauchte, um das Ende zu sehen…

    Und 1989 erschien Ihre erste Platte mit Stiller Has. Was haben Sie in den acht Jahren dazwischen gemacht?

    Ich lebte in einem besetzten Haus, hing im AJZ rum, trank zu viel und war kleinkriminell. Dazwischen arbeitete ich in der Brasserie Lorraine, in einem Bioladen und war Monteur für eine Telefonautomatenfirma.

    Ich realisierte, dass ich meine Jugend an eine linksextreme Wahnidee verschwendet hatte.

    Die Fortsetzung Ihres alten Lebens in Wien? Einfach ohne Pferderennbahn…Mit dem Unterschied, dass ich keine harten Drogen mehr konsumierte, viel schrieb und den Wunsch verspürte, mit meinen Texten aufzutreten.

    Sie haben mir erzählt, dass Ihnen die Schweiz ein Hoffnungsschimmer war. Warum?

    In Österreich war meine ganze Sozialstruktur in sich zusammengefallen. Mit dem Ausschluss aus der Kommunistischen Partei verlor ich auf einen Schlag meinen Freundeskreis. Ich realisierte, dass ich meine Jugend an eine linksextreme Wahnidee verschwendet hatte. Und nach dem Tod meiner Mutter gab es für mich nichts mehr, was mich in Österreich gehalten hätte. Die Schweiz war ein Neubeginn.

    Hatten Sie Freunde in Bern?

    Ich kannte ein paar Leute aus dem Umfeld der Reithalle, wo ich auch Balts Nill und Schifer Schafer kennen lernte, meine späteren musikalischen Weggefährten. Bern hatte eine grosszügige Kulturförderpolitik, ich verdanke der Stadt und dem Kanton viel. Das alles wäre in Österreich nicht möglich gewesen. In der Schweiz wehte ein anderer Geist. Die Achtzigerbewegung in Bern und Zürich war kreativer, frecher als das sektiererische Umfeld, in dem ich mich in Wien bewegt hatte.

    Ich merkte, dass mir die Musik ein Mittel war, meine Heimatlosigkeit auszudrücken, das Negative, die Traumata, die Liebe.

    Ihre erste Band war die Experimentalcombo «Andreas Flückiger und die Alpinisten».

    Das war improvisierte Musik, zu der ich meine Gedichte und Wortspiele vorgetragen habe. Heute nennt man das Slam Poetry. Das war lustig, gleichzeitig war ich komplett ambitionslos. Ich hatte nicht im Sinn, damit irgendetwas zu erreichen.

    Sie untertreiben: Ihre Band Stiller Has gehört zum Kulturgut der Schweiz, Songs wie «Wallisellen» oder «Aare» sind Gassenhauer…

    Meine Einstellung zur Kunst änderte sich, als 1992 meine Tochter zur Welt kam. Da wusste ich: Jetzt musst du in die Hose. Ich nahm einen Job als Behindertentaxifahrer an und wollte mit der Musik vorankommen. Vor allem aber merkte ich, dass mir die Musik ein Mittel war, meine Heimatlosigkeit auszudrücken, das Negative, die Traumata, die Liebe. Darum hatte der Blues so einen grossen Einfluss auf die früheren Sachen, die wir mit Stiller Has gemacht haben. Elmore James, Bessie Smith, John Lee Hooker, Blind Lemon Jefferson, Robert Johnson…

    Gab es auch einheimische Vorbilder?

    In der Schweiz war es Mani Matter, in Österreich Helmut Qualtinger und Georg Kreisler. Besonders Kreisler war in meiner Jugend im linken Umfeld ein ziemlicher Hero. Ich habe ihn später, als wir 1995 mit Stiller Has den Salzburger Stier gewannen, bei der Preisvergabe kennen gelernt. Der hatte so ein weiches Pianistenhändchen.

    Ich kann nicht verleugnen, dass ich Raubbau an mir selbst betrieben habe.

    «Pfadfinder» soll nun die letzte Platte von Stiller Has sein. Warum?

    Ich bin sehr zufrieden mit dem neuen Album, schon fast euphorisch, aber nach so langer Zeit hat man es auch ein wenig gesehen. Die immer gleichen Orte, das gleiche Catering, die gleichen Backstage-Räume. Allmählich spüre ich eine Unrast. Auch einen körperlichen Druck. Ich kann nicht verleugnen, dass ich Raubbau an mir selbst betrieben habe.

    Aber die Auftritte, die Bühne, Ihre Fans – werden Sie das nicht vermissen?

    Die Auftritte schätze ich sehr, nur das Drumherum nicht mehr. Das Leben ist der ordentliche Wahnsinn, die Bühne der ausserordentliche. Das wird mir langsam zu viel. Aber es stimmt schon, das Publikum ist mir wichtig. Im besten Fall entsteht bei einem Konzert ein Gefühl von Gemeinschaftlichkeit. Privat meide ich grössere Gruppen.

    Was werden Sie nun tun?

    Dass ich mit Stiller Has aufhöre, bedeutet ja nicht, dass ich nicht mehr auftreten darf. Ich kann mir eine Zukunft als Solist vorstellen, mit einem kleinen Orchester oder einem Pianisten, so wie Jacques Brel oder Yves Montand. Ausserdem warten stapelweise Gedichte und Texte darauf, sortiert zu werden.

    Dreieinhalbtausend Franken im Monat reichen. Das gibt mir den Luxus, frei zu sein.

    Seit wann können Sie von der Musik leben?

    Seit unserem Album «Landjäger», das 1994 erschien. Von da an verkauften wir lange Zeit um die 40 000 Einheiten pro Album. Heute sind es noch an die 8000, mit Downloads vielleicht 10 000.

    Kommen Sie damit durch?

    Ich lebe bescheiden. Dreieinhalbtausend Franken im Monat reichen. Das gibt mir den Luxus, frei zu sein. Ich muss keinen Besitz anhäufen. In meinem Alter sinkt die Lebenserwartung mit jedem Tag. Natürlich fände ich es schön, noch etwas Zeit mit meinen Kindern zu verbringen und ein paar Gedichte zu schreiben, aber es ist kein Menschenrecht, alt zu werden.

    Sehen Sie sich eher als Dichter denn als Musiker?

    Ich bin ein umgangssprachlich dichtender Sängerpoet und erzähle Geschichten, in die meine Hörer einen Anker werfen können. Natürlich ist da eine Doppelbödigkeit. Zum Beispiel in meinem Lied «Moudi»: Da sagen mir die Leute oft, dass sie zu Hause auch so einen Kater haben, einen Moudi. Die wenigsten ahnen, dass dieser Kater die Visualisierung eines Dämons ist, vor dem ich mein Leben lang auf der Hut sein muss. Einerseits ist er zärtlich wie ein Haustier, andrerseits böse, unverschämt, haltlos.

    Andere schlucken Psychopharmaka, ich therapierte mich mit Sugar.

    Sie waren zeitweise auf Heroin. Mögen Sie erzählen?

    Beim Heroin schwang eine gewisse Romantik mit, befeuert durch die Bücher von William Burroughs und Thomas De Quincey. Aber der Stoff war viel zu teuer, als dass wir es uns leisten konnten, süchtig zu werden. Heute kostet das Gramm noch sechzig Franken.

    War das jugendlicher Leichtsinn oder bewusste Selbstzerstörung?

    Es war ein politischer Akt. Eine Provokation. Ein Tanz am Abgrund. Ich suchte das Risiko und die Ächtung durch die Gesellschaft, gegen die ich rebellierte. Aber Opiate waren für mich immer auch ein Versuch der Selbstheilung. Wer weiss, vielleicht wäre ich heute ohne Heroin längst tot.

    Warum?

    Weil ich mich aus Verzweiflung umgebracht hätte. Andere schlucken Psychopharmaka, ich therapierte mich mit Sugar.

    War das Nahtoderlebnis 1979 in Nepal so was wie eine Warnung?

    Ja. Aber mit 55 fing ich noch einmal an und war dann sieben Jahre drauf. Allerdings habe ich da nicht mehr gefixt, nur noch geschnupft.

    Wie konnte das passieren?

    Es war eine verrückte und intensive Zeit. Ich war dauernd auf Tournee, mit dem Has ging es so richtig ab, es war unser Höhepunkt, viel Presse, viel Aufmerksamkeit, ich stand ständig auf der Bühne. Gleichzeitig ging ich durch eine Scheidung und hatte starke körperliche Schmerzen…

    So habe ich noch einmal angefangen. Stereo – durch das eine Nasenloch das Koks, durchs andere das Heroin.

    …woher kamen die Schmerzen?

    Ich wog 140 Kilo. Das geht einfach nicht auf die Dauer. Als Kind hatte ich bei einem Sturz die Wirbel angebrochen, das Steissbein, das Becken, fast alle Rippen. Das wuchs schräg zusammen, und entsprechend schief ist seither mein Gang. In Kombination mit meinem Gewicht führte das über die Jahrzehnte zu Rücken-, Gelenk- und Knieproblemen. Gegen die Schmerzen liess ich mir starke Analgetika verschreiben. Diese kitzelten meine alte Liebe für Opiate wieder hervor. So habe ich mit 55 noch einmal mit Heroin angefangen. Und gekokst gleich auch noch. Stereo – durch das eine Nasenloch das Koks, durchs andere das Heroin.

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    Das Gewicht setzte ihm zu: Endo Anaconda 2002 an einem Konzert in Basel. Foto: Tino Briner

    Der Effekt?

    Es gab mir eine Art gelassene Euphorie. Meine Reflexe, damit aufzuhören, versagten total. Dabei wusste ich: Drogen versprechen alles und halten nichts. Erschwerend kam hinzu, dass ich kaum durch Bern laufen konnte, ohne jemanden zu treffen, von dem ich wusste, dass er mir den Stoff besorgen könnte. Und ich hatte genug Geld im Sack, denn mit dem Has lief es ja gut. Die Dealer wussten immer, wo ich war.

    Wann wurden Sie wieder clean?

    Einen ersten Versuch unternahm ich 2012, nachdem ein Tumor auf einer Nebenniere diagnostiziert worden war. Ich wurde süchtig ins Spital eingeliefert und operiert. Nach meiner Entlassung versuchte ich mich selbst zu therapieren, hier in meiner Wohnung. Ich habe wochenlang geheult. Nicht wegen der körperlichen Schmerzen des kalten Entzugs, die waren nach einer Woche vorbei, aber die Depressionen, die Unfähigkeit, Glück zu empfinden, alles, was ich mit den Drogen betäubt hatte, brach jetzt wie ein Stausee aus seinem Damm. Ich schaffte es gerade noch, mich vom Bett zum Sofa und zurück zu schleppen. Eine Zeit lang zog ich das durch, doch ich wurde immer wieder rückfällig. Vor drei Jahren hat es plötzlich klick gemacht. Ich wusste: Das ist meine letzte Chance, wenn ich am Leben bleiben will.

    Haben Sie nie daran gedacht, zu einer Selbsthilfegruppe zu gehen?

    Ich bin nicht der Kreisli-Typ. Es gibt Leute, denen hilft das, mir nicht.

    Als der Einsiedler, der ich bin, wird man hier in Ruhe gelassen, ohne sich deswegen einsam zu fühlen.

    Trinken Sie noch Alkohol?

    Als ich mit den Drogen aufhörte, trank ich pro Tag eine Flasche Whisky. Seit einem Jahr bin ich abstinent. Ich bin trockener Alkoholiker. Als ich noch trank, verging kein Tag ohne Suizidgedanken. Wenn es mir heute schlecht geht, hocke ich das aus. Ich kenne meine Abgründe. Meinen Moudi.

    Wie fühlt sich die Nüchternheit an?

    Nüchternheit muss man lernen. So wie an einem Stock zu gehen. Ansonsten bin ich heute viel nervöser, bevor ich auf die Bühne steige. Da fehlen mir die zwei Flaschen Weisswein. Zudem hinterfrage ich ständig meine Texte. Früher schrieb ich was im Suff und war zufrieden. Heute bin ich strenger.

    Wie geht es mit den Schmerzen?

    Manchmal gut, manchmal fühle ich mich wie Henry VIII. Der Kraftraum hilft. Es braucht Überwindung hinzugehen, aber wenn ich rauskomme, fühle ich mich als Sieger. Ich will nicht klagen und habe kein Mitleid mit mir.

    Sie leben seit achtzehn Jahren im Emmental. In Trachselwald, nicht weit von hier, führten Ihre Grosseltern einen Bauernhof. Was bedeutet Ihnen diese Gegend?

    Ich hatte ja nie eine richtige Heimat. Der Blick aus dem Küchenfenster über das Land meiner Ahnen gibt mir aber eine Idee davon, auch wenn ich hier keine Verwandten mehr habe.

    Ist es die Idylle, aus der Sie mit fünf Jahren gerissen wurden?

    Idyllisch ist vermutlich anders. Aber mir gefällt das Morsche. Es ist ja auch ein wenig wie Dodge City hier. Der Wilde Westen der Schweiz. Als der Einsiedler, der ich bin, wird man hier in Ruhe gelassen, ohne sich deswegen einsam zu fühlen. Ich mag den Austausch mit den Leuten. Wenn ich im Dorfladen oder am Kiosk mit jemandem scherze, hat das für mich unschätzbaren Wert. Aber ich ziehe mich auch gern wieder zurück in meine Höhle.

    Der Kommunismus hat mich geprägt, geistig, intellektuell, in jeglicher Hinsicht.

    Im Internat, das Sie bei unserem letzten Gespräch als «Gefängnis» beschrieben haben, hörten Sie heimlich Radio Luxemburg. War das Ihre Verbindung zur grossen weiten Welt.

    Auf jeden Fall. Der Alltag im Internat war schlimm. Das förderte meine Opposition zu Kirche und Gesellschaft. Die Musik positionierte mich. Das geschah parallel zu meiner Politisierung, die ihren Ursprung im Protest gegen den Vietnamkrieg hatte. Das Foto von dem Napalm-Mädchen, das um die Welt ging, hatte mich geschockt. Auch wenn mich das Internat zum Pfaffenfresser gemacht hatte und ich der Kommunistischen Partei beitrat, war ich noch immer katholisch imprägniert: Der Krieg in Vietnam war moralisch verwerflich.

    Sie sind vom Katholizismus zum Kommunismus konvertiert…

    Dieser Schritt war für mich so wichtig wie die Mondlandung 1969 für die Menschheit, als zum ersten Mal zu sehen war, wie die Welt aufging. Der Kommunismus hat mich geprägt, geistig, intellektuell, in jeglicher Hinsicht. Ich habe zum Glück nie mit dem Denken aufgehört, darum sehe ich diese Zeit heute auch selbstkritisch.

    Inwiefern?

    Als es mit dem Linksterrorismus losging, konnte ich das nicht mehr vertreten. Die Gewalt war eine Grenzüberschreitung. Als dann auf dem Titel der «Kronen-Zeitung» Fotos von Freunden abgedruckt waren, die als Terroristen gesucht wurden, ging mir das so an die Nieren, dass ich mich von diesem Wahn verabschiedete. Für diese Form der Gewalt bin ich nicht der Typ, auch wenn ich damals sehr geladen war. Heute bin ich überzeugter Demokrat.

    Man sagt, aufs Alter wird der Mensch wieder gottesfürchtig. Wie ist das bei Ihnen?

    Während der Primarschulzeit in Kärnten war ich Messdiener. Das war eine erste Phase der religiösen Auseinandersetzung und hat mir gefallen. Katholizismus ist wie Rock 'n' Roll. Eine rituelle Überhöhung. Das Internat hat dann alle Religiosität aus mir herausgeprügelt. Trotzdem ist ein Restposten an Frömmigkeit übrig geblieben.

    Wie äussert sich die?

    Ich betrete keine Bühne, ohne mich vorher zu bekreuzigen. Auch an einer schönen Kirche gehe ich nicht vorbei, ohne drinnen eine Kerze für meine Liebsten anzuzünden. Sakrale Räume haben eine Erhabenheit, weil darin Menschen ein höheres Wesen imaginieren. Das rührt mich auf seltsame Art. Vielleicht weil ich zu viel Kraft und Schmerz investiert habe, um Gott zu entthronen, als dass ich mich heute über Gläubige lustig machen würde.

    Oktober 2020 wurde Delta in Indien entdeckt. Ab April 21 dann in Europa nachgewiesen. Im Juni und Juli wecbselte es dann dass es in Europa hauptsächlich Delta Fälle waren.

    stimmt!

    aber umso unverständlicher, warum ab spätherbst 20 derartige massnahmenverschärfungen eingeführt wurden.

    und ja, ari, demfall hatten wir tatsächlich relativ lasche massnahmen während delta, vor allem verglichen mit unseren nachbarländern.


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