• Offizieller Beitrag

    Peter Zahner im Porträt

    Als der ZSC-Macher den Besenstiel durch die WC-Tür bohrte

    Seine Jugend als einer von fünf Brüdern erklärt die Erfolgsgeschichte des Peter Zahner (60). Vor allem der jüngste Bruder Beat, der mit dem Downsyndrom geboren wurde, hat ihn geprägt.

    Simon Graf
    Simon Graf (TA)

    Stolzer Hausherr: Peter Zahner in der Swiss Life Arena, die im August 2022 eingeweiht wird.


    Stolzer Hausherr: Peter Zahner in der Swiss Life Arena, die im August 2022 eingeweiht wird. Foto: Dominique Meienberg

    Wenn im Schweizer Eishockey die grossen Themen verhandelt werden, ist Peter Zahner nicht weit. Sachlich, aber mit Nachdruck vertritt er seine Standpunkte. Er liebt die Debatte, blüht bei Widerspruch erst richtig auf und lässt sich nicht einschüchtern, wenn er mit seiner Position allein steht. Wie im letzten Winter, als elf von zwölf National-League-Clubs eine massive Erhöhung der spielberechtigten Ausländer anstrebten. Zuletzt setzte sich Zahner durch, es gab keine Revolution, sondern nur eine sanfte Reform.

    Doch wer ist der 60-Jährige, der in Aarau neben dem Brügglifeld aufwuchs und selbst kein begnadeter Hockeycrack war? Zahner gibt selten Persönliches preis, an diesem herbstlich-sonnigen Tag Ende Oktober ist das für einmal anders. Und wer seine Geschichte kennt, versteht besser, wie er so erfolgreich werden konnte.

    Peter ist der vierte von fünf Brüdern, Jahrgang 1961, nach Armin (1955), Ruedi (1957) und Markus (1959). 1968 kommt Beat dazu – er wird mit dem Downsyndrom geboren. «Meine Mutter war schon 43, und damals gab es diese Methoden zur Früherkennung noch nicht», sagt Zahner. Zum Glück, könnte man auch sagen, denn der jüngere Bruder prägt und bereichert das Leben der älteren.

    Zahner zeigt auf dem Handy ein Video, wie sie im September 2018 zum 50. Geburtstag von Beat alle zusammen nach Rom gereist waren. Als sie dachten, genug erlebt zu haben, erhob Beat Einspruch: «Halt, den Papst haben wir noch nicht gesehen!» Heute gebe der keine Audienz, sagten die Brüder. Beat war enttäuscht. Immerhin spazierten sie noch zusammen zum Petersplatz. Beat war in seinem Element, saugte die Atmosphäre an der prominenten Stätte auf, salutierte wie die Schweizergardisten. Die neue ZSC-Heimstätte in Zürich Altstetten ist ab der Saison 2022/23 in Betrieb.


    Die neue ZSC-Heimstätte in Zürich Altstetten ist ab der Saison 2022/23 in Betrieb. Bild: Sven Thomann (Blick/freshfocus)

    Sein jüngerer Bruder sei fasziniert von der Kirche, erzählt Zahner. «Wenn er am Wochenende bei uns ist, schaut er am Fernsehen immer eine Stunde Gottesdienst.» Zum Vater hatte der Jüngste eine besonders enge Beziehung gehabt. Bevor dieser 2007 starb, bat er seine vier älteren Söhne, sie sollten sich um Beat kümmern. «Wir versprachen es ihm», sagt Zahner. «Ich bin stolz, dass wir es bis heute tun.»

    Er erstellt jeweils auf neun Monate den Plan, wer von den vier Brüdern wann das Wochenende mit Beat verbringt. Dieser lebt in einem Arbeits- und Wohnheim in Oberentfelden bei Aarau. «Wir holen ihn dann jeweils am Samstagmorgen ab und bringen ihn am Sonntagabend zurück», so Zahner. «Im Jahr ist er an fünf, sechs Wochenenden bei uns. Wenn wir ein Heimspiel haben, nehme ich ihn ins Stadion mit. Wir gehen Minigolf spielen, an die Chilbi, und jedes Mal spielen wir zwei, drei Stunden ‹Eile mit Weile›.»


    Versprechen halten, gemeinsam etwas erreichen, das sind wichtige Werte für Zahner. Und: sich durchsetzen. Das lernte er mit drei älteren Brüdern schon früh. «Wenn einer sauer war auf den anderen, lief er ihm hinterher. Ich schloss mich mehrmals im Badezimmer ein und harrte bis zu zwei Stunden aus, bis ich sicher war, dass er nicht mehr vor der Tür stand», erzählt er. «Umgekehrt jagte ich auch den anderen nach. Einmal durchbohrte ich mit dem Besenstiel die Badezimmertür. Ich deckte das Loch mit einem Abziehbild ab, damit es mein Vater nicht merkte.» Irgendwann fand er es heraus. Er hatte keine Freude. Vor einem der Bullaugen des neuen Stadions: Peter Zahner.


    Vor einem der Bullaugen des neuen Stadions: Peter Zahner. Foto: Dominique Meienberg

    Die Eltern führten einen Quartierladen, der Vater war Käser und Milchmann. «Wenn du aus einer mittelständischen Arbeiterfamilie kommst, hast du nie viel Geld», sagt Zahner. «Das hat mich geprägt. Ich habe stets etwas dazuverdient, lieferte Einkäufe aus oder sammelte an Fussballspielen und Festen mit Velo und Anhänger die Flaschen ein und kassierte das Pfand.»


    In den fünfwöchigen Sommerferien ging er jeweils auf Milchtour mit dem Vater. Um Viertel nach fünf Uhr morgens ging es los, wurden Milch, Käse, Joghurt oder Eier ausgeliefert. «Wir Kinder machten jeweils per Ende Monat die Abrechnung im Milchbüchlein.» Dann lag der geschuldete Betrag im Milchkasten der Kunden zur Abholung. Zahner erzählt: «Als ich in den Sommerferien aufstand, pfiffen die Vögel. Alle meine Kollegen schliefen noch tief. Um elf Uhr war ich fertig, und um halb zwölf Uhr war ich in der Badi. Als die Kollegen verschlafen dazukamen, war ich schon sechs Stunden unterwegs gewesen.» Zahner lernte schon früh, mit Geld umzugehen. Und: früher aufzustehen als die anderen.

    Schon als kleiner Bub habe er in seinem Hinterkopf gewusst, dass er im Sport eine Rolle spielen werde, sagt er. «Aber ich wusste nicht welche.» Er spielte auch Fussball wie seine Brüder. Ruedi spielte sogar in der Nationalliga A mit dem FC Aarau, später beim FCZ und dem FCB. Peter war FCZ- und GC-Fan, «je nachdem, wer gerade das schönere Leibchen hatte». Er entschied sich aber fürs Eishockey und schaffte es bis in die 1. Liga, ehe mit 20 eine schlimme Knieverletzung seine Aktivkarriere beendete.

    Der fatale Bandensturz

    Der Gegenspieler checkte ihn im Basler Sankt Margarethenpark vier Meter vor der Bande, als er dem Puck nachjagte. Zahner prallte mit dem linken Knie in die Bande. Die Folge war ein Totalschaden, mit Blaulicht wurde er ins Spital gefahren. «Ich ging fast drauf vor Schmerzen. Hätte ich nicht einen Schienbeinschoner angehabt, der das Bein fixiert, der Bruch wäre noch viel schlimmer gewesen.»

    Damals spielte er für den SC Reinach mit Spieler-Trainer Arno Del Curto. Die beiden wurden gute Freunde, verbrachten viel Freizeit zusammen, gingen gemeinsam Skifahren oder pilgerten nach Davos, um sich auf der Stehrampe Spengler-Cup-Spiele anzuschauen. Der Engadiner, manchmal etwas chaotisch, verhalf Zahner zum Einstieg in die Trainerkarriere. Del Curto hatte ein Terminchaos und konnte nicht ans Ochsner-Hockeycamp nach Engelberg, wo er als Trainer vorgesehen war. Also bat er Zahner, einzuspringen.

    Fast Kloten-Headcoach

    Dieser machte seine Sache neben Koryphäen wie Pavel Wohl, Pavel Richter oder Felix Hollenstein gut, lernte Kloten-Präsident Jürg Ochsner kennen und wurde beim EHC später Trainer der Elitejunioren und Assistent in der ersten Mannschaft. Nachdem er im November 1991 als Assistent des neuen Trainers Ingvar «Putte» Carlsson eingesprungen war, hatte er auf die Saison 1992/93 sogar ein Angebot als Cheftrainer. Damals beim Eishockeyverband tätig, sagte er nach reiflicher Überlegung ab.

    Immer, wenn er Felix Hollenstein sehe, würden sie darüber reden, sagt Zahner schmunzelnd. «Fige sagt jeweils: Mit uns wärst du Meister geworden.» Die Klotener hatten ein exzellentes Team, holten von 1993 bis 1996 vier Titel in Serie. Bedauert Zahner, dass er absagte? Er überlegt kurz. «Nein. Natürlich wäre es reizvoll gewesen, zu erfahren, was passiert wäre. Aber wo sind die Schweizer Trainer heute? Der Einzige, der so richtig Karriere gemacht hat, ist Arno.» Und Zahner hat abseits des Eises tiefe Spuren hinterlassen.

    • Offizieller Beitrag

    Nun dürfte auch klar sein wer ADC unbedingt nochmals beim Z haben wollte.

    JETZT macht das unsägliche Engagement auch für mich endlich Sinn! Und nochmals, ich war ein Riesen-Fan von AdC und konnte überhaupt nicht

    nachvollziehen, warum er damals beim Z in den 90er gehen musste!! Aber die letzte "Ehrenrunde" wurde von mir von Anfang an nur mit einem

    verächtlichen Kopfschütteln goutiert. Und das Resultat hat mich (dieses Mal) bestätigt.

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