• Offizieller Beitrag

    Federer Es sei Zeit für den Rücktritt, sagen viele. Doch peinlich sind nicht Federers Niederlagen, sondern die beleidigten Zuschauer.

    Von René Staubli

    Eine Lektion fürs Publikum

    Es gibt Leute, die der Meinung sind, Roger Federer habe den Zeitpunkt für den Rücktritt verpasst: Er hätte sich die Schmach ersparen müssen, 2011 ohne Pokal von den Grand-Slam-Turnieren in Melbourne, Paris, Wimbledon und jetzt auch New York nach Hause zurückzukehren.

    Idealerweise, sagen diese Leute, hätte Federer 2009 nach den Siegen in Paris und Wimbledon seine Karriere beenden sollen – gut zwei Wochen vor der Geburt seiner Zwillinge, als Nummer 1 der Weltrangliste, nach sieben fetten Jahren mit 15 Grand-SlamTiteln. Nun hechle er den Erfolgen hinterher – ein peinliches Schauspiel.

    Doch peinlich ist nicht, was Federer auf den grössten Courts der Welt bietet. Peinlich ist der Umgang eines Teils des Publikums mit dem besten Schweizer Sportler aller Zeiten.

    Zur Erinnerung: Federer stand heuer in Australien im Halbfinal, wo er dem unwiderstehlichen Djokovic unterlag. Beim French Open besiegte er Djokovic und verlor im Endspiel gegen Nadal, die damalige Nr. 1. In Wimbledon unterlag er Tsonga im Viertelfinal, ehe er im Halbfinal des US Open Djokovic, die neue Nr. 1, an den Rand einer Niederlage brachte.

    Mit anderen Worten: Feder war in drei der vier Top-Turniere unter den besten vier. Wäre einem anderen Schweizer eine solche Leistung gelungen, würde er episch gefeiert.

    Warum tut sich das Publikum so schwer mit Stars, deren Erfolgsserien abreissen? Warum reagiert es beleidigt und wendet sich ab, wenn einer wie Federer seine Siegespflicht nicht mehr konsequent erfüllt? Offensichtlich wollen viele lieber gar keinen Federer als einen, dem nicht alles spielend gelingt – und der auch mal verliert.

    Ihn selber scheint das wenig zu kümmern. Er hat eine beneidenswerte Gabe, nach Niederlagen zwar seine Enttäuschung einzugestehen, aber dennoch stolz auf sein gutes Spiel zu sein. Er wolle dabei bleiben, «solange es mir Spass macht», sagt Roger Federer. In unserer Leistungsgesellschaft sollte man sich diesen Satz auf der Zunge zergehen lassen.

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    Mein Senf:

    Einige wissen es: Ich war nun 4 Jahre Nachbar von Roger in Wollerau. Er im dritten, ich im ersten Stock eines Terrassenhauses. Wie er ist? Eben genau so wie er rüberkommt: Freundlich, nett, immer ein Lächeln im Gesicht, ein super Typ.
    Wenn es um Federer ging, wussten alle anderen immer alles besser:
    Der ist ja nie da, der wohnt da und dort, etc. pp.
    Gross dann jeweils das Staunen wenn Besuch bei mir war, wir auf der Terrasse sassen und der Federer Clan einfuhr.
    Ich wurde auch ständig gelöchert ob ich jetzt mir ihm über dies oder jenes gesprochen habe, ob ich Autogramme beschaffen könne, etc.
    Habe ich alles nicht gemacht!
    Ich wusste, dass er seine Ruhe wollte wenn er hier war und habe das respektiert.
    Am Tag X hat es dann doch gepasst, und wir haben vor dem Haus über eine halbe Stunde geplaudert, über FCZ und FCB, über ZSC und SCB, über Mark Streit, etc.
    Auch mit Mirka habe ich oft geplaudert, sie verwendet nach wie vor Wörter wie "teuer", ein Wort dass ich mit diesem Einkommen/Vermögen wohl nicht mehr verwenden würde.
    Ein paar Dinge, über die noch nie in den Medien berichtet wurde, behalte ich für mich.
    Er ist ein Meister darin, nur das rauszulassen, was er will, und es erscheint auch nichts anderes.
    Es war toll, vier Jahre Nachbar von Rotschi zu sein, und ich vermisse es auch ein klein wenig.
    Aber der Verkauf meiner Wohnung hat mir ermöglicht, einen anderen Lebenstraum zu verwirklichen, und dafür bin ich dankbar.

    • Offizieller Beitrag

    Recht hast du. Da kann ich mich schon fast drüber aufregen, obwohl mir Tennis mehr oder weniger am A.... vorbei geht.

    Was soll der Scheiss, von Schmach und ähnlichen Sachen zu berichten, wenn man ein Halbfinale denkbar knapp verliert. Die Fussballer sind schon die grössten Helden, wenn sie die Quali für ein Turnier schaffen, an dem sie dann regelmässig sang- und klanglos untergehen.

    Dass man zurücktreten sollte, wenn man nur noch zweit-, dritt-, oder viertbester der Welt ist, das kann man ja nicht ernst nehmen. Andere sind schon stolz, wenn sie mal Klassenbeste im Ballweitwurf oder im Kühlenvölk sind.

    Kommt dazu, dass Federer auch keinen Grund hat, frustriert zu sein. Ja: Keinen!

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