auch ist es eine tatsache, dass hauptsächlich ungeimpfte im moment im spital landen. jetzt wo wirklich jeder die möglichkeit zur impfung hatte, ist das ein selbstgewähltes schicksal. aber eine wahl, welche in einer liberalen gesellschaft möglich sein muss. darum ist impfzwang und auch druck mit zertifikaten kein weg für mich. vor allem jetzt nicht, wo insgesamt über 50% der bevölkerung und über 90% der vulnerablen/alten geimpft sind.
Stand heute würde ich es unterstützen, alle Massnahmen aufzuheben. Jedoch verlieren alle, die sich aus freiem Willen (und nicht aus medizinischen Gründen) nicht Impfen lassen, bei einem schweren Verlauf den Anspruch auf ein Spitalbett oder müssen die Kosten für die Behandlung selber übernehmen. Kein Impfzwang, kein Zertifikat, dann aber auch nicht die potentiellen negativen Konsequenzen einer persönlichen Wahl auf die Allgemeinheit/Versicherung abwälzen.
Schwer umsetzbar und darum kann ich mit ein Bisschen Kontext auch Massnahmen wie das Zertifikat und einen gewissen Druck auf Impfverweigerer verstehen.
Das philosophische Dilemma ist ja nicht neu. Ein "persönlich gewähltes Schicksal" beeinflusst mich als Mitglied unserer Gesellschaft potentiell negativ.
Beispiel 1: in der Schweiz ist es verboten, mit mehr als 0,50 Promille Auto zu fahren. Dies wahrscheinlich nicht nur um mich selber zu schützen, sondern vor allem die anderen Verkehrsteilnehmer.
Beispiel 2: Aufgrund des Klimawandels werden Verbrennungsmotoren und Benzinverbrauch in Zukunft strenger reguliert und besteuert. Grosse Autohersteller stellen nun komplett auf elektrische Fahrzeuge um.
Beispiel 3: öffentliches Rauchen ist heute praktisch verboten. Wir erinnern uns alle gerne an das alte Hallenstadion, heute undenkbar.
Die Beispiele sind bewusst breit gestreut, zeigen aber Parallelen auf, die zur Regulierung bzw. zu solchen Gesetzen geführt haben:
- Individuelles Verhalten mit potentiell negativen Einfluss auf andere
- Breiter wissenschaftlicher Konsens, der sich über längere Zeit geformt (und verändert!) hat
- Komplexe Konstellationen von wirtschaftlichen, privaten und politischen Interessegruppen (Autofahrer, Umweltschutzverbände, Tabak- und Alkohol Vertreiber, etc.)
Bei Corona musste halt alles schnell gehen (lest mal die ersten 10-15 Seiten dieses Threads durch und versetzt euch in die Rolle eines Entscheidungsträgers). Entstanden sind Prozesse und Resultate, deren Umsetzung normalerweise Jahrzehnte oder länger dauern würden, und es wurden und werden (logischerweise) Fehler gemacht. Das Gewöhnungstier Mensch wurde auf dem falschen Fuss erwischt. Das, kombiniert mit den einschneidenden Massnahmen über eine lange Zeit, schürt Emotionen und polarisiert.
Ich lese hier gerne mit und die verschiedenen Meinungen und "Fakten" helfen mir bei meiner persönlichen Meinungsbildung. Stammtisch halt. Über das Thema "meine Fakten VS deine Fakten" habe ich schon geschrieben. Die Wahrheit findet sich meistens irgendwo in der Mitte und ja, das gute Ego spielt halt vor allem auch auf einem Onlineforum mit. Wer möchte schon öffentlich zugeben, dass man auch mal falsch lag? Es ist mühsam zu sehen, wie sich langjährige Kollegen angreifen und es ist halt schon auch ein Bisschen ein trauriges Spiegelbild, wie sich unsere Gesellschaft polarisiert hat.
Zum Einstein Vergleich:
Heutzutage kann sich jeder und jede mit Hilfe von YouTube Videos, Twitter, und was weiss ich was für Quellen seine eigene Realität zusammen basteln. Beispiele gefällig?
- Ca. 25% der Amerikaner glauben daran, dass Trump die Präsidentschaftswahl im 2020 gewonnen hat.
- Ca. 20% der Amerikaner glauben daran, dass die COVID Impfung einen Microchip enthält
- Ca. 20% der Amerikaner glauben nicht an den menschengemachten Klimawandel
Der wissenschaftliche Konsens ist liegt bei all diesen Themen bei 99%+ und trotzdem halten sich diese "alternativen" Meinungen trotz "Mainstream" ziemlich wacker. Gut so, sagt man als Förderer der freien Meinungsbildung (ich). Fragwürdig bezüglich der Fähigkeit unserer Spezies, sich noch einige hundert Jahre am Leben zu erhalten (auch ich).
Zurück zu Einstein: der Grossteil der Mathematiker/Physiker (der Experten) hat die Relativitätstheorie nicht angezweifelt. Das es 100 Autoren (!) und andere gab, die das aus verschiedensten (und zuweilen ziemlich miesen) Motiven taten, ist aus der oben beschriebenen Sicht nicht wirklich überraschend. Das aber gerade dieses Beispiel benutzt wird, um den Punk "Ein Erleuchteter gegen Millionen von Schäfchen" und "Wissenschaft VS Politik" zu unterstreichen, ist in diesem Kontext an Ironie kaum zu überbieten.
Ich hoffe natürlich, mit dieser Aussage kein Ego gekränkt zu haben.
Was ich glaube: fast niemand in diesem Forum ist Fan von "Corona Tickern" mit täglichen Fall- und Todeszahlen und wir alle haben diese Form von Berichterstattung und die Massnahmen gestrichen Satt. Viele finden es aber wahrscheinlich auch fraglich, wenn Artikel gepostet werden die Behaupten, dass die Pandemie ohne PCR-Tests niemandem aufgefallen wäre.
Zwischen diese Spektren gibt es einen viel grösseren Konsens, als es diese Diskussion hier zu vermitteln vermag. Auf diesem Konsens aufzubauen wäre sicherlich nicht schlecht. Die Polarisierung hilft am Schluss nur den einen, denen wir definitiv nicht zu noch mehr Gehör verhelfen möchten.