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Alles anzeigenUnsicherheit als Erfolgsrezept Tabellenführer ZSC spielt Linien-Roulette
Die ZSC Lions stehen als Qualifikationssieger fest und befinden sich entsprechend in einem Vakuum. Coach Marc Crawford schürt die Unsicherheit mit System.
Publiziert heute um 09:16 Uhr
Das Logo im Mund: Chris Baltisberger mit dem ZSC-Zahnschutz.
Foto: Claudio Thoma (Freshfocus)
Die ZSC Lions dürfen zum Abschluss der Regular Season zweimal mit identischer Ausgangslage üben: Während die Zürcher von Rang 1 nicht mehr verdrängt werden können, ist der Gegner auf einen Sieg angewiesen, um ins Playoff- respektive Play-in einziehen zu können. Teil eins am Samstag in Davos ging schief, der ZSC verlor gegen die Bündner, die sich einen Top-6-Rang sicherten, trotz früher 2:0-Führung mit 2:4. Am Montag reisen nun die SCL Tigers für ihr Spiel der letzten Chance zum ZSC.
«Schade, haben wir diese Challenge nicht gepackt», sagte Patrick Geering in Davos. «Ein 2:3-Rückstand nach 40 Minuten, und du musst dich zurückkämpfen – das ist eine Situation, die es im Playoff auch geben wird, es war ein guter Test.» Als einziges Positivum konnte das Team damit nur das gute Startdrittel gegen zu Beginn nervöse Davoser notieren.
Davos - ZSC 4:2 (0:2, 3:0, 1:0)
6547 Zuschauer.
Tore: 4. Weber (Rohrer, Balcers) 0:1. 6. Grant (Frödén) 0:2. 21. (20:52) Rasmussen (Ambühl, Corvi/Ausschluss Zehnder) 1:2. 28. (27:29) Rasmussen (Fora, Jung) 2:2. 38. Dominik Egli (Corvi, Stransky) 3:2. 59. (58:56) Nordström (Dominik Egli/ins leere Tor) 4:2.
Strafen: Davos keine. ZSC 4-mal 2 Minuten.
ZSC: Zumbühl; Weber, Phil Baltisberger; Lehtonen, Geering; Trutmann, Harrington; Kukan; Chris Baltisberger, Rohrer, Bodenmann; Riedi, Sigrist, Schäppi; Frödén, Grant, Hollenstein; Andrighetto, Malgin, Balcers; Zehnder.
Bemerkungen: Davos ohne Mustonen (überzählig), Hammerer, Schneeberger, Knak, Prassl. ZSC ohne Marti, Lammikko (verletzt). – 16. Lattenschuss Trutmann. 29. (28:15) Lattenschuss Corvi. – 22. (21:53) Gredig verletzt ausgeschieden. – ZSC von 58:04 bis 58:56 und von 59:10 bis 60:00 ohne Goalie, mit 6. Feldspieler. 58:48 Time-out ZSC.
«Wir spielten unbeschwert, während sie den Stock wohl etwas zu fest in den Händen hielten», fasste der ZSC-Captain die ersten zwanzig Minuten zusammen. Aus dem Rest müsse die Mannschaft lernen: «Danach gewährten wir zu viele Konter und liessen jene Intensität vermissen, die es gegen diesen HCD gebraucht hätte.»
Und wieder wird alles umgestellt
In solchen Situationen stellen sich stets Fragen: Wie weit sah man in Davos den wahren ZSC? Wie sehr wurde er von der unterschiedlichen Ausgangslage der beiden Teams beeinflusst? Einer, der das Spiel auch zu einem Test nutzte, war Marc Crawford. Wobei der ZSC-Trainer dieses Spielchen eigentlich seit Monaten spielt: Drei seiner vier Sturmlinien waren anders als auf dem Matchblatt angekündigt, wie immer erfuhren auch seine Angreifer erst im letzten Moment, wer mit wem spielt.
Während bei Crawfords Linien meist zumindest drei Konstanten mit je einem Center/Flügel-Paar zu finden sind, gab es in Davos mit Malgin/Balcers nur eine. Grant und Rohrer nahm er auseinander – Lammikko/Frödén war nicht möglich, da sich der Finne am Donnerstag in Zug beim Warm-up verletzt hatte. Ob er fürs Playoff bereit sein wird, ist genauso offen wie bei Verteidiger Marti, der sich im selben Spiel eine Verletzung an der Hand zuzog.
Nach einem Slapshot von EVZ-Stürmer Andreas Eder trifft der Puck den ZSC-Verteidiger an der Hand.
Video: Mysports
Einer der vielen weiteren ZSC-Stürmer, die nie einem fixen Duo angehörten und entsprechend in der Aufstellung hin und her rotierten, ist Chris Baltisberger. Auf dem Matchblatt in Davos als 13. Stürmer aufgeführt, stand er dennoch beim ersten Bully auf dem Eis. Am Ende war es aber seine Linie mit Bodenmann und Rohrer, die am wenigsten Eiszeit erhielt – die Wege Crawfords sind unergründlich.
Mit diesem unorthodoxen Coaching hat der Kanadier die Qualifikation souverän gewonnen – der Erfolg gibt ihm also recht. Selbstverständlich ist das nicht: Seit 2020 war der ZSC nie mehr Qualifikationssieger. Man könnte das Wirbeln der Linien durch Crawford als Mittel betrachten, damit die Spieler stets auf Trab bleiben.
Den Gegner gestoppt: ZSC-Captain Patrick Geering verhindert gemeinsam mit Goalie Robin Zumbühl einen Treffer des Davosers Joakim Nordström.
Foto: Roger Albrecht (Freshfocus)
Baltisberger will dieses Argument nicht gelten lassen: «Als ambitionierter Athlet, der sich stetig verbessern will, solltest du dich selbst auf Trab halten können, das ist eine rein mentale Angelegenheit.» Aus der Sicht eines «Betroffenen» beschreibt er die ständigen Wechsel so: «Du musst stets gefasst sein auf alles und dich auf dein Spiel konzentrieren. Alles andere kannst du nicht beeinflussen. Das ist eine rein mentale Leistung, sie hat nichts mit der Physis zu tun.»
Es gibt dabei nicht nur Vorteile: Automatismen einzelner Linien entstehen so kaum, und die Spieler stehen unter zusätzlichem Druck, keine Wechselfehler zu begehen – gegen Davos klappte Letzteres nicht, der HCD schoss sein erstes Tor im Powerplay, das wegen zu vielen Zürchern auf dem Eis zustande gekommen war. «Mit diesem zusätzlichen Stress umgehen zu können, musst du zunächst lernen», sagt Baltisberger.
Ob Crawford im Playoff auf fixe Linien umstellen wird? Dies wird man erst zu Beginn des zweiten Viertelfinalspiels herausfinden. Die Antwort kennt nur der Trainer, auch seine Spieler lässt er weiterhin in der Schwebe. In einem Gespräch mit dieser Redaktion sagte er vor gut einem Monat: «Ich habe mir keine exakte Deadline notiert, nach der ich auf fixe Linien umstelle.»
Schön gesagt, bzw. geschrieben: Der Erfolg gibt ihm z.Z. Recht, keine Frage. Aber ....... mal schauen ob er das in den PO's auch so extrem
durchziehen wird. Ich hoffe, bzw. glaube, kaum. Wir werden's sehen.