wieder emal zürcher stadion frag...

  • die etwas andere sicht auf das stadion, nzz am sunntig:

    Wer etwas will, muss auch etwas geben

    Die Zürcher streiten sich über ein neues Hardturm-Stadion. Dabei übersehen sie das Potenzial, das es für die Weiterentwicklung ihrer Stadt bietet, wenn es richtig umgesetzt wird. Von Gerhard Mack 

    Eine Fotografie vor dem Zürcher Rathaus symbolisiert die Situation in der Stadt: Da stehen sich Anhänger und Gegner des geplanten Zürcher Fussballstadions auf beiden Strassenseiten gegenüber. Unversöhnlich, durch die Tramschienen voneinander getrennt wie durch einen reissenden Fluss. Die Stadt ist in der Frage gespalten, der Riss geht quer durch die Parteien und sozialen Schichten. Jeweils etwa die Hälfte der Bevölkerung ist für oder gegen das Grossprojekt. Wie der Volksentscheid im November ausgeht, ist völlig offen, seit die SP sich gegen ihre Stadtpräsidentin gegen die geplante private Finan­zierung des Projekts ausspricht. Wieder einmal droht in Zürich ein grosses Bauvorhaben zu scheitern und der schier endlose Kampf um ein Fussballstadion in eine weitere Runde zu gehen.

    Die Befürworter wollen endlich ein Stadion, das den Gegebenheiten des Fussballs entspricht: In ihm sind die Fans nahe am Spielfeld platziert, es hat entsprechend steile Ränge, die nicht durch eine Laufbahn vom Rasen getrennt sind, so wie man es von den klassischen englischen Stadien her kennt und wie es seit dem neuen St.Jakob-Stadion in Basel von 2002 auch bei den Schweizer Neubauten längst zum Standard geworden ist. Fussball zählt zur Identität von Zürich, der Sport muss sich feiern können, die beiden Klubs brauchen eine Heimat. Nur in einem dem Fussball gewidmeten Stadion wird dieser zum Ereignis, wie die Ereignisgesellschaft es einfordert, soll sich jemand für etwas begeistern. Das Letzigrund-Stadion ist für die Bedürfnisse der Leichtathletik ausgelegt und kann diejenigen des Fussballs nicht bestmöglich erfüllen.

    Dem halten die Gegner eine ganze Palette von Einwänden entgegen: Den einen fehlen bei den beiden Klubs die sportlichen Voraussetzungen für eine solche Investition, und sie glauben nicht, dass ein neues Stadion sie in eine andere sportliche Umlaufbahn bringen könnte, die mit dem europäischen Klubfussball verbunden ist. Dann gibt es diejenigen, die aus lauter Liebe zu ihrem Zürich jede Veränderung mit Argusaugen beobachten und bekämpfen. Gegen jeden Turm laufen sie Sturm, als wäre die Veränderung der Stadtsilhouette ein Verbrechen und die Identität der Stadt nur als gebautes Museum, man könnte auch sagen Mausoleum, zu erhalten. Dass diese oft bürgerlichen Kreise sonst wirtschaftsliberal denken, hindert sie nicht am Protest gegen Bauvorhaben, wenn die eigene Aussicht betroffen ist. Und seit kurzer Zeit sind da noch diejenigen Kräfte der Zürcher SP, die glauben, ein solches Stadion liesse sich kostengünstiger ganz von der Stadt selbst bauen. Ihnen sind die beiden Türme mit Wohnungen im mittleren Preissegment ein Dorn im Auge, mit denen die Investoren CS und HRS das Stadion querfinanzieren wollen.

    Man muss keiner der beiden Seiten angehören, um zu sehen, dass Kritik und Begehren nicht einfach Bekenntnisse zweier sturer Lager sind, die sich festgebissen haben. In ihnen spiegelt sich vielmehr die Ambivalenz des Projekts: Es beinhaltet Chance und Gefahr zugleich. Deutlich wird dies vor allem, wenn man den Blick auf den Entwurf lenkt, den die Architektengemeinschaft Pool Architekten, Caruso St. John und Boltshauser Architekten entwickelt haben, und seine urbanistische Qualität befragt. Auf einer Parzelle von 50 000 Quadratmetern sollen 173 Genossenschaftswohnungen, ein Fussballstadion für 18 000 Zuschauer und zwei Türme mit 570 Wohnungen und Gewerberäumen gebaut werden.

    Die traurigste Ecke von Zürich

    Die Schwierigkeiten beginnen mit der Lage. Gewiss, das neue Stadion soll an dem Ort entstehen, wo das alte eine lange Tradition gestiftet hat. Das Hardturm-Areal liegt aber auch in Zürich-West. Und dieses Quartier ist neben Oerlikon vielleicht die schwierigste und traurigste Ecke von Zürich. Der Stadtteil hat sich von einer zunächst grossen Hoffnung zum Paradebeispiel für eine unglückliche Quartierentwicklung gewandelt. Wo man ein Zürich des 21. Jahrhunderts hätte entwerfen können, reiht sich Volumen an Volumen. Maximale Ausnutzung, architektonische Einfallslosigkeit und autistische Beschränkung der Bauherren auf die jeweils eigene Parzelle bestimmen den Charakter. Dabei ist es ganz gleich, ob es sich um Hotels, Bürobauten, Wohnblöcke oder um die ­Zürcher Hochschule für Gestaltung handelt: Die Stadt hat es versäumt, hier Vorgaben zu erlassen, die das durchaus gewünschte Engagement privater Investoren zu einer Gesamtheit werden lassen. Aus den alten Industriearealen ist kein neues urbanes Zen­trum entstanden. Der öffentliche Raum ist nurmehr Verkehrs- und Restfläche. Dort geht man hin, wenn man etwas zu erledigen hat, und ist froh, wenn man wieder ins Tram steigen kann. Wer seinen Blues ausleben will, kann dort sonntags spazieren gehen.

    St.Gallen zeigt die Gefahren

    Das Hardturm-Areal ist in diese Situation eingebunden. Es schliesst eine Folge von Grossüberbauungen ab und wird von den Verkehrsachsen der Pfingstweid- , der Berner- und der Förrlibuckstrasse begrenzt. Die Gefahr liegt nun darin, dass auch das neue Projekt mit seinen drei Elementen Genossenschaftswohnungen, Stadionkörper und Wohntürme als weiteres Grossvorhaben an die bestehenden Volumen gereiht wird, ohne die Umgebung einzubeziehen.

    Was dabei herauskommt, kann man am Stadion sehen, das 2008 im Westen von St. Gallen eröffnet wurde. Die Stadt stellte damals ebenfalls eine Restfläche zwischen Autobahn und Einfallstrasse zur Verfügung, hoch verkehrsbelastet wie in Zürich und kaum sinnvoll für etwas anderes zu gebrauchen. Das St.Galler Stadion ist bei Spielern und Besuchern sehr beliebt, städtebaulich ist es jedoch gescheitert. Der Bau sitzt wie ein Insekt in der Landschaft, das auf dem Rücken liegt und hilflos mit den Beinchen strampelt. Jede Anbindung an die Umgebung fehlt. Die Chance, dem ausfransenden Westen der Stadt ein Zentrum zu geben, wurde nicht genutzt.

    So hat man mit dem Hauptmieter Ikea zwar einen Publikumsbringer gewonnen, die Shoppingmall-Atmosphäre, die die Läden im Stadion-Mantel bestimmt, macht den Bau aber zu einem Ort ohne Gesicht. Das Gefühl von Beliebigkeit bestimmt alles. Und nach aussen wurde das Stadion nicht als einla­dendes Stadttor gestaltet. Anreisende treffen auf eine grau-blaue Masse, die bestenfalls ankündigt, dass die Ostschweizer Metropole auch ein Hub für Ufos sein könnte.

    In einer Vermeidung dieser Fehler, in der Umkehrung eines solchen Denkens liegt die Chance der neuen Stadion-Überbauung für Zürich: Sie könnte zum Ankerpunkt einer Weiterentwicklung des städtebaulich so problematischen Quartiers Zürich-West werden und diesem ein Zentrum geben. Und sie könnte ein urbanistisches Gelenkstück schaffen. Die Brache liegt zwischen der City, Altstetten und, auf der anderen Limmat-Seite, Höngg. Hier wäre es möglich, die diffuse Zwischenlage für eine neue Ausrichtung der Stadt zu nutzen. Ein attraktives Zentrum könnte die Innenstadt entlasten und ihr einen weiteren städtischen Fokus zur Seite stellen. Das wäre ein Schritt weg vom zentralistischen Blick auf die Grossmünster-Türme hin zu einer multifokalen Stadt, die sich als Dialog zwischen verschiedenen Gesprächspartnern entwickelt und auf diese Weise an Vielfalt und Anziehungskraft gewinnt.

    Ungenutzte Möglichkeiten

    Diese neue Mitte könnte dann sehr wohl auch durch Hochhäuser markiert werden. Diese wären dann nicht nur Investorenprojekte, die eine maximale Ausnutzung anstreben, sie erhielten eine urbanistische Funktion, indem sie den neuen Drehpunkt der Stadt weithin sichtbar machen. Nicht zuletzt würden sie der Diskussion über das künftige Wachstum Zürichs einen Impuls geben.

    Damit das gelingt, sind zunächst einmal die Architekten mit einer Überarbeitung ihres Entwurfs gefordert. Wettbewerbsbeiträge sind zumeist Volumenstudien. Sie zeigen an, welche Masse die geplanten Bauten einnehmen und wie sie im Raum stehen könnten. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt in aller Regel erst nach der Freigabe der Planung. Dann erst wird entwickelt, wie die Fassade aussehen soll, welche Materialien verwendet werden, wie der Aussenraum gestaltet wird und wie die genaue Verwendung aussieht. So erinnern die beiden Türme in den bisherigen Visualisierungen mit ihren vertikalen Steinelementen eher an Wolkenkratzer aus dem New York der zwanziger Jahre oder an deren Revival am Potsdamer Platz in Berlin. Das wirkt rückwärtsgewandt und bedient eher die nostalgische Sehnsucht nach Metropolenfeeling als die Bedürfnisse des Ortes. An dem sehen die Volumen nämlich so schematisch aus, wie man es von den Türmen gewohnt ist, die in x-beliebigen Hollywood-Streifen das Downtown-Gefühl amerikanischer Städte vermitteln sollen: gross, gesichtslos, verloren. Ohne erkennbaren Kontakt zur Umgebung und ohne ersichtlich zu machen, was in ihnen stattfindet.

    Hier gibt es erkleckliches Potenzial. Zum einen was die Gestaltung und die Öffnung der Türme für eine allgemeine Nutzung in den unteren Geschossen anbelangt. Vor allem aber im Hinblick auf die Anbindung an die Umgebung. Das Hardturm-Areal hat sowohl die historischen Bernoulli-Häuser vis-à-vis wie auch die Sportanlagen des Hardturms. Unmittelbar gegenüber liegt ein Gewerbeareal, dann kommt die Limmat. Wieso hier nicht einen grossen Park anlegen, der vom Fussballstadion überleitet zu den Sportanlagen und zum Fluss? Ein solches Naherholungsgebiet könnte die neue Überbauung von ihrer Insellage erlösen und in den Stadtraum einbinden. Dieser würde mit dem Limmatufer eine besondere Qualität besitzen. Vielleicht wären sogar Badeanlagen möglich. Das würde für Leben sorgen, auch wenn keine Spiele stattfinden, also fast die ganze Woche über. Obendrein erhielten die Bewohner der Türme wie der Genossenschaftswohnungen einen öffentlichen Garten. Und es gäbe mehr Raum, in dem sich eine Stadion-Kultur einnisten kann, wie die Fans sie brauchen und die sich beim Letzigrund-Stadion über Jahre mühsam entwickelt haben.

    Beim neuen Stadion-Projekt gilt wie überall der alte Grundsatz: Wer etwas will, muss auch etwas geben. Statt über Stadion Ja oder Nein zu streiten, sollte die Bevölkerung fordern, dass dieses Projekt die Entwicklung der Stadt voranbringt und allen eine neue Qualität bietet, egal, ob sie sich für Fussball interessieren oder nicht. Dann haben die Türme, das Stadion und die Genossenschaftswohnungen eine öffentliche Funktion, sie werden zur Sache aller. Und die sollten auch alle unterstützen.


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    NieUsenandGah

    • Offizieller Beitrag

    Den Artikel aus der NZZ würde ich eher im Hochparterre suchen, der Mann ist ein Träumer. Auch seine Kritik am Stadion in St. Gallen kann ich kaum nachvollziehen, wie gesagt: Träumer!

    Interessant finde ich die Umfrage zum Stadion im 20 Minuten: Nur blöd das die Klicks wohl aus der ganzen CH kommen und/oder von Leuten die dann nicht mal abstimmen....

    • Offizieller Beitrag

    FCZ-Präsident: «Ein SP-Stadion, das vom Steuerzahler finanziert wird, wollen wir nicht»

    Die Zürcher Fussballklubs stehen vor einer Schicksalsabstimmung. FCZ-Präsident Ancillo Canepa und GC-Präsident Stephan Anliker weibeln für das geplante Stadion auf dem Hardturm. Der SP werfen sie «Fake-News» vor.

    Daniel Fritzsche (NZZ)


    Herr Anliker und Herr Canepa, Sie sagen, für die Zürcher Fussballklubs gehe es bei der bevorstehenden Stadionabstimmung um alles oder nichts. Malen Sie da nicht zu schwarz?

    Stephan Anliker: Leider nein. Seit über fünfzehn Jahren haben wir gegenüber unserer Konkurrenz einen riesigen Wettbewerbsnachteil. Wir spielen in einem Stadion (im Letzigrund, Anm. d. R.), das nicht primär für den Fussball, sondern für die Leichtathletik konzipiert wurde.

    Ancillo Canepa: Ein Leichtathletikstadion, das wir notabene nicht selber betreiben können! Wir zahlen eine hohe Miete, können aber nur sehr beschränkt an den Einnahmen teilhaben. Kein anderer Profiklub in der Schweiz hat derart schlechte Rahmenbedingungen. Immer wieder schreiben wir deswegen hohe Defizite.

    Bitte werden Sie konkret.

    Canepa: Bei uns sind es strukturell bedingt 5 bis 7 Millionen Franken im Jahr. Das ist Geld, das uns fehlt. Nicht etwa weil wir es wegen überhöhter Saläre oder dergleichen aus dem Fenster werfen würden, sondern weil wir bis heute auf ein echtes Fussballstadion warten, das die entsprechenden Einnahmen generieren kann.

    Anliker: Bei uns sieht es ähnlich aus.

    Canepa: Als ich 2006 zum Präsidenten gewählt wurde, teilte man mir mit: In drei Jahren hat der FCZ ein neues Fussballstadion. Unterdessen sind zwölf Jahre vergangen. In der Zwischenzeit mussten Privatpersonen laufend hohe Beträge einschiessen; insgesamt einen beträchtlichen zweistelligen Millionenbetrag. Irgendwann ist der Wille zum einseitigen Mäzenatentum erschöpft.

    Ihnen geht es also vor allem um das eigene Portemonnaie, wenn Sie für das neue Stadion kämpfen?

    Canepa: Der FCZ ist ein KMU. Eines, das nicht gewinnorientiert wirtschaftet – aber eben auch nicht verlustorientiert. Wir wären nur schon froh, wenn wir die hohen Kosten, etwa für unsere 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, einigermassen selber finanzieren könnten.

    Anliker: Unsere strukturellen Defizite können wir heute bloss durch Erfolge in den europäischen Wettbewerben decken – wie derzeit der FCZ – oder dann durch gute Transfers und private Einschüsse. Gerade die privaten Geldgeber brauchen aber eine Perspektive. Fällt das neue Stadion weg, dann fehlt diese. Wir brauchen ganz klar bessere Rahmenbedingungen mit einem Fussballstadion. Das ist in jeder anderen grösseren Stadt so, zum Beispiel in Basel, Bern, St. Gallen und Luzern.

    Und mit dem neuen Stadion würde dann auf einen Schlag alles besser?

    Canepa: Es ergäben sich neue Einnahmequellen für uns – sei es durch das Catering, Business-Seats, den Biervertrag oder die Vergabe der Namensrechte für das Stadion. Zudem fielen Kosten weg, die wir heute beim Letzigrund haben, zum Beispiel die Stadionmiete. Insgesamt rechnen wir mit einem Plus von mindestens 5 Millionen Franken pro Jahr und Klub. Auch gehen wir davon aus, dass die Zuschauerzahlen steigen werden. Ich rechne für die FCZ-Spiele mit einem Schnitt von 15 000 Besuchern.

    «Wir würden nie leichtfertig budgetieren, glauben Sie mir. Sonst würden wir uns selber betrügen.» (Stephan Anliker)

    Das ist aber sehr optimistisch. Letzte Saison waren es bei Ihnen knapp 11 000 Zuschauer, bei GC rund 7000.

    Canepa: Ein modernes Stadion bringt automatisch mehr Fans. Das zeigen alle Vergleiche im In- und Ausland.

    Anliker: Und mehr Fans, mehr Atmosphäre, mehr finanzielle Möglichkeiten bringen dann auch bessere sportliche Leistungen. Bei GC gehen wir neu von 9000 bis 10 000 Zuschauern pro Heimspiel aus. Ich betone: Unsere Klubs sind nicht gewinnorientiert. Jeder überzählige Franken wird in den Sport reinvestiert, zum Beispiel in den Nachwuchs.

    Canepa: Ein reines Fussballstadion würde uns dank der Akustik und der Nähe der Fans zum Spielfeld zu 10 bis 15 Punkten mehr in der Meisterschaft verhelfen.

    Dann müssten sich YB und der FC Basel aber warm anziehen . . .

    Anliker (lacht): Ja, klar. Es wäre viel mehr möglich als heute.

    Aber ernsthaft: Ihre Prognosen scheinen doch stark vom Prinzip Hoffnung geleitet zu sein. Wenn die Zürcher Klubs schlecht spielen, bleiben die Zuschauer weg – tolles Stadion hin oder her.

    Anliker: Wir brauchen den sportlichen Erfolg, das ist klar. Aber mit einem neuen Stadion – einem echten Hexenkessel – ist dieser leichter zu erreichen als mit einem Leichtathletikstadion.

    Canepa: Unsere Budgets sind eher konservativ und ausgesprochen realistisch erstellt.

    Anliker: Wir sind beide Unternehmer und müssen genau rechnen. Wir würden nie leichtfertig budgetieren, glauben Sie mir. Sonst würden wir uns selber betrügen.

    Garantieren Sie heute, dass die Stadt künftig im Zusammenhang mit dem Stadion keine finanziellen Verpflichtungen mehr haben wird?

    Canepa: Bau und Betrieb des Stadions kosten die Stadt keinen einzigen Rappen.

    Anliker: Zudem bekäme der Leichtathletik-Club Zürich das Stadion, das man ihm vor Jahren versprochen hat – für Trainings unter der Woche und Veranstaltungen. Der Letzigrund könnte endlich seinen ursprünglichen Zweck erfüllen.

    Und auf dem Hardturm würde dann der Kommerz regieren. Für einen tiefen Millionenbetrag sollen zum Beispiel die Namensrechte für das neue Stadion vergeben werden. Kommt in einer CS-Arena oder einem HRS-Tempel wirklich Stimmung auf?

    Anliker: Auch unseren Fans ist bewusst, dass man für eine gute Mannschaft und eine gesunde Entwicklung stabile Einnahmen braucht. Die Nutzung der Namensrechte trägt dazu einen wichtigen Anteil bei.

    Canepa: Einerseits verstehe ich die Fussballromantiker. Ich bin ja selber einer. Wenn es aber heutzutage darum geht, einen Profifussballklub am Leben zu erhalten, muss man Kompromisse eingehen. Ein gewisses Mass an kommerziellem Denken ist nötig, um den Spitzenfussball inklusive Nachwuchs finanzieren zu können.

    Was, wenn das Projekt an der Urne scheitert? Ziehen Sie sich dann aus Ihren Klubs zurück?

    Canepa: Ich habe keinen konkreten Plan B. Allenfalls gibt es einen Plan C, den ich hier aber nicht kommentieren möchte. Sicher käme es zu einem strategischen Marschhalt. In welche Richtung die Weichen gestellt werden, ist aus heutiger Sicht ungewiss.

    Anliker: Die Lage würde sehr, sehr ungemütlich.

    Wäre ein Plan C die Fusion Ihrer Klubs zu einem «Zürich United»?

    Canepa: Das ist kein Thema. Natürlich gäbe es finanzielle Argumente, die für eine Fusion sprechen würden. Aber GC und der FCZ haben ihre eigene Geschichte und Tradition. Wir sind keine seelenlosen Firmen, sondern Emotionsträger. Das ist eine grosse Qualität, an der ich nicht rütteln möchte. Zürich ist übrigens nicht die einzige Stadt der Welt, in der zwei Klubs nebeneinander existieren.

    Anliker: Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft. Eine Fusion ist gegenwärtig nicht denkbar. Zudem würde dann ja einer von uns beiden arbeitslos, das wollen wir nicht (beide lachen).

    Ein Plan C könnte ja auch die Initiative der SP sein, die ein steuerfinanziertes Stadion für 130 Millionen Franken vorsieht.

    Canepa: Das ist eine Schlaumeierei. Die SP stand am Anfang klar für das Stadionprojekt ein, wie es nun aufgegleist ist und Ende November zur Abstimmung kommt. Dass sie kurz vor Spielschluss die Spielregeln ändert, ist unsportlich. Ein SP-Stadion, das vom Steuerzahler finanziert wird, wollen wir nicht und werden wir nicht unterstützen.

    Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, heisst es doch.

    Canepa: Vor fünf Jahren hat die Zürcher Stimmbevölkerung ein öffentlich finanziertes Stadion abgelehnt. Das haben wir damals respektiert. Das neue Projekt ist komplett privat finanziert und kostet die Stadt nichts. Es bringt 299 gemeinnützige Wohnungen und 600 weitere Wohnungen. Und dank den beiden Hochhäusern entsteht ein echtes Stadttor für Zürich. Heute hat man das Gefühl, irgendwo in einer Provinzstadt in Rumänien anzukommen, wenn man an der Hardturm-Brache entlangfährt. Mit der SP-Initiative gewinnen wir gar nichts. Es würde zu einer weiteren Verzögerung von mindestens acht Jahren kommen. Das ist für uns definitiv keine Alternative.

    Anliker: Die Perspektive für unsere Fussballklubs wäre dahin. Ausserdem sind die Berechnungen und Argumente, welche die SP vorbringt, um im Jargon von Jacqueline Badran zu bleiben, schlicht «Bullshit».

    Canepa: Oder Fake-News. Das angedachte SP-Stadion dürften wir ja wieder nicht selber betreiben. Damit fehlten uns Einnahmen, und wir hätten wieder dieselbe Situation wie heute auf dem Letzigrund. Das funktioniert einfach nicht. Das Projekt «Ensemble», das in einem Monat zur Abstimmung kommt, ist das letzte Stadionprojekt, das es in Zürich auf absehbare Zeit geben wird.

    Gerade FCZ-Fans sind aber nicht nur begeistert vom «Ensemble». Für sie ist der Hardturm historisches GC-Territorium und damit verbrannte Erde.

    Canepa: Ich kann diese Argumentation nicht wirklich nachvollziehen. Im alten Letzigrundstadion hatten wir tatsächlich schöne Momente. Aber im neuen sehe ich keinerlei Vorteile, keinerlei Identität für den FCZ. Wir spielen dort Fussball, fühlen uns aber auch nicht daheim. Dann sind mir die Erinnerungen an das alte Hardturmstadion, wo wir 2007, ein Jahr vor dem Abriss, nicht zuletzt dank der tollen Atmosphäre Schweizer Meister wurden, viel lieber.

    Anliker: Von unserer Basis höre ich nichts Negatives. Man hofft schlicht darauf, endlich wieder in einem echten Fussballstadion spielen zu dürfen.

    Sie sprechen jetzt von Ihren Fans. Der grossen Mehrheit der Zürcherinnen und Zürcher ist der Fussball aber herzlich egal. Anders als Basel ist Zürich nun einmal keine Fussballstadt.

    Anliker: Die Konkurrenz durch andere Sport-, Kultur- und Freizeitangebote ist in Zürich tatsächlich gross. Aber natürlich ist Zürich auch eine ausgesprochene Fussballstadt. Das zeigt die lange, erfolgreiche Tradition unserer Vereine und der vielen Quartierklubs der Stadt.

    Canepa: Das Interesse am Zürcher Fussball ist ausgesprochen gross. Allein schon das Einzugsgebiet von 1,5 Millionen Menschen zeigt das grosse Potenzial. Ausserdem ist Zürich die Wirtschaftsmetropole der Schweiz. Heute ist der Anreiz, sich Spiele im Letzigrund anzuschauen, aus atmosphärischen Gründen gering. Mit einem neuen Stadion, einem neuen Zuhause, wäre dies anders. Vergessen Sie zudem nicht das Wertschöpfungsvolumen, das wir generieren. Diverse Wirtschaftszweige, von der Gastronomie über die Hotellerie bis zur Werbewirtschaft, profitieren von Umsätzen in der Höhe von jährlich 50 Millionen Franken – allein dank dem Spielbetrieb des FCZ.

    Anliker: Erwähnen muss man auch unser Engagement für die Jugend, die Integration und soziale Aspekte. Das kommt der ganzen Gesellschaft, nicht nur den Fussballfans zugute.

    Canepa: Alle sehen immer nur den Profifussball. Aber die tausend Juniorinnen und Junioren, die wir gemeinsam ausbilden und betreuen, gehen vergessen. Diese Förderung kostet uns noch einmal mehrere Millionen jährlich.

    Aber sind es nicht die kleinen Vereine, die für die Nachwuchsförderung viel wichtiger sind als die elitären Klubs FCZ und GC?

    Anliker: Wir sind ganz sicher nicht elitär. Dennoch: Ohne Spitze der Pyramide gibt es auch keine Breite weiter unten. Dessen muss man sich bewusst sein.

    Sie streichen die positiven Seiten heraus. In der Öffentlichkeit sind andere Bilder präsenter, wenn es um den Zürcher Fussball geht: Saubannerzüge von Hooligans, Strassenschlachten, Verletzte.

    Canepa: Leider. Aber all dies hat nichts mit dem neuen Stadion zu tun. Diese Art der Gewalt ist ein Problem unserer Gesellschaft und muss als solches behandelt werden.

    Anliker: Die Stadt Zürich hat dies erkannt. Und wir unterstützen alles, um gemeinsam Fortschritte erzielen zu können.

    Trotzdem könnten Sie mehr tun. Die Polizei geht von 100 bis 200 gewaltbereiten FCZ- und GC-Fans aus. Ihnen müssen diese doch bekannt sein.

    Anliker: Eben nicht. Wir tappen genauso im Dunkeln wie die Polizei.

    Canepa: Darum prüfen wir zusammen mit der Stadt neue Möglichkeiten der Identifikation, etwa mittels Videoüberwachung.

    Verbessert oder verschärft das neue Hexenkessel-Stadion die Sicherheitslage?

    Anliker: Bei allen neuen Stadien hat die Sicherheit oberste Priorität. Auch in diesem Bereich gäbe es klare Verbesserungen.

    Canepa: Gerade das Letzigrundstadion ist bezüglich Sicherheit problematisch. Wegen der durchlässigen Stadionwand ist es heute ein Leichtes, Pyros hineinzuschmuggeln. Das wird im neuen Stadion nicht mehr möglich sein.

    Bis auf weiteres bleibt Ihnen der ungeliebte Letzigrund erhalten. Herr Anliker, am Abstimmungssonntag tritt Ihr GC gegen St. Gallen an. Werden Sie sich dann überhaupt auf das Spiel konzentrieren können?

    Anliker: Ich werde sicher wie auf Nadeln sitzen. Das Abstimmungsresultat wird für die Zukunft unseres Klubs wichtiger sein als das Matchresultat gegen St. Gallen. Als Präsident muss ich langfristig denken. Aber natürlich wäre ein doppelter Sieg am 25. November das Allerschönste.

    Canepa: Ich werde im Stadthaus sein und die Abstimmungsresultate vor Ort verfolgen. Und hoffentlich können wir dann gemeinsam auf eine positive Zukunft anstossen.

    • Offizieller Beitrag

    Gutes Interview, bzw. gute, kritische und faire Fragen!
    Die Antworten der beiden Präsis sind ok, mehr kann man nicht erwarten.

    Interessant: Gem. einer repräsentativen Umfrage von DRS3 (höre ich sonst eher selten) in der Stadt Zürich,
    soll z.Z. eine Mehrheit für das Stadion sein. Weiss nicht mehr was die Prozente gewesen sind. Aber 18% seien
    noch unentschlossen, eine relativ hohe Zahl.........

  • Zitat von ZSColin

    Gutes Interview, bzw. gute, kritische und faire Fragen!
    Die Antworten der beiden Präsis sind ok, mehr kann man nicht erwarten.

    Interessant: Gem. einer repräsentativen Umfrage von DRS3 (höre ich sonst eher selten) in der Stadt Zürich,
    soll z.Z. eine Mehrheit für das Stadion sein. Weiss nicht mehr was die Prozente gewesen sind. Aber 18% seien
    noch unentschlossen, eine relativ hohe Zahl.........


    Trotz Polit-Wirren: Mehrheit der Zürcher will neues Fussballstadion

    https://www.tagesanzeiger.ch/25013314


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    NieUsenandGah

    • Offizieller Beitrag

    Ancillo Canepa ist vom FCZ besessen. Jetzt spielt er für seinen Klub das Spiel seines Lebens

    Seit 12 Jahren wartet der Präsident des FC Zürich auf ein echtes Fussballstadion. So lange schon finanziert er seinen Klub aus eigener Tasche. Warum tut er sich das an? Er hat noch einen letzten Versuch, sein Ziel zu erreichen. Es geht um alles oder nichts.

    von Sacha Batthyany (NZZaS)

    Er nimmt Anlauf, wie bei einem Elfmeter, zwei, drei schnelle Schritte, und springt dann auf die Bühne, statt die Stufen zu nehmen, wie es seinem Alter entspräche. Aber Ancillo Canepa hat sich nie um Konventionen geschert. «Wir sind heute alle hier», sagt der Präsident des FC Zürich, «weil wir uns in Zürich ein richtiges Fussballstadion wünschen.» Pause. «Einen Hexenkessel.»

    Es ist Ende September, der Abstimmungskampf um das Stadion ist in der entscheidenden Phase, in zwei Wochen wird abgestimmt. Es geht um alles oder nichts. Um eine vielleicht goldene Ära in einer neuen Spielstätte, mit der er die Zukunft seines Klubs sichern kann. Oder um Canepas bitterste Niederlage und möglicherweise auch den Beginn seines Ausstiegs aus dem Fussballgeschäft.

    Wer ist dieser Mann, der freiwillig jedes Jahr Millionen in eine Mannschaft investiert, die in den vergangenen Jahren in der Liga meist in der Mitte der Tabelle herumdümpelte und auch einmal abstieg und die in Europa kaum jemand kennt? Wieso tut man sich diesen Wahnsinn an, opfert seine ganze Zeit, sein Vermögen und seine Gesundheit diesem Klub, um dann im Nieselregen vor halbleeren Rängen seine Wochenenden zu verbringen?

    Auszug aus dem Eisschrank

    Der Auftritt Canepas an diesem Abend wurde als Fan-Talk angekündigt. Er ist 65 Jahre alt, doch aus seinem Gesicht blitzt etwas Jugendliches, dazu passen seine Turnschuhe, die Jeans mit leichtem Schlag, seine Art zu reden; er ist kein Mann mit Allüren, der sich als Mäzen inszeniert und die Nähe zur Macht sucht. Canepa ist vor allem eines: ein Fan.

    Er beklagt die «fehlende Atmosphäre» im Letzigrund, in dem sein FCZ heute seine Heimspiele bestreitet, «diesen Eisschrank», in dem der Wind pfeife und keine Stimmung aufkomme. «Gebt uns eure Stimme», sagt er und bittet die Fans um ihre Hilfe.

    Canepa sorgt sich, es könnte finanziell «sehr eng» werden, falls das neue Stadion nicht gebaut würde, von dem er sich mehr Zuschauer erhofft, mehr Einnahmen aus Catering und Vermarktung und natürlich mehr sportlichen Erfolg. Das eine ergibt in der Logik Canepas das andere, eine Kettenreaktion, die mit dem Spatenstich für die neue Arena begänne und an deren Ende die Champions League stünde.

    «Beispiele anderer Städte zeigen», sagt Canepa, der immer ins Hochdeutsche wechselt, wenn er etwas wirklich wichtig findet, dass ein richtiges Fussballstadion pro Saison bis zu fünfzehn zusätzliche Punkte einbringen könnte. «Weil die Unterstützung der Fans viel spürbarer ist», fügt er an und blickt von der Bühne im FCZ-Museum hinunter in die Runde - und was er sieht, verdeutlicht im Kleinen die ganze Fussballmisere in dieser Stadt: Es sind vielleicht 25 Menschen anwesend, einige blicken in ihre Handys, andere gähnen. Die meisten Stühle bleiben leer, die Erdnüsse in den weissen Plastiktellern unangetastet.

    Wären wir in Rom, Dortmund oder Istanbul, selbst in Bern oder Basel, kämen die Menschen in Scharen, um ihren Präsidenten zu hören, zumal es erst noch Bier gibt umsonst. Aber wir sind in Zürich, hier sieht man ausser an Spieltagen kaum Trikot tragende Menschen, kaum FCZ- oder GC-Flaggen auf Balkonen. Um halb neun ist die Veranstaltung zu Ende, es ist schliesslich Montag.

    Seit zwölf Jahren wartet Ancillo Canepa auf seinen Hexenkessel mit steilen Tribünen wie in England, seit er das Amt als Präsident im Jahr 2006 übernahm. Dass er es noch immer nicht geschafft hat, sagt viel über die Rolle des Fussballs in dieser Stadt.

    Und viel über ihn.

    Schon in seinen ersten Interviews, er war kaum eine Woche im Amt, sprach er davon, aus dem Letzigrund ausziehen zu wollen, und er war zuversichtlich, dass sich bald eine Lösung finden sollte, denn die Pläne für ein Stadion, das 30 000 Menschen hätte Platz bieten sollen, stiessen auf breite Zustimmung. Doch es kam, wie so oft in dieser Stadt der Bremser, zu Rekursen und Verzögerungen, schliesslich brachen die Investoren die Übung ab. Es war Canepas erste Niederlage.

    2013 kam ein Nachfolgeprojekt, kleiner und weniger wuchtig, die Stadt sollte das Stadion finanzieren, doch der Vorschlag ging an der Urne baden, womit es 0 zu 2 steht gegen ihn. Jetzt kommt Canepas dritter Versuch. Es ist sein letzter. Es wird das Spiel seines Lebens.

    Der Esel und die Karotte

    Auf dem sogenannten Hardturm-Areal, wo früher der Stadtrivale GC spielte, will Canepa einen neuen Tempel für sein Team. Er besitzt seit 2012 gemeinsam mit seiner Frau 90 Prozent der FCZ-Aktien, er lebt und atmet diesen Klub, 24 Stunden am Tag, FCZ total, ein Stadion wäre «ein Höhepunkt» seiner beruflichen Karriere.

    Es ist sein Antrieb, wenn er wieder einmal aus eigener Tasche (und der seiner einst so erfolgreichen Frau Heliane) ein paar Millionen Franken Defizit ausbügeln muss. Die Aussicht auf ein Stadion ist die Karotte vor den Nüstern des Esels. Doch sollten sich die Stimmbürger erneut dagegen entscheiden, sind alle Hoffnungen geplatzt, die Karotte weg, und der Esel, der heisst Canepa.

    «Dieses Mal wird es klappen», sagt der Präsident, der früher Wirtschaftsprüfer bei Ernst & Young war, wo er eine steile Laufbahn hinlegte, bis er sich von Kopf bis Fuss dem FCZ verschrieb, Loyalität ist in seiner Werteskala ganz oben, und dann kommt lange nichts. «Ich bin zu 99 Prozent sicher, dass wir es schaffen werden.»

    «Den Trömp», sagt Canepa, den erachte er «für einen Wirrkopf», einen Angstmacher.

    Es ist Samstag, ein paar Wochen sind seit dem Fan-Talk vergangen, der FCZ steht vor wichtigen Spielen. Am Nachmittag kommen die Young Boys, Mitte Woche kommt Leverkusen. Canepa ist angespannt. Er leidet, wenn sein Team verliert, einmal hat er sich einen Zahn ausgebissen, weil er zu fest auf seine Pfeife biss.

    Wie oft vor den Spielen versucht er sich auch jetzt bei einem Spaziergang mit seinem Hund Kooki abzulenken. Meist hört er dazu ein Hörbuch, keine Romane, lieber Biografien und viel über Politik. «Den Trömp», sagt Canepa, den erachte er «für einen Wirrkopf», einen Angstmacher, so wie damals die EWR-Gegner, von denen er ungefähr so viel hält wie von einer Niederlage gegen die Grasshoppers.

    Dass die Schweiz nicht dem EWR beigetreten sei, halte er für eine Tragödie, sagt er und holt eine Tabakdose aus seiner Umhängetasche. Canepa raucht Pfeife, seit er 20 Jahre alt war, auf Wunsch seiner Frau, weil sie fand, Männer mit Pfeife hätten mehr Stil. Schiedsrichter ausgenommen.

    Wer verstehen will, woher seine Beziehung zu diesem Klub stammt, die man sich vorstellen muss wie die unverhandelbare Liebe zu einem Kind, der muss mit Canepas Freunden reden. Bernhard Stricker zum Beispiel, mit dem Canepa in die Sekundarschule ging. «Wir hatten ähnliche biografische Voraussetzungen, der Cillo und ich», sagt Stricker. «Während die meisten Schüler aus Bilderbuchfamilien stammten, hatten wir abwesende Väter. Mit Fussball füllten wir aus, was uns fehlte.»

    Canepa hat schon als Kind Fussballstadien mit Hölzchen gebaut. Er hat, so erzählt es Stricker, imaginäre Spielberichte geschrieben, in denen der FCZ meist bis zur 80. Minute null zu drei hinten lag, bis Fritz Künzli viermal traf.

    Er war das einzige Kind mit italienischem Namen in der Klasse in Rüti im Zürcher Oberland, der lieber Hans-Peter geheissen hätte, wie sein Bruder, als Ancillo. «Er hat sich deshalb vielleicht mehr Mühe gegeben. War ehrgeizig und wollte nach oben.» Fussball, das war seine Leidenschaft, sagt Stricker. Und der FCZ war seine Heimat, schon als Bub. Umso naheliegender ist Canepas Wunsch nach einem Stadion. Nach eigenen vier Wänden. Der kleine Cillo will endlich ankommen.

    Der Rücktritt liegt in der Luft

    Christoph Sigrist erzählt von Facetten dieses Ancillo Canepa, die man in der Öffentlichkeit weniger kennt. Sigrist ist Pfarrer des Grossmünsters, Gründer des FC Religionen, bei dem Imame und Rabbiner mitkicken. Sigrists Kirche ist offen für alle, doch sein Fussballherz schlägt für den FCZ allein, das schweisst ihn mit Canepa zusammen.

    «Ich kenne Canepa nicht als Präsidenten. Nicht als Millionär oder Geschäftsmann. Ich bin Kirche», sagt Sigrist, «ich will nichts von ihm.» Die beiden treffen sich regelmässig und laden sich gegenseitig in ihre Häuser ein, das Grossmünster und den Letzigrund.

    Der Fussball und die Kirche, «da gibt es viele Verknüpfungen», sagt Sigrist. Es seien zivilgesellschaftliche Institutionen, die das Zusammenleben in einer Stadt prägen und Ebenen bei Menschen berühren, die über den Alltag hinausgehen. Wo sonst leide man so öffentlich? Nur in der Kirche und im Stadion.

    «Es geht aber auch um Jugendarbeit, um Gewalt und Radikalisierung. Es finden komplexe gesellschaftliche Prozesse statt im Sport wie in der Kirche», sagt Sigrist, darüber würden sie sich unterhalten. Canepa sei ein Suchender und tief betroffen, wenn ein paar Hooligans wieder mal Angst und Schrecken verbreiten.

    Er nimmt das Wort Rücktritt nicht in den Mund, aber es liegt in der Luft.

    Schon seit einer halben Stunde läuft Canepa mit seinem Hund durch den Wald, er hat noch immer den Gang des Stürmers und Wuslers, der er beim FC Rüti war: sichere Trippelschritte. Mehr als 30 Millionen Franken soll er seit seinem Antritt als Präsident eingeschossen haben, «ist ja sonst niemand da», sagt er und wirft Kooki ein Stöckchen zu.

    Dazu der wöchentliche Ärger mit Journalisten und Spielerberatern, die ihn über den Tisch ziehen wollen. Ganz zu schweigen von all dem sportlichen Leid, den Niederlagen, dem Verletzungspech und den Fehlentscheiden der Schiedsrichter. Lohnt sich das? Wäre das Leben nicht schöner ohne den FCZ?

    Canepa bleibt stehen. Eine Waldlichtung. Man sieht die Autobahn durch die Bäume. Er wisse nicht, was passiere, wenn das Stadion abgelehnt werde. Er spricht von «erheblichen Konsequenzen». Er will nicht drohen, weil es in der Abstimmung nicht um ihn gehen soll, aber die Zukunft beider Klubs stehe auf dem Spiel. Er nimmt das Wort Rücktritt nicht in den Mund, aber es liegt in der Luft.

    Einer wie er würde nicht überstürzt gehen, aber schrittweise vielleicht, weil der Funke, den es für sein Amt braucht, erloschen wäre.

    Chips und lauwarmer Weisswein stehen bereit

    Etwas deutlicher wird Canepas Kollege, Stephan Anliker, Präsident der Grasshoppers. Während sich der FCZ als Fluchtpunkt verschiedener urbaner Milieus einen Platz in dieser Stadt erspielt hat, sind die nobleren Grasshoppers in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.

    Einst war GC im Fussball eine angesehene Adresse. Das Weiss im Wappen war immer weisser als beim FCZ, dem seit je etwas Abgerocktes anhaftet, während GC nach einer sportlich erfolgreichen Zeit in den neunziger Jahren mit dem Abriss des Heimstadions 2008 und «mit jedem Wechsel im Präsidium ein Stück seiner Identität verlor», sagt Anliker. Sollte das neue Stadion nicht kommen, dann sehe er schwarz. Er spricht von einem «Abbruch der Übung» und meint damit, dass es in Zukunft keinen GC-Profifussball mehr geben könnte.

    Canepas und Anlikers Gegner, zumindest ein Teil davon, treffen sich an einem Freitagabend in Zürich Höngg im Gemeindesaal, Chips und lauwarmer Weisswein stehen bereit. Yves Diacon, der Projektleiter des neuen Stadionprojektes «Ensemble», hält eine Präsentation, zeigt Tabellen, Grafiken und Studien über den Schattenwurf.

    Es ist ein Wort, das in Zürich alles zum Erliegen bringen kann. Denn zum Stadion würden zwei 137 Meter hohe Wohntürme dazugestellt, bezahlt vom Immobilienfonds der Credit Suisse, der man den Boden zu günstigen Bedingungen zur Verfügung stellen würde.

    An den Türmen, nicht am Stadion allein streiten sich die Gemüter: Den einen sind sie zu teuer, den anderen bieten sie zu wenig billigen Wohnraum, einigen Hönggern sind sie schlicht zu hoch.

    Weil die Türme ihren Panoramablick auf die Alpen beeinträchtigen würden, kämpfen sie gegen Canepas Vision und warnen vor einer «Manhattanisierung» von Zürich West: Was auf dem Hardturm geplant sei, stehe auf ihrer Website, sei ein Vorbote kommender Entwicklungen. «Bald sieht man von Höngg aus statt Alpen, Altstadt und See nur noch schwarze Fassaden.»

    Fussball entzweit die Zürcher

    Die Höngger sind nicht die Einzigen, die sich gegen Canepas Stadionpläne wehren. Es gibt Kritik gegen die CS, deren Logo wohl das neue Stadion zieren würde, und Protest gegen den Freiraum, der auf der Hardturm-Brache verschwände.

    Nichtfussballer fragen sich, warum es überhaupt ein zusätzliches Stadion braucht, und Nostalgiker würden sowieso alles am liebsten belassen, wie es immer war. Dazu kommen ein paar hartgesottene FCZ-Fans, die sich eher ein Bein abhacken würden, als eine neue Spielstätte zu unterstützen, die sich auf der anderen Seite der Geleise befindet, wo der Erzfeind GC früher spielte.

    Und dann gibt es die Sozialdemokraten um Jacqueline Badran, die im Stil eines Abwehrchefs am lautesten schreit, eine Milliardenabzocke wittert und deshalb eine Volksinitiative für ein von der Stadt finanziertes Stadion ohne Türme lanciert.

    Es ist ein heilloses Durcheinander, der gemeine Wähler hat den Überblick längst verloren. Anders als in Basel oder Bern bringt der Fussball die Menschen in Zürich eben nicht zusammen, sondern lässt die Stadt in einzelnen Milieus zerfallen.

    Die Fans stehen im Weg

    Canepa und Anliker müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie es nicht geschafft haben, die Milieus zu vereinen und Allianzen zu bilden. Das hat vielleicht damit zu tun, dass sich GC gar nicht mehr als Stadtklub sieht und seit Jahren in der Agglomeration trainiert. Und Canepa sei zu wenig vernetzt, sagen viele, und zu unangepasst. Er hat unter den Mächtigen Zürichs wenig Freunde. Hat es deshalb mit den Stadien nie geklappt?

    Man kann sich natürlich darüber beschweren, dass Zürich keine Fussballstadt sei, aber man kann sich als Canepa oder Anliker auch fragen: Haben wir genug dafür getan?

    Es liegt nicht zuletzt an den Fans, dass der Fussball einen schweren Stand hat in dieser Stadt. Claudio Sulser, heute Anwalt, in den achtziger Jahren Stürmer von GC, einer Zeit, in dem es dem Klub deutlich besser ging, erinnert sich, dass auch zu seiner Zeit eine «grosse Rivalität» zwischen den Fans beider Zürcher Klubs herrschte, «die Derbys waren besondere Spiele», aber die Gewalt, die von den Hooligans heute ausgehe, sei unvergleichlich.

    Das Hooligan-Problem, mit dem sich Canepa seit Jahren herumschlägt, ist einer der Hauptgründe, warum viele Bewohner Zürichs Bedenken haben, für ein neues Stadion zu stimmen. «Warum soll man diesen Idioten eine Spielstätte erwirken?», hört man in den Diskussionen häufig.

    Es ist ein kleiner Prozentsatz von Chaoten, denen es nicht um den Fussball geht und die nicht wissen, wohin mit ihrem Testosteron und mit sich, die das öffentliche Bild der Fans prägen und die Canepas Träume nach einem echten Fussballstadion endgültig besiegeln könnten.

    «Bin ich für diese paar wenigen Idioten zuständig, nur weil sie das Leibchen unseres Klubs tragen?»

    Das schlechte Image der Fans ist Ancillo Canepas ganz persönliche Tragödie. Denn er hat ihnen vieles zu verdanken. Sie haben seinen Klub auch im Jahr des Abstiegs unterstützt und waren da für ihn, in der Provinz und im Nieselregen. Jetzt stehen sie ihm im Weg.

    Er habe alles unternommen, was möglich sei, um gegen Hooligans vorzugehen, habe auf sie eingeredet, habe sie angezeigt, sagt Canepa im letzten Gespräch in seinem Büro, in dem die FCZ-Uhr im Regal stehengeblieben ist, 5 Uhr, ewiger Nachmittag. Und doch fällt die Verantwortung auf ihn zurück, wenn vermummte Jugendliche sich auf Bahnhöfen auf die Köpfe geben. «Bin ich für diese paar wenigen Idioten zuständig, nur weil sie das Leibchen unseres Klubs tragen? Und wo sind die Eltern?», fragt er unwirsch.

    Sollte er die Abstimmung verlieren Ende November, dieses Spiel seines Lebens, dann hat das weder mit ein paar Hönggern zu tun, die um ihre Aussicht bangen, noch mit denen, die gegen die Hochfinanz wettern, sondern mit den Fans, seinen eigenen Männern.

    Das ist im Fussball bei Niederlagen ganz ähnlich.

  • ich denke mittlerwile scho, dass es über 50% ja stimme geh wird.

    aber ebe: d'îsprache...pro gang a die nächst höcher instanz, rechnet mer (optimistisch) mit eme halbe jahr. s'bundesgricht wär die 3. instanz, also 1 1/2 jahr witeri verzögerige. aber ageblich sind die 1 1/2 jahr scho igrächntet im ganze plan. was aber niemer igrechnet hät: was wenn die höngger rächt überchömed bezüglich isprache gege d'hochhüser vor bundesgricht? DÄNN isch das projekt fuessballstadion für die nöchste 50 jahr i dere stadt definitiv gstorbe!

    NieUsenandGah


  • Es wird knapp wie scho letscht mal. Chance das mer vor Gricht verlüürt sind au da. Es Ja wär ein guete Ahfang aber nonig meh. Die Hoffnung stirbt zuletzt, eimal meh!


    glaubes nöd, dass es knapp wird, rächne mit 54-60% ja.

    gricht: ich weiss ebe gar nöd, mit wellem argument die wege dene hochhüser vor gricht gönd. schattewurf chas ja nöd si in höngg obe. und au wenns eso wär, schattewurf isch ersch es thema wänn öppis über 2 std im schatte lieht wegem hochhuus. und computeranimatione zeiged klar, dass die 2 hochüser i dem punkt erfülled.

    NieUsenandGah

    • Offizieller Beitrag

    Der Sonntag wird ein Schicksalstag für GC und den FCZ

    Bei der Stadion-Abstimmung gehe es um ihre Existenz, behaupten die Grasshoppers und der FCZ. Stimmt das?

    Flurin Clalüna

    Ancillo Canepa wird am Sonntag im Stadthaus in Zürich sitzen und warten. Es ist ein Schicksalstag für seinen FC Zürich. Wenn man ihm und Stephan Anliker, dem Präsidenten der Grasshoppers, in den letzten Wochen zugehört hat, dann geht es bei der Stadion-Abstimmung für die beiden Fussballklubs um dies: alles oder nichts. Anpfiff oder Abpfiff. Es gibt nur ein Spiel in dieser Saison, das sie nicht verlieren dürfen, dieses Politspiel an der Urne.

    Canepa und Anliker waren zuletzt weniger als Fussballpräsidenten unterwegs denn als Lobbyisten, sie waren in Talkshows, traten an Podien auf, gaben Interviews, verteilten Flyer auf der Strasse, schrieben Artikel. Und immer verkündeten sie die gleiche Botschaft: Eine Niederlage in der Stadion-Frage wäre die Entscheidung in diesem Spiel, und eine Nachspielzeit gäbe es auch keine mehr. Misslingt auch dieses Projekt, würde zum dritten Mal in den letzten Jahren in Zürich eine Stadion-Vorlage scheitern. Ein 0:3 sozusagen. Das könnte es dann gewesen sein, sagen sie.

    Stimmt das wirklich?

    Einfach weiter wie bisher?

    Es war im Spätsommer, die beiden Zürcher Fussballpräsidenten sassen zusammen beim Kaffee, und einer sagte: «Wenn das Stadion jetzt nicht kommt, wird es bedrohlich.» Und der andere meinte: «Es geht nun tatsächlich um die Zukunft des Spitzenfussballs in Zürich.» Die Botschaft war eindeutig: Ohne neues Stadion stirbt der Profifussball in dieser Stadt. Das war 2013. Die Präsidenten hiessen Canepa und André Dosé. Ein paar Wochen nach diesem Gespräch wurde ein von der Stadt finanziertes Stadion abgelehnt. Und trotzdem ist es mit GC und dem FCZ weitergegangen. Im Fall der Grasshoppers war das Weiterleben zwar eher ein Überleben. Aber sie sind immer noch da. Die Frage ist bloss: zu welchem Preis?

    Ancillo Canepa und seine Frau Heliane haben seit dem Amtsantritt vor zwölf Jahren geschätzt 30 Millionen Franken in den FCZ gesteckt; beim Gartenbauunternehmer Heinz Spross, einem GC-Mäzen seit vielen Jahren, sollen es seit 2004 über 16 Millionen gewesen sein. Dazu kommen viele Millionen mehr von Privatpersonen, die den Grasshoppers nahestehen. Weshalb sollte es also nicht einfach im gleichen Stil weitergehen wie bisher, falls wieder ein Nein resultiert?

    Existenziell wird es für GC und den FC Zürich, wenn sich diese Geldgeber zurückziehen und sich keine neuen finden lassen. Es ist diese Angst, die über der Abstimmung liegt. Die Klubs wollen zwar nicht drohen. Aber am Ende ist es eben doch genau dies: eine scharfe Warnung. Anliker sagt: «Ohne Stadion wird es sehr, sehr schwierig. Und es kann sehr, sehr schnell gehen. Stand heute hat es keine Leute bei GC, die noch einmal überbrücken.» Das ist das entscheidende Stichwort: überbrücken.


    Als Canepa 2006 FCZ-Präsident wurde, tat er dies mit der Aussicht, ein paar wenige Jahre später in ein neues Stadion einzuziehen. Unter diesen Voraussetzungen stieg er beim FC Zürich ein. Auch die Grasshoppers haben seit zehn Jahren und dem Abriss des Hardturmstadions immer wieder Privatpersonen gefunden, die ihnen Überbrückungskredite gewährt haben – immer unter der Annahme, dass es sich um einen Leidensweg handelt, an dessen Ende dann auch tatsächlich ein neues Stadion steht. Canepa sagt, auch seine Geduld sei irgendwann erschöpft. Im Winter meinte er in einem Gespräch mit der NZZ: «Ich lasse mich nicht ein drittes Mal vertrösten. Ein Nein hiesse: Offenbar will die Stadt Zürich keinen Profifussball.»

    Manchmal hört er, die Canepas sollten einfach weiter bezahlen, auch wenn die Abstimmung schiefgeht, «die haben es ja». Aber die Canepas verlieren die Lust, Geld zu zahlen, wenn eine Perspektive fehlt. Für die Grasshoppers gilt das fast noch mehr. Ihr Engagement hat ihnen in den letzten Jahren keinen Spass mehr gemacht. Sie haben in schwarze Löcher investiert und auf dem Rasen kaum je etwas in Form von Erfolg oder Emotionen zurückbekommen.

    Die Grasshoppers und der FCZ leisten sich ein 20-Millionen-Franken-Budget, aber überteuerte Mannschaften haben sie nicht. Sie haben sich in der Vergangenheit zwar immer wieder zu grösseren und kleineren Verrücktheiten hinreissen lassen. Doch Jahressaläre von 700 000, 800 000 Franken sind selten geworden, bei den Grasshoppers gibt es zum Beispiel Spieler in der 1. Mannschaft, die kaum 6000 Franken pro Monat verdienen. Da spielen nicht einfach Millionäre in kurzen Hosen.

    Und was geschieht nun, wenn das Stadion abgelehnt würde? Canepa spricht von einem Marschhalt und einem mysteriösen «Plan C». Wofür er steht und ob es sich um eine Exitstrategie handelt, weiss ausser dem Ehepaar Canepa niemand. Klar aber ist: Ein Rückzug der Canepas wäre für sie nicht einfach. Der Klub gehört ihnen. Wollen sie nicht die Lichter löschen, müssten sie einen Käufer finden. Und dieser Käufer darf nicht irgendjemand sein. Zu oft haben in der Schweiz Fussballklub-Übernahmen mit Konkursen geendet. Einen ungeordneten Rückzug wird es mit den Canepas nicht geben. Im Februar sagte der Präsident: «Der Klub ist unser Baby, das lassen wir nicht einfach fallen.»

    Bei den Grasshoppers sieht es anders aus, «noch schwieriger», wie Anliker kürzlich sagte. GC ist ein müde gelaufener Verein, in dem die immergleichen Geldgeber immer weniger daran interessiert sind, einen Klub am Leben zu erhalten, der keine Emotionen mehr weckt, der kein Zuhause und keine Identität mehr hat. Für den FC Zürich wäre ein neues Stadion vor allem aus wirtschaftlichen Gründen wichtig. Für GC hängt die ganze Geschichte, die ganze Kultur daran. Bei einem Nein denke man bei GC an den «Abbruch der Übung», hat Anliker einmal gesagt. Unvorstellbar ist das nicht. Die Grasshoppers haben sich schon seit Jahren verschiedentlich mit dem Szenario beschäftigt, den Fussball-Betrieb nur noch in der 1. Liga zu unterhalten.

    Der Schweizer Fussball hängt zu einem wesentlichen Teil am Tropf von Mäzenen. Das wird auch in Zürich weiterhin so sein, selbst nach einer Annahme des Stadions. Aber deren Zuschüsse würden erheblich reduziert. Es gibt einige Berechnungen, die unbestritten sind, andere tönen bloss gut. Mit bis zu 15 Punkten mehr pro Saison rechnet Canepa in einem neuen Stadion. Das ist arithmetischer Voodoo. Realistisch zu erwarten sind hingegen Mehreinnahmen von 5 Millionen Franken dank besseren Catering- und Vermarktungsmöglichkeiten. Das ist ein wesentlicher Teil des strukturellen Defizits, mit dem GC und der FCZ jedes Jahr in die Saison starten. Es lag in den letzten Jahren bei beiden Klubs zwischen 6 und 7 Millionen.

    Hoffen dürfen die Klubs auch auf höhere Zuschauerzahlen – zumindest in einer Anfangsphase. Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Stadionneubauten, in Luzern oder St. Gallen. Allerdings sind die Zahlen zum Teil wieder rückläufig. Der FCZ schätzt, dass 15 000 Zuschauer zu den Spielen kämen, GC rechnet mit bis zu 10 000. Es wären enorme Steigerungen im Vergleich zu heute.

    Mahnmal Servette und Xamax

    Anliker sagte kürzlich, das fehlende Stadion sei «das Fundament des Übels von GC». Aber ein Stadion allein wird die Probleme nicht lösen. Xamax und Servette bekamen neue Arenen und gingen trotzdem Konkurs. Vor allem bei den Grasshoppers ist nicht bloss das fehlende Stadion schuld, dass der Klub so in Schieflage geraten ist.

    Auch beim FCZ ist die letzte grosse Krise noch nicht lange vorbei, er ist 2016 nach Managementfehlern abgestiegen, ist aber heute besser aufgestellt als die Grasshoppers. Bei GC sind in den letzten fünf Jahren fast 170 Spieler gekommen und gegangen, mehr als einen Trainer pro Saison haben die Grasshoppers verbraucht, sie haben sich in der Führung öffentlich gezankt und sich erst in den Monaten vor der Abstimmung auf ein Stillhalteabkommen geeinigt, um die Stimmbürger nicht zu irritieren. «Leuchttürme» wollen sie sein im Zürcher Fussball, so die Abstimmungswerbung. Sie waren in den letzten Jahren vieles, aber selten Vorbilder. Ein Stadion kann ihnen helfen, es wieder zu werden.

  • Zitat von snowcat


    glaubes nöd, dass es knapp wird, rächne mit 54-60% ja.


    wie ich vermuetet han: mit +/- 54% isch s‘stadion agnoh. jetzt chunts drufab wie lang d‘verzögerige wärded durch d‘rekürs vo de höngger...


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    NieUsenandGah

  • Zitat von snowcat


    wie ich vermuetet han: mit +/- 54% isch s‘stadion agnoh. jetzt chunts drufab wie lang d‘verzögerige wärded durch d‘rekürs vo de höngger...


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    usgliedere in Aargau, wänn d‘Höngger wännd blöd tue!!!

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von snowcat


    wie ich vermuetet han: mit +/- 54% isch s‘stadion agnoh. jetzt chunts drufab wie lang d‘verzögerige wärded durch d‘rekürs vo de höngger...

    Warten bis 2028? So geht es mit dem Stadion weiter

    Die grösste Hürde für die Stadionfans ist geschafft. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben ihr Okay gegeben. Doch nun könnten Geplänkel und juristische Händel den Bau verzögern und gegebenenfalls gar verhindern.

    Als Erstes wird nun der Stadtrat die Weisung für den Gestaltungsplan des Hardturmareals an den Gemeinderat weiterleiten. Das dürfte im ersten Quartal des nächsten Jahres der Fall sein. Je nach Schnelligkeit der Parlamentskommission – voraussichtlich jener für Stadtentwicklung – könnte der Plan in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 ins Parlament kommen.

    Dort könnte es zum grossen Stopp kommen. Denn bei einem Nein zum Gestaltungsplan gehts einfach nicht weiter. Aber obwohl eine politische Mehrheit im Gemeinderat gegen das Stadion ist, dürfte er den Plan gutheissen – das Volk hat ja entschieden. Beim Eishockeystadion gab es vor der Abstimmung auch Opposition, der Gestaltungsplan wurde danach aber im Parlament einstimmig überwiesen.

    Möglich wäre allerdings ein Referendum gegen den Gestaltungsplan. Dieses würde kaum von politischen Parteien lanciert, aber allenfalls von privaten Gegnern. Die Verzögerung: rund sechs Monate.

    Vier bis sechs Jahre vor Gericht

    Aber auch ohne Referendum können die Bauleute der Firma HRS voraussichtlich nicht sofort die Bagger auffahren lassen. Es sind Rekurse möglich. Diese sind angekündigt aus bürgerlichen Kreisen in Höngg, welche vor allem die beiden Wohntürme ins Visier genommen haben, die ihnen die Sicht auf den Uetliberg trüben. Ein solcher Rekurs ginge ans Baurekursgericht. Die nächsten Instanzen sind das kantonale Verwaltungsgericht und das Bundesgericht. Das kann zwei bis gar vier Jahre dauern. Wir schreiben also ungefähr das Jahr 2022 oder 2023.

    Doch auch wenn die Gerichte den Bauherren recht geben, ist der Mist nicht geführt. Kurz nach Inkrafttreten des Gestaltungsplans ist wieder der Stadtrat am Zug mit der Baubewilligung. Auch diese kann durch drei gerichtliche Instanzen gezogen werden. Wieder kann es zwei bis drei oder gar vier Jahre dauern. Es kann also 2025 oder 2026 werden.

    Setzen sich die Stadionbauer vor Gericht durch, kann mit der Altlastensanierung auf dem Hardturmareal begonnen werden. Und mit dem Bau der Arena. Die Bauzeit beträgt rund drei Jahre. Im schlechtesten Fall erfolgt der erste Anpfiff etwa im Jahr 2028 oder gar noch später.

  • Zitat von Larry

    Ich staune! :shock: :applaus: jetzt durchziehen!


    man kann das nicht einfach „durchziehen“! in einem funktionierenden rechtstaat gibts nun mal diverse rekursmöglichkeiten. und die bürgergerlichen rekurrenten aus höngg haben viel geld und alle zeit der welt. sie werden, wie schon lange angekündigt, bis vors bundesgericht ziehen.

    jetzt ist die frage, wie lange diese verzögerung dauert und ob der bauherr nicht, wie beim ersten projekt, entnervt aufgibt! falls nicht - und das bundesgericht den rekurrenten nicht recht gibt - wird das stadion kaum vor 2025-2027 stehen.


    Gesendet von iPhone mit Tapatalk

    NieUsenandGah

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