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    Schubiger

    Das schwarze Loch bei GC

    24 Tage lang war GC-Fan Ginser untergetaucht. So lange hatte er gebraucht, um sich vom 0:6 im Derby zu erholen, das er zusammen mit der versammelten Familie Schubiger im Letzigrund erlebt hatte. Jetzt aber sass Ginser auf Schubigers Balkon. 40-jährig wurde er an diesem Tag, und auch wenn Ginser zuerst gar nicht hatte feiern wollen, so war er jetzt doch in Festlaune. «3 Millionen Franken für Emeghara», sagte er, «drei Millionen haben wir für diesen Irrläufer des Strafraums kassiert. Das ist mehr, als ihr mit Dzemaili, Inler und Abdi zusammen verdient habt.»

    Ginser strahlte und schenkte sich noch einen Grappa nach. Schubiger ärgerte sich darüber, dass er seine beste Flasche überhaupt auf den Tisch gestellt hatte. Er mochte es nicht, wenn es um GC ging und Ginser glücklich war. Er hatte genug von diesem GCGrinsen ertragen müssen, als die Spieler beim FCZ noch Häusermann, Gilli oder Mazenauer hiessen.

    Schubiger suchte nach einem Weg, das Gespräch für sich zu wenden. Er kam nur nicht zu Wort. Ginser redete sich ins Feuer, als komme er direkt vom Ciriaco-Sforza-alles-kommt-gutWorkshop. Er behauptete: Ohne Emegahra habe es endlich wieder Platz für einen wirklich Jungen im Sturm. Ohne Emeghara gingen jetzt selbst die einfachsten Bälle wieder ins Tor. Ohne Emeghara werde GC innert kürzester Zeit an die Spitze stürmen. «Gut, ist es passiert», war Ginsers letzter Satz. Damit war die Zeit gekommen für Schubiger. Er wusste, dass er in diesem Moment weit davon entfernt war, politisch korrekt zu sein. Er war deshalb froh, dass Frau Schubiger schon im Bett lag. «Ginser, beruhig’ dich wieder», sagte er, «wir wissen doch, wie es ist: Ohne Emeghara sehe ich bei GC nur noch ein schwarzes Loch.»

    schubiger@tagesanzeiger.ch


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    Schubiger

    Die Schubigers sind ZSC!

    Schubiger wusste: Der ZSC ist unumstrittener Weltmeister des Eishockeys. Er wusste nach schmerzhaften Erfahrungen in der Vergangenheit aber auch, dass für ihn und seinen Klub Ausflüge in die unendliche Eishockeyprovinz des Zürcher Unterlands nicht ohne Schaden ausgehen können.

    Er hatte den Nachmittag mit Familie Schubiger bei Schwester und Schwager Schubiger sowie deren drei Kindern verbracht. Es war GC- und KlotenLand, ein Epizentrum der Sorgenkinder also. Das schien Schubiger selten klarer als im Moment, in dem er, zurück in Zürich, in der Küche stand, den Salat wusch und einem Gespräch horchte. Der kleine und der kleinste Schubiger standen mit Unihockeystöcken im Gang. «4:0 für mich», sagte der kleine Schubiger. Und, er legte noch einen Satz nach, der wie ein Rüstmesser-Stoss in Schubigers Herz stach: «Ich bin Kloten, du bist ZSC.»

    Schubiger legte schnell den Salat weg und ignorierte den hungrigen Blick seiner Frau, als er davonlief. «Wieso bist du Kloten?», wollte Schubiger wissen, als er im Gang angekommen war. Der kleine Schubiger setzte zur Erklärung an. Es sei wegen des Cousins, der spiele ja selber Eishockey, habe schon viele Pokale und Medaillen gewonnen, spiele für Kloten und sei Kloten-Fan. «Aha», sagte Schubiger, holte sich selbst einen Unihockeystock, hielt ihn wie ein Mikrofon vor seinen Mund und verkündete: «Der ZSC liegt 0:4 zurück, aber jetzt wechselt er Tambellini ein.» Er schickte den kleinsten Schubiger mit den Worten «Du bist Seger» in die Defensive, legte ein «Jetzt ist Kloten fällig» hinterher und fing an zu stürmen.

    Natürlich fragte er sich zwischen dem Doppelschlag zum 4:2 und 4:3 ganz kurz, welch erzieherischen Wert er für diesen Auftritt erhalten würde auf der von 1 bis 10 reichenden LargoSkala. Doch das durfte ihn in dieser Zeit der Notmassnahmen nicht interessieren. Ungefähr 62 Sekunden nach Tambellinis Einwechslung stand es 4:4, dann 7:4 und bald 10:4 für den ZSC. Der kleine Schubiger war wütend, er wollte seinen Stock auf den Boden hämmern, Schubiger hielt ihn fest und rief: «Revanche.» Der kleine Schubiger riss sich frei und brüllte: «Ich bin ZSC.»

    schubiger@tagesanzeiger.ch


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  • herrlich!

    es vorbild für e korrekti chindererziehig! :applaus:

    gruess roli c.

    NieUsenandGah

  • Die Geburtstags-Erfolgsrechnung

    Schubiger war froh, auf dem Sofa zu liegen. Er versteckte seine Füsse unter einer wärmenden Decke und schaute durchs Fenster. Draussen war es dunkel, neblig, grässlich – also genau gleich wie in Schubigers Kopf.

    Er dachte weit zurück. Daran, wie es war an dem Tag, als er seinen letzten runden Geburtstag gefeiert hatte. Wie er am Morgen aufgewacht war und lieber den Schmerz eines miesen Tacklings gespürt hätte als dieses Gefühl: 30! Ende, aus, vorbei!

    Einen Dreivierteltag, die halbe Länge seines Festes und ein paar Gläser Rotwein hatte Schubiger damals gebraucht, bis er das Leben so akzeptieren konnte, wie es war. Jetzt stand er ein paar Monate vor der 40. Das beschäftige ihn, seit er sich damit beschäftige, dass sein Chef 60 wird.

    «Wie wird es sein, wenn wir 60 sind», fragte er Frau Schubiger, die neben ihm im Sessel sass und Zeitung las. Sie schaute ihn an, überlegte kurz und sagte: «Ich weiss es nicht. Anders. Aber es wird gut sein.» Schubiger dachte nach und fragte sich: Wird wirklich alles gut? Und dann wurde ihm plötzlich ganz warm. 20 Jahre, das bedeutete: 20 Jahre Zeit für Titel, Trophäen, Triumphe! Er rechnete zurück und rechnete vor, und er wusste bald. 20 Jahre, das macht: sechs Meistertitel, drei Cupsiege und fünf Champions-League-Teilnahmen mit dem FCZ. 20 Jahre, das macht: Der ZSC im eigenen Altstetter Tempel, mindestens 1000 weitere Spiele mit Sulander und locker 100 neue Playoff-Siege. 20 Jahre, das macht: 20 Reisen an die Anfield Road, 40 Klassiker-Siege gegen Manchester United und wie früher wieder Meistertitel in Serie.

    Schubiger stand auf, küsste Frau Schubiger und sagte: «Ja. Es wird hervorragend sein.»

    schubiger@tagesanzeiger.ch

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    Schubiger

    Alte Zeiten mit Charly Schlott

    Schubiger schlummerte vor sich hin. Er stellte sich vor, wie es jetzt zu Hause wäre. Er läge auf dem Sofa. Vielleicht stünde ein Glas Rotwein neben ihm. Vielleicht würde Frau Schubiger bei ihm sitzen, ein Buch lesen, vielleicht sogar seine Füsse massieren. Ganz sicher schliefen die kleinen Schubigers bereits. Und aus dem Radio würde Walter Scheibli exklusiv live für ihn berichten.

    Es war alles ganz anders. Schubiger sass exklusiv live auf den oberen Rängen des Hallenstadions. Und er hatte sich aus innerem Protest vom Match gegen Biel verabschiedet. Bei ihm war Schneider, der eine SMS in sein Handy tippte. Bei ihm waren auch die Hürlimanns. Beide hielten einen Becher Bier in der Hand und schauten in die Tiefe.

    Sie erlebten einen unerwarteten Tiefpunkt, nachdem der Abend mit einem unerwarteten Höhepunkt begonnen hatte. Charly die Stimme Schlott war am Mikrofon. «Das ist wie früher gegen Ajoie», sagte Schubiger, «Kampf am Strich mit Schlott und 8237 Zuschauern am Dienstag. Mir fehlen nur noch Leo Cadisch, Fredi Marti und Moe Lemay.»

    Der jüngere Hürlimann stimmte ein in den Kanon. Ob ihm diese Ausgangslage erlaube, eine Zigarette anzuzünden, fragte er. «Wo verspricht eigentlich Bernd Böhme jetzt, dass bald bessere Zeiten kommen?», wollte Schneider wissen, während der ältere Hürlimann schon davon ausging, dass Rolf Simmen oder wenigstens Daniel Riesen im Tor steht, wenn nächstens die Mannschaft aus den Katakomben auftaucht.

    Die Vergangenheit hielt die Runde bis weit ins Mitteldrittel hinein bei Laune. Schubiger erinnerte an euphorische Fahrten, die in Olten, Ambri oder Biel mit Saison-Auftaktniederlagen endeten. Der jüngere Hürlimann liess die unüberlegten Sturmläufe Cesi Zehnders und den Slapshot von Adi Hotz hochleben. Für Schneider ging nichts über die magischen Momente mit Wladimir Krutow. Der ältere Hürlimann schwärmte von Andi Wittmanns Leuchtstock und Sergei Prijachins Künsten entlang der Bande.

    Dann aber, beim 2:3, 2:4 und 2:5, war ihnen die Vergangenheit plötzlich näher, als ihnen lieb sein konnte, und löste Funkstille aus. Als sie vom Match erlöst waren und sich aufrafften für den Heimweg, sagte Schneider: «Früher hat es irgendwie mehr Spass gemacht.» schubiger@tages-anzeiger.ch

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    Schubiger

    Rostbratwürste und Präsidententausch


    «O’zapft is», sagte Schubiger, hob mit der linken Hand eine Flasche Paulaner und mit der rechten den Deckel des Grills. Auf dem Rost lagen Original UliHoeness-Nürnberger-Rostbratwürste, die Schneider aus seinem Lieblings-Discounter mitgebracht hatte. Neben ihnen hatte sich Stevie G. in Position gebracht. Wachsam, wie der Kater war, wenn ihm der Duft von Würsten, Fischen, Koteletts oder Mäusen durch die Nase zog. Man wusste ja nie.

    Schneider hatte viele gute Charakterzüge. Und an diesem Abend war Schubiger gar bereit, Schneiders einzige grosse Schwäche als Stärke zu sehen: Schneider war Bayern-Fan und hatte in seiner Funktion als Götti des kleinen Schubigers unter wiederholtem Einsatz von Pommes Chips, Wienerli, Eistee und feurigen Erklärungen über Robben, Jean-Marie Pfaff und Kaiser Franz dafür gesorgt, dass die gesamte Schubiger-Jungmannschaft auf die bayrische Seite kippte und Schubigers heftige Proteste einfach weglächelte.

    Ohne Rücksicht auf die Moral

    Nach den Nürnberger Würsten sassen sie leicht angeschlagen auf dem Sofa für das Spiel der Bayern gegen Basel. Schubiger fragte sich, ob er sich nach dem moralischen Gesetzbuch nicht strafbar machte, die Bayern für einen Abend zu mögen, nur um den FCB fallen zu sehen. Müsste er nicht wie früher grundsätzlich gegen beide sein und das Spiel ignorieren?

    Doch er konnte jetzt auf moralische Fragen keine Rücksicht nehmen. Seit dem Montagabend und der Entlassung von Trainer Fischer war ihm klar, dass der FCZ keinen Plan hatte und ihm nur noch das Glück helfen konnte. Also wollte Schubiger die Basler verlieren sehen. Möglichst hoch. Nach dem 4:0 war er in seiner Meinung bestärkt. Nach dem 6:0 glaubte er tatsächlich an den Meistertitel. Und nach dem 7:0 fasste er seine Gedanken gegenüber Schneider in Worten: «Bei Basel kommt jetzt die Krise. Drei Runden noch, dann entlassen die den Trainer. Den holen wir dann und starten die fulminanteste Aufholjagd seit Liverpools 0:3-Rückstand in Istanbul.»

    Schneider schaute ihn an und sagte: «Vogel zum FCZ? Bin dabei. Und dazu nehmen wir Basels Präsidenten mit, den Heusler. Im Tausch gegen Canepa.»

    schubiger@tagesanzeiger.ch

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    Schubiger

    Unendlicher Spass mit dem Flieger


    Schubiger machte auf seinem Bürostuhl eine halbe Drehung und schaute zum Fenster hinaus. Er war philosophisch gefordert.

    Ihn beschäftigte ein Problem, seit er am Wochenende mit seiner Familie hinaus zu Schwester Schubiger gefahren war, hinaus ins Kloten-Land, international auch bekannt als unendliche Eishockey-Provinz des Zürcher Unterlandes. In seiner Zeitung hatte Schubiger den Niedergang des Klotener Fliegers verfolgt. Und jetzt fragte er sich: Wenn es Kloten bald nicht mehr gibt, ist dann die Eishockey-Provinz des Zürcher Unterlandes noch unendlich oder schon unendlicher?

    Zuerst hatte er mit dieser Frage Neffe Schubiger genervt, im Prinzip ein herzensguter Bub, aber eishockeytechnisch leider dem Flieger zugewandt. «Wir spielen auch nächste Saison in der Nationalliga A», sagte Neffe Schubiger, setzte sich vor den Fernseher und erklärte damit die Diskussion zu Schubigers Unvergnügen für beendet. Neffe Schubiger war mit seiner Trotzigkeit so wenig eine philosophische Hilfe wie GC- und Kloten-Fan Ginser. Der hatte Schubigers SMS-Frage, ob es unendlicher denn überhaupt gebe, einfach ignoriert. Und auch nicht Stellung bezogen, ob er nächstes Jahr eine Saisonkarte bei Bülach oder Bassersdorf kaufe, wenn die Eishockey-Provinz des Zürcher Unterlandes tatsächlich noch unendlicher werde.

    Schubiger schaute weiter zum Fenster hinaus. Ob unendlich, unendlicher oder unendlich + 1: Er wusste nicht so recht, ob er sich überhaupt freuen könnte über einen endgültigen Niedergang des Fliegers. Oder ob er nicht auf die Rettung hoffen musste. Der Niedergang bot zwar zweifellos grösste Schadenfreude, aber das war ein kurzer Spass. Bei einer Rettung versprach sich Schubiger Unterhaltung auf Dauer. Die Kloten Flyers auf Sparkurs müssten Wick, Du Bois und Stancescu an den ZSC verkaufen. Sie wären nicht nur ein hervorragender Derby-Gegner, sie könnten auch jedes Jahr Freude bereiten in ihrem Kampf gegen das Play-out.

    Schubiger drehte sich zurück an sein Pult und sagte zu sich: «Ja, das wäre unendlicher Spass.» Er ging mit einem Lächeln in die Mittagspause.

    sc hubiger@tagesanzeiger.ch

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    Zitat von Messier

    Larry......gits jetzt kein Schubiger meh ?????

    Ich han amigs nur die postet, woni au lustig gfunde han!

    Aber da, mis Geburtstagsgschänk für Dich:


    Schubiger

    Die letzte Demütigung in Orange

    Schubiger hatte sich damit abgefunden, während einer Woche pro Jahr morgens nach Oerlikon zu verschieben, während die restliche Stadt noch schlief. Er fand es im Rahmen dieses Ausnahmezustands auch in Ordnung, mittags Tisch an Tisch mit bewaffneten Kollegen zu verpflegen, die er sonst nicht immer als seine Freunde und noch seltener als seine Helfer ansah. Er hatte sich auch an den Umgang mit dem manchmal etwas sperrigen Patientengut gewöhnt. Aber Schubiger war aus einem Grund doch sehr erleichtert darüber, am Ende dieser Woche seine Zivilschutz-Ausrüstung ein für allemal zurückzufassen: Nie mehr würde er die Demütigung über sich ergehen lassen müssen, mit einem Holland-Anhänger verwechselt zu werden.

    Genau das war Schubiger und seinem Freund und Dienstkollegen Nidpeider am Montag während eines Diensteinsatzes wieder einmal passiert, als sie gerade, Badehose und Schachbrett auf Mann, im Begriff waren, sich zu einer Einsatzbesprechung an der Seepromenade niederzulassen. Der Glaceverkäufer, bei dem die beiden eine Stärkung für den nächsten Einsatz erwerben wollten, begrüsste sie mit hämischem Grinsen und den Worten: «Ho, Ho, Holland!» Aber Schubiger hatte sich schon in zu vielen EM- und WM-Sommerwochen mit einem orangen T-Shirt der Lächerlichkeit preisgegeben, um sich auf dem falschen Fuss erwischen zu lassen.

    «Dies ist kein Fan-Shirt, sondern eine Dienstuniform», erklärte er dem Glaceverkäufer in offiziellem Tonfall. «Und Holland hat in einem Jahrhundert internationaler Fussballturniere gerade einmal eine Kontinentalmeisterschaft gewonnen, wie zum Beispiel auch Griechenland, Sambia oder der Irak, nur ist der Höhenflug der Holländer viel länger her. Und sie durften sich diesmal vielleicht Hoffnungen auf die Viertelfinals machen, weil sie mit Portugal und Dänemark zwei ähnlich chancenlose Randexistenzen des Weltfussballs als Gruppengegner hatten und nicht drei Teams ausscheiden konnten. Aber sie haben es trotzdem nicht geschafft, und dass nun überhaupt noch jemand an sie denkt, kann ich mir nur damit erklären, dass sie diese grellen orangen Trikots tragen, was ich nie freiwillig tun würde, also sparen Sie sich Ihre Häme und geben Sie mir bitte ein Vanille-Cornet.» Der Glaceverkäufer war sichtlich irritiert. Nidpeider bestellte ein Orangina.

    schubiger@tagesanzeiger.ch
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    Schubiger

    Der Morgen der Wahrheit


    Man musste in Bewegung bleiben, man durfte sich nicht gehen lassen, dachte Schubiger. Gerade so kurz vor den Sommerferien, in der FCZ- und ZSC-freien Zeit, zwischen EM und Olympia brauchte man Ziele. Stevie G. hätte sich auch im Elend des englischen EM-Debakels suhlen und sein Tätigkeitsfeld auf die Einnahme und Ausscheidung von Katzenfutter beschränken können. Aber Stevie G. hatte Biss. Am Vorabend hatte er einen riesigen Heugümper erledigt und auf Schubigers Sofa zur Schau gestellt. Ein starkes Statement. Schubiger hatte im Sinn, sich für heute ebenfalls eine grosse Herausforderung vorzunehmen und drückte zum zweiten Mal an diesem Morgen die Schlummertaste des Radioweckers.

    Als Erstes fiel ihm der Twoloops ein, die exakte 720-Grad-Drehung auf dem Bürostuhl, schon lange das Pièce de résistance in Schubigers Arbeitsalltag. Schubiger wusste jedoch, dass der Twoloops anspruchsvoll, ja beinahe unmöglich war, und er ihn allerbestenfalls bis zum Ferienbeginn beherrschen würde. Dann erinnerte er sich an eine Vision, die er zuletzt etwas aus den Augen verloren hatte: die Punktlandung mit dem Papierflieger auf der Tastatur von Büronachbar Wullinger. Dieses Projekt war allerdings noch kühner. Wenn er konsequent darauf hinarbeiten würde, sowohl von der konstruktiven Seite als auch wurftechnisch, schätzte Schubiger, könnte er es vielleicht verwirklichen, bevor Betrand Piccard mit seinem Solarflieger die Erde umrundet hat.

    Endlich schlummerte sich Schubiger zu einem Tagesziel vor, das sportlich, aber mit äusserster Disziplin erreichbar war. Er würde noch heute als erster Finisher eines Schubiger-Triathlons in die Geschichte eingehen: Gleich würde er noch vor der Arbeit eine Runde joggen, sich über Mittag in der Badi erfrischen und abends rechtzeitig zum Tour-de-France-Finale wieder zu Hause sein. Da plärrte der Wecker zum dritten Mal. «Stell das Ding endlich ab», murrte Frau Schubiger, «du kommst zu spät zur Arbeit. Vergiss nicht, auf dem Heimweg einzukaufen. Und nimm den Schirm mit, es gibt Regen.»

    sc hubiger@tagesanzeiger.ch

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    Schubiger

    Sidney Crosby zum ZSC!

    Schubiger hatte den ganzen verregneten Nachmittag im Büro vergeblich darauf gewartet, dass ein Österreicher durch die Schallmauer springen würde. Er hatte währenddessen in unzähligen ebenso vergeblichen Anläufen den Rekord von viereinhalb Umdrehungen mit einem Schwung auf dem Bürostuhl nicht brechen können. Und er hatte bei seinen verzweifelten Versuchen, sich von dem ganzen Unvermögen abzulenken, gelesen, dass Schweizer Penisse im Durchschnitt zwar 0,19 Zentimeter länger waren als österreichische, aber 0,12 Zentimeter kürzer als deutsche. Schubiger brauchte dringend ein Erfolgserlebnis, als er das Büro verliess und zum Hallenstadion aufbrach.

    Drei Stunden später sass er noch deprimierter im Tram nach Hause. Es tat ihm nicht sehr weh, dass der ZSC gegen Fribourg verloren hatte. Aber Schubiger fühlte sich irgendwie ausgeschlossen. Und er wusste auch wovon: Während sich die Fans in allen anderen Stadien an Lockout-Stars erfreuten, hatte er ein ganz normales Spiel zweier ganz normaler NLA-Teams gesehen. Das Schlimmste daran war, dass der ZSC, wie Fribourg, sich sogar dafür rühmte, ihm diese exotischen Tiere vorzuenthalten. Das hatte angeblich etwas mit Teamchemie und Kostenvernunft zu tun. Schubiger schaute durchs Tramfenster auf die vielen Autos, die er sich nicht leisten könnte, selbst wenn er die Schubigers eine Saison lang auf Wasser und Brot setzen würde. Er wusste wenig über Chemie und über Vernunft. Aber er wusste, wer Walter Frey ist. Und er wusste, wo man diese Autos kaufen konnte.

    Schubiger hatte schon Weltstars wie Krutow, Nolan oder Nylander im ZSCTrikot gesehen, und er hatte sie trotz ihrer Fehler geliebt. Warum, fragte er sich, kam nun keine Lichtgestalt ins Hallenstadion, da sie verfügbar wäre, bevor sie verglüht, ergraut oder übergewichtig ist? Und wenn Malkin für Magnitogorsk spielte, das Schubiger in bester Erinnerung als zweitbeste Mannschaft Europas hatte, dann gab es doch nur eine logische Konsequenz: Der ZSC musste den Grössten haben. Sidney Crosby gehörte ins Hallenstadion! Bitte. Jetzt. Sofort. Schubiger würde ihm auch das Trambillett bezahlen.

    schubiger@tagesanzeiger.ch

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    Zitat von Messier

    Hey Larry, es heg geschter en Schubiger gä...häschen ?

    Thnxx und Gruess
    Andy

    Aber sicher:


    Schubiger

    In der Schublade

    Irgendwie war es gerade unterste Schublade, was sich bis zum Dienstagabend in Schubigers Leben abspielte. GC und Basel trafen sich zum Spitzenkampf. Claudio Micheli dribbelte nur noch in der Erinnerung. Frau Pittis nahm ab sofort in Zug Platz. Napoli schoss keine Tore mehr. Der ZSC wartete darauf, endlich wieder richtiges Eishockey spielen zu dürfen statt im Marcel-Jenni-Gedächtnismatch 0:7 in Biel verlieren zu müssen. Liverpool trat schon gar nicht mehr an. Und Schubiger trocknete sich nach einer Joggingrunde mit einem alarmierenden Durchschnittstempo von geschätzten 3,5 km/h mit einem GC-Badetuch ab, das er von Ginser an Weihnachten bekommen hatte mit den Worten: «Etwas Flauschiges, wenn du wieder einmal kalt geduscht wurdest. Hopp GC.»

    Das GC-Badetuch zu entsorgen, hatte sich Schubiger nicht getraut. Und tatsächlich war es so wohlig weich, dass ihm unwohl wurde, als er es benutzte. Später lag er auf dem Sofa und schlummerte vor sich hin, bis er plötzlich aufschoss und sagte: «Fertig jetzt rumgelümmelt. Zeit für oberste Schublade mit Welt-, Europa- und Schweizer Meister Seger im Playoff. Und den EHC Navyboot Flyers mit Schubladen-Jenni im Playout.»

    Als sich Schubiger selbst reden hörte, war er froh, dass ihn nur Stevie G. anschaute. Frau Schubiger war gerade daran, die Jungmannschaft für die Nacht vorzubereiten. Vermutlich hätte sie an der Funktionsweise seiner Synapsen gezweifelt. Und ob das zu Unrecht passiert wäre, wusste Schubiger nicht so genau. Gerade jetzt bildete er sich jedenfalls ein, dass Stevie G. noch den Kopf schüttelte, bevor er in Richtung Küche davonlief.

    Mangels Gesprächspartner griff Schubiger zum Handy und schrieb GC- und Kloten-Fan Ginser: «Weint Jenni schon oder schluchzt er noch?» Schubiger war siegessicher, bevor die 50. Eishockeyrunde begann, die er im Radio mithören wollte. Er döste allerdings wieder ein, als ihm klar wurde, dass Ginser ganz offensichtlich seine Antwort schubladisiert hatte. Und er wachte erst wieder auf, als sein Handy ein paar Stunden später wegen Schneider surrte. Der meldete: «Liverpool verkauft vielleicht Skrtel, würde ich unterstützen. Wir gegen Davos und Kloten im Playout – unterstütze ich auch. Hopp Langnou.»

    schubiger@tages-anzeiger.ch

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