aus der heutigen NZZ am sonntag. dieser - gefühlte - 253. kurswechsel der letzten 10 jahre, dürfte das überleben des klubs in der nla garantieren.
gruess roli c.
Grasshoppers bald mit neuen Besitzern
Der Zentralvorstand überlässt die Aktienmehrheit einem «Owners Club». Von Flurin Clalüna
Die Grasshoppers stehen vor einem grundlegenden Kurswechsel in ihrer Klubpolitik. Dass GC neue Geldgeber sucht, ist schon lange bekannt. Sie sollen das jährlich wiederkehrende Defizit in Millionenhöhe ausgleichen. Neu ist aber, dass diese Financiers künftig nicht nur zahlen werden, sondern sich mit ihrem Engagement Einfluss erkaufen und die Macht bei den Grasshoppers übernehmen. Das haben Recherchen der «NZZ am Sonntag» ergeben.
Bis jetzt hatte der Zentralvorstand (ZV), das Machtzentrum des Grasshopper-Clubs, 100 Prozent der Aktien gehalten. Bald sollen 51 Prozent der Stimmen an die neuen Geldgeber übergehen. Das kommt einer kleinen Revolution im GC gleich: Seit die Investoren Fritz Gerber und Rainer E. Gut im Februar 2003 die Aktien nach ihrem 90-Millionen-Engagement an den Zentralvorstand zurückgegeben haben, lag die Macht immer in der Hand des ZV.
Planungssicherheit für drei Jahre
Nun werden die Geldgeber zu den neuen GC-Besitzern. Das erschliesst sich bereits aus ihrem Namen: Die Gruppe heisst «Owners Club». Bis jetzt war die Mitsprache von Geldgebern im GC meist nur auf Hinterzimmer-Absprachen beschränkt; neu soll sie institutionalisiert werden. Bevor die Grasshoppers am 10. März bei der Liga das Lizenz-Gesuch für die nächste Saison einreichen, soll der Machtwechsel vollzogen sein. Der Prozess muss also in hohem Tempo über die Bühne gehen; noch ist er nicht abgeschlossen, und noch immer kann er scheitern.
Geht der Plan aber auf, wird sich eine neue Führung aus diesem Investoren-Gremium bilden: Die Besitzer werden im Verwaltungsrat ihre eigenen Chefs bestimmen wollen - und das kann durchaus auch weiterhin der jetzige Präsident Urs Linsi sein. Denn es ist anzunehmen, dass die neuen Geldgeber ihm und seinen Ideen durchaus gewogen sind, sonst hätten sie sich kaum von Linsi und seiner Crew zum Mitmachen bewegen lassen. Linsi wird im Sommer als CEO zurücktreten, aber Verwaltungsratspräsident möchte er gerne bleiben. Vielleicht wird er künftig sogar selber Aktionär und damit Mitbesitzer der Grasshoppers.
Bereits sind über zehn Personen gefunden worden, die bereit sind, jährlich 250 000 Franken zu investieren. Die grosse Mehrheit dieser Geldgeber stammt aus dem Umfeld des Blue Label Club, einer GC-Gönnervereinigung, die vom Gartenbauunternehmer und GC-Verwaltungsrat Heinz Spross geführt wird. Spross stand lange ganz alleine im Regen, er hatte die Grasshoppers während dreier Jahre finanziell fast im Alleingang über Wasser gehalten. Nun deutet sich an, dass auch andere, namentlich nicht bekannte Personen aus dem GC-Umfeld das Portemonnaie öffnen, um dem Verein für drei Jahre Planungssicherheit zu ermöglichen. So soll vor allem verhindert werden, dass es wie zuletzt zu Notverkäufen junger Talente kommt und die Grasshoppers immerzu von der Hand in den Mund leben müssen.
Damit die neuen Besitzverhältnisse im GC greifen und der «Owners Club» installiert werden kann, braucht es mindestens 16 Geldgeber, die während dreier Jahre 250 000 Franken pro Jahr einschiessen. Ziel ist es, 20 bis 30 Investoren zu finden. Schon mit 16 Geldgebern stünden den Grasshoppers in jeder Saison 4 Millionen Franken zur Verfügung, um einen Teil des Defizits zu decken. Das genügt allerdings nicht, um sich die heutigen Ausgaben von rund 16 Millionen Franken auch weiterhin zu leisten.
Der GC-Präsident Urs Linsi ist deshalb entschlossen, die Kosten weiter zu senken. Auf der Einnahmenseite ist der Spielraum nur sehr gering. Der Bau des Trainingszentrums in Niederhasli wird heute selbst im GC sehr kritisch beurteilt. Es fällt in diesem Zusammenhang sogar das Wort «Eigentor», weil der Campus viel zu viel Geld verschlingt, rund 2,5 Millionen Franken pro Jahr. Auch hier wird der Sparhebel angesetzt; es gibt Planspiele, wonach die Stadt Zürich einen Teil des Campus übernehmen soll. Die grösste Sparwirkung verspricht sich Linsi allerdings bei den Miet- und Sicherheitskosten für das Letzigrundstadion. Für Linsi ist das zur Existenzfrage geworden; er behauptet, mit der jetzigen Belastung von rund 3 Millionen Franken pro Jahr sei GC nicht überlebensfähig, und macht die Stadionfrage zu einer Sache von Leben oder Tod für den Verein. Ob die Einsparungen von mehr als zwei Millionen Franken pro Jahr für die Grasshoppers im Exil von Aarau tatsächlich existenziell sind, ist schwierig zu beurteilen. Unterschätzen sollte man den Finanzfachmann Linsi allerdings nicht: Er hat bewiesen, dass er rechnen kann. Die Frage ist nur, was er alles in die Bilanz einfliessen lässt und ob er Werte wie den Identitätsverlust in einer fremden Stadt angemessen berücksichtigt. GC ist seit Jahren in seinem Selbstverständnis angeschlagen, viele Erschütterungen erträgt der Klub nicht mehr. Linsi wird dem «Owners Club» noch vor dem 10. März zwei Szenarien vorlegen: der Verbleib im Zürcher Letzigrund und eine Exil-Variante - vermutlich jene im Aarauer Brügglifeld.
Zehn Jahre im Exil
Linsi ist entschlossen, an der Idee festzuhalten, aus dem Letzigrund auszuziehen, wenn die Stadt Zürich GC nicht substanziell entgegenkommt. Aus dem anfänglichen Poker, aus Linsis Ärger und seinem Trotz gegenüber der Zürcher Politik ist eine Überzeugung geworden: Im lottrigen Aarauer Brügglifeld kann GC Geld sparen. Wohl frühestens in der Saison 2014/15 steht die neue Arena in Aarau im Gebiet Torfeld Süd unmittelbar beim Bahnhof bereit. Dort könnte sich GC so lange einmieten, bis irgendwann das neue Hardturmstadion in Zürich steht. Das würde bedeuten: Überzeugt Linsi die Mitglieder des «Owners Clubs» von seiner Exil-Idee, werden die Grasshoppers zehn Jahre in der Fremde spielen.