• Offizieller Beitrag

    Ich glaube JEDER von uns, welcher ihn noch am Radio24 live erlebt hat, kann seine persönlichen Anekdoten mit/über ihn aufzählen. Neben vielen, vielen erinnerungswürdigen Beispielen wird eines für mich immer in mit einem lächeln in Erinnerung bleiben:

    1993, das 4. Spiel der Viertelfinal-Serie gegen Fribourg, welches wir - wie die 3 vorherigen - verloren. D.h. = ausgeschieden, tschüss, Saison fertig.
    Alle Zuschauer auf dem Heimweg, viele zu ihrem Auto. Auf dem Parkplatz (ich glaube offene Rennbann Oerlikon, bin aber nicht mehr sicher) hat
    jemand im Auto eine Kassette eingelegt, Volume voll aufgedreht .... Die letzten Minuten vom letztjährigen PO Viertelfinal '92 gegen Lugano.
    Alle, WIRKLICH ALLE, hören zu im Wissen was kommen wird:
    Scheibli kommentiert wie man ihn kennt und lieben gelern hat, wir gewinnen wie bekanntlich sensationell im Penaltyschiessen! Und obwohl wir
    damals '93 ausgeschieden sind, feiern alle zusammen auf dem Parkplatz eine sowas von geile Party! ZSC eben - legendär! Hühnerhaut pur .....

  • Ein sehr schöner, würdiger und auch trauriger Text. Ich denke Walti hat ein schönes Leben, leider bis auf die letzten 6 Jahre, diese müssen schlimm gewesen sein:


    DIE STIMME DES ZSC IST VERSTUMMT

    Die Stimme des ZSC ist verstummt

    Nachruf zum Tod von Walter Scheibli, 14. Oktober 1932 – 19. Dezember 2023. Von Thomas Renggli.

    Ein ganz Grosser sagt „Adieu“. Walter Scheibli ist im Alter von 91 Jahren verstorben. Eine Hommage auf den berühmtesten Zürcher Radioreporter.

    Sportreporter sind die Überbringer von Neuigkeiten, Nachrichten und Resultaten. Sie sind zwar Teil des Sports, aber nur „dabei“. Bei Walter Scheibli war dies anders – ganz anders. Wenn er im Hallenstadion auf der Pressetribüne von den Spielen „seines“ „Zette-Äss-Cee“ berichtete, brandete den Zuhörern an den Empfängern Leidenschaft und Enthusiasmus in höchsten Dosen entgegen – und über die Lautsprecher hörte man das ZSC-Herz förmlich pochen.


    Kent Ruhnke, ZSC-Meistertrainer von 2000 und Hauptfigur so mancher geschichtsträchtiger Nacht in Oerlikon, sagte über Walter Scheibli einst: „Wenn man an den ZSC denkt, denkt man an Walter Scheibli – und umgekehrt. Er ist der einzige Reporter, der einen grösseren Namen hat als alle Spieler.“ Dies spiegelte sich auch in den Huldigungen der Fans. Deckten diese das eigene Team am Ende eines tristen Abends mit Pfiffen und Buhrufen ein, war der Radio-24-Reporter immer ein Publikumsliebling: „Waaalter Scheibli! Waaalter Scheibli! Waaalter Scheibli!“

    Der oberste ZSC-Fan

    Scheibli lebte seine Passion stets in einer Doppelfunktion aus – er war immer auch oberster Fan seines Klubs. „Dazu stehe ich, aber ich behandle die Gegner immer mit Anstand und Respekt“, sagte er. Beim Staatsradio genügte dieses Bekenntnis allerdings nicht. Nach ein paar Reportagen wurde Scheibli dort in den 1970-er Jahren des Feldes verwiesen: „zu reisserisch“, beschied ihm die gebührenfinanzierte Obrigkeit.


    Es war eine eidgenössische Fehleinschätzung im Sinne der politischen Korrektheit. Aber trotzdem fand der frühere Torhüter des FC Young Fellows (drei Nationalliga-A-Spiele) seinen Platz in der Schweizer Medienlandschaft – zunächst als rasender Reporter für den „Blick“, ab den frühen 1980-er Jahren als Stimme des Zürcher Sports für Roger Schawinskis Piratensender „Radio 24“. Sein damaliger Mitstreiter Frank Baumann beförderte Scheibli schon zu Lebzeiten in den Adelstand für Radioreporter: „Waltis parteiisch-unparteiische Kommentare waren dermassen ansteckend, dass es sogar für einen Kloten-Fan schwierig wurde, nicht zum ZSC zu wechseln.“

    Schawinski machte ihn zum Star

    Derweil erkannte Radio-24-Gründer Schawinski das Potenzial von Scheibli schon nach wenigen Arbeitstagen: „Aus dir mache ich den bekanntesten Reporter der Deutschschweiz. Du kannst ein Star werden.“ Schawinski sollte Recht behalten. Scheibli wurde zum Star – und begleitete das Zürcher Eishockey durch alle Höhen und Tiefen – von der epochalen Enttäuschung und dem verpassten Aufstieg gegen Ajoie 1988 bis zur meisterlichen Renaissance im Play-off-Final gegen Lugano 2000.


    Scheibli stand auch für den Wandel der Medienlandschaft und das Konsumverhalten der Fans. Als er 1983 das erste ZSC-Spiel kommentierte, gab es noch keinen Teletext, und DRS 1 vermeldete die Eishockey-Resultate erst ab 22.15 Uhr. Er erinnerte sich: „Wir schalteten uns bei jedem Tor live ein und waren die Ersten, die Eishockey-Zwischenresultate brachten.“ Heute fällt die lokale Sportberichterstattung immer mehr dem Sparhammer und dem Live-Ticker der Internetportale zum Opfer. Scheibli nahm‘s gelassen. Er pflegte zu sagen: „Ich bin bei der mechanischen Schreibmaschine stehengeblieben. Mein Handy benutze ich nicht, und im Internet war ich noch nie“.

    Es waren exakt diese Ehrlichkeit und Bodenhaftung, die Walter Scheibli auch für jüngere Kollegen zum grossen Vorbild machten. Der Mann, der an den ZSC-Spielen stets seinen gelben Glückspullover trug, war immer freundlich und zuvorkommend – und er besass einen wunderbaren Humor. Dieser endete aber bei seiner topseriösen Berufsauffassung. Während viele Journalisten erst auf die Medienkonferenz eine halbe Stunde vor dem ersten Bully ins Stadion kamen, sass Walti in der Regel schon zwei Stunden vor Spielbeginn an seinem Platz und bereitete sich minutiös vor.

    Gelernter Bäcker, liebender Ehemann

    Walter Scheibli vergass nie, woher er kam. Gelernt hatte er den Beruf des Bäckers. Nach einem Sprachaufenthalt in der Westschweiz heuerte er beim Konsumverein an. Bald wurde ihm der Posten des Filialleiters am Milchbuck angeboten. Doch Walti zögerte – mit der Bemerkung, dass er kein Zahlenmensch sei. Der Chef aber wischte diese Bedenken vom Tisch; mit dem Hinweis, dass in der Filiale ein „Fräulein Eisenhut“ arbeite, das sich in administrativer Hinsicht perfekt auskenne. Es sollte eine wunderbare Konstellation sein. Walter Scheibli wurde mit 23 Jahren Chef der Filiale – und eroberte das Herz von Margrit Eisenhut aus dem appenzellischen Gais. 1957 heirateten die beiden. 1959 wurde Sohn Walter J. geboren. Das Glück war perfekt. Und die Scheiblis waren ein eingeschworenes Team. Margrit begleitete ihren Ehemann noch im hohen Alter in die Stadien. Der Sohn besuchte seine Eltern fast täglich. Neben dem ZSC war der FC Unterstrass ein anderer sportlicher Fixpunkt im Leben der Scheiblis.

    2017 verdüsterte sich der Himmel über der Familie allerdings. Margrit musste ins Pflegeheim. An Weihnachten 2018 verabschiedete sie sich in die Ewigkeit. Es war ein Ereignis, das „ihren“ Männern den Boden unter den Füssen wegzuziehen schien. Walter J. verlor seinen Lebensgeist. Am 10. Mai 2022 – mit nur 63 Jahren – hauchte er sein Leben aus. Die Tragik dieses Ereignisses liess Vater Scheibli nie mehr los. Zwar konnte er auf ein grandioses Umfeld zählen. Seine Freunde vom ZSC kümmerten sich rührend um ihn – und hielten ihn im Leben. Und trotzdem wurde es immer deutlicher: Walti war müde, Walti war allein, Walti war traurig. Nach einer Blutvergiftung im vergangenen Sommer verbrachte er die letzten Monate im Pflegeheim Bethanien. In der Säuglingsabteilung dieser Zürcher Institution hatte er am 14. Oktober 1932 das Licht der Welt erblickt. Am 19. Dezember 2023 schloss sich sein Lebenskreis. Walter Scheibli hinterlässt seinen vier Jahre jüngeren Bruder Peter – und ganz viele trauernde Freunde und Fans.

    Und trotzdem können sich alle glücklich schätzen, die diese grossartige Persönlichkeit kennenlernen durften. Lieber Walti. Wir verneigen uns vor Dir und Deinem Lebenswerk. Und wir werden Dich nie nie vergessen. Ruhe in Frieden.


    Die ganze Lions-Organisation spricht seinem Bruder Peter und den Angehörigen sowie Freunden ihr tiefes Beileid aus und wünscht in dieser schweren Zeit viel Kraft!

    Die ZSC Lions planen anlässlich des Meisterschaftsheimspiels am kommenden Donnerstag, 21. Dezember 2023, eine Schweigeminute für Walter Scheibli.

    PS: Deine Geschichte, lieber Walti, mag nun vielleicht vorbei sein, aber in unserem Gedankenb leben Du und Dein Kultstatus auf ewig weiter! "ZSC 4, Lugano 3, Walter Scheibli, Hallestadion."

  • Mein Beileid in erster Linie an die Scheibli-Familie, aber natürlich auch an jeden ZSC-Fan der "alten Garde", der mit Walti gross geworden ist. Seine Begeisterungs- und Leidensfähigkeit als "exklusiver" ZSC-Radiomoderator war legendär, auch für mich als Chlööti. Keinem habe ich damals zur Jahrtausendwende den Meistertitel mehr gegönnt als Walti.

    RIP Walti, mein Beileid ZSC!

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    • Offizieller Beitrag

    Danke für's posten. Und ja, sehr würdig .... und doch auch - für mich und viele andere - traurig

  • Toller Text, der mich zu tränen rührt. Wie damals beim Nichtaufstieg 1988 als ich die halbe Rückfahrt weinte vor Enttäuschung.

    Machs guet Walti!

  • Walti hatte einen grossen Anteil dass ich Fan wurde beim Z.
    Stundenlang habe ich ihm im Radio gelauscht und mitgefiebert.
    Mit seiner unvergleichlichen Stimme
    „ZSC - Chlötis = 5:1“
    zu diesem Zeitpunkt war es leider immer umgekehrt 😡
    RIP 😥😥😥

  • hüt im Tagi


    An einem Chlausabend entdeckte er sein Reportertalent

    Er war seiner Zeit voraus, nie neutral und immer leidenschaftlich: Walter Scheibli wurde zur «Stimme des ZSC». Dabei wollte er Karriere machen als Fussballgoalie in Cannes.

    Simon Graf

    Simon Graf

    Publiziert: 19.12.2023, 16:49

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    Voller Körpereinsatz auf der Tribüne: Walter Scheibli im März 1997 im Hallenstadion.

    Voller Körpereinsatz auf der Tribüne: Walter Scheibli im März 1997 im Hallenstadion.

    Foto: Christoph Ruckstuhl (Keystone)

    Sein Talent als Radioreporter entdeckte Walter Scheibli zufällig. Der FC Unterstrass lud in den Sechzigerjahren für seinen traditionellen Junioren-Chlausabend die FCZ-Spieler Fritz Künzli und Heinz Bäni ein und wollte Sportmoderator Jan Hiermeyer engagieren, um sie zu interviewen. Doch dessen Gage sprengte das Budget. Also führte Scheibli die Interviews, zum Nulltarif. Und weil er das so leidenschaftlich tat, rieten ihm einige, sich beim Radio zu melden.

    Die Live-Reportagen von den Fussballspielen im Landessender Beromünster genossen damals Kultstatus. Scheibli bewarb sich und brachte es tatsächlich auf einige Einsätze, doch sein Engagement wurde schon bald beendet mit der Begründung, er reportiere zu reisserisch. Er war wohl seiner Zeit voraus. Es brauchte Radiopionier Roger Schawinski, damit Scheibli zu Beginn der Achtzigerjahre bei Radio 24 seine Bestimmung ausleben und zur «Stimme des ZSC» werden konnte.

    Selbst war Scheibli kein begnadeter Eishockeyspieler gewesen. Bei der Schülermeisterschaft hätten sie meist in der ersten Runde verloren, erzählte er einmal schmunzelnd. Aber weil er das Leibchen behalten konnte, fuhr er es jeweils während des ganzen Winters auf dem Dolder spazieren und heimste neidische Blicke ein.

    Er träumte von einer Karriere als Fussballgoalie in Frankreich – am liebsten in Cannes. Doch sein Pariser Studienjahr endete wegen einer Typhuserkrankung abrupt. Immerhin brachte er es auf drei Spiele in der Nationalliga A mit den Young Fellows.

    Er wollte zu den Reichen gehören

    Als Fan verlor er sein Herz schon früh an den ZSC. Beim Turnverein Oberstrass, wo sein Vater Oberturner war, traf er schon als kleiner Junge auf ZSC-Spieler, die sich dort fit hielten. Als Teenager besuchte er manches ZSC-Spiel auf dem Dolder, wobei er sich schon zwei Stunden vor Spielbeginn einfand, um sich einen Platz zu sichern in der ersten Stehplatzreihe. «Die Reichen mit den Wolldecken, die Sitze reserviert hatten, kamen erst eine Viertelstunde vor dem Spiel», sagte er einmal gegenüber dieser Redaktion. «Damals dachte ich: Hoffentlich gehöre ich auch mal zu denen.»

    Scheibli wurde vielleicht nicht so reich, wie er sich das erträumt hatte. Aber als Radioreporter wurde er zu einer lokalen Berühmtheit. Sogar eigene Autogrammkarten hatte er. Im Hallenstadion wurde es zur Tradition, dass ihn die Zürcher Fans feierten. «Waaaalter Scheibli, Waaaalter Scheibli», tönte es vom dritten Rang. Wenn er es bemerkte, die Kopfhörer auf den Ohren, stand er kurz auf und winkte mit strahlendem Gesicht in die Menge. Er machte keinen Hehl daraus, dass er seine Popularität genoss. «Für jeden kommt einmal der Tag, an dem ihn niemand mehr kennt», sagte er einmal. «Man muss es auskosten, solange man bekannt ist.»

    Gefeierter Mann: Skandierten die Fans seinen Namen, winkte Walter Scheibli gerne zurück. Hier im Oktober 2012.

    Gefeierter Mann: Skandierten die Fans seinen Namen, winkte Walter Scheibli gerne zurück. Hier im Oktober 2012.

    Foto: Andy Mueller (freshfocus)

    Bei seinen Einschaltungen ging er mit jeder Faser seines Körpers mit. Mit seiner Passion begeisterte er die Leute. Man spürte, wie er mit dem Zürcher Stadtclub litt, und er beschrieb die Szenen so bildlich, dass man sie sich gut vorstellen konnte. TV-Moderator Frank Baumann, der ihn von Radio 24 her kannte, sagte in der 2015 erschienenen Biografie über Scheibli: «Walti ist akustisch eine Legende, eine Mischung aus Chantal Galladé, Marcel Reich-Ranicki und Hausi Leutenegger. Ein Dramatiker vom Format eines Friedrich Dürrenmatt.» Und es störte nicht, dass Scheibli einen Sprachfehler hatte, im Gegenteil: Auch das machte ihn einzigartig.

    Dass er für ein Lokalradio reportierte, liess ihn die Regel brechen, unparteiisch sein zu müssen. Sein Herz schlug für den ZSC, das spürte man in jeder Sekunde. Wegen seiner liebenswürdigen Art nahm ihm das niemand übel. Sein Sohn Walter junior, der ebenfalls ein bekannter Radioreporter wurde, war da neutraler und nüchterner. Legendär ist, wie Vater und Sohn für Radio 24 zusammen vom entscheidenden Penaltyschiessen 1992 gegen den HC Lugano reportierten, einander abwechselnd. Damals stürzte der chronisch erfolglose Stadtclub das «Grande Lugano» des John Slettvoll.


    Scheibli musste in 35 Jahren ZSC aber auch manche bittere Niederlage einstecken. Seine schlimmste Erinnerung war ein 4:5 in Ajoie im März 1988, mit dem der Aufstieg verpasst wurde. Eine ganz traurige Heimfahrt sei es gewesen, sagte er. Sogar der Alte Fritz, ein Denkmal aus dem Zweiten Weltkrieg, der auf der Heimfahrt passiert wurde, habe eine Träne verdrückt.

    Scheibli durfte damals noch im Teambus mitfahren. Diese Tradition beendete 1997 der deutsche Schleifer Hans Zach, der erste ZSC-Trainer nach der Fusion mit der GC-Eishockeysektion. Worauf ZSC-Präsident Ernst Meier Scheibli versprach, er werde stets im Auto eines Vorstandsmitglieds zu den Auswärtsspielen chauffiert. Und Scheibli begann, die Annehmlichkeiten der luxuriösen Wagen zu schätzen.

    Scheibli rettete die drei Buchstaben ZSC

    Scheiblis «Zätt Ess Cee» zischte bei seinen Radioreportagen wie ein Peitschenschlag. Und ihm ist es zu verdanken, dass die drei Buchstaben dem Club bei der Fusion erhalten blieben. Als man den Club «Zürich Lions» nennen wollte, ging er auf die Barrikaden und lieferte sich auf Radio 24 ein Wortgefecht mit ZSC-Präsident Bernd Böhme und Peter Spuhler, einem der Architekten der Fusion. Schliesslich einigte man sich auf ZSC Lions. Noch heute ruft niemand Lions.

    Mit der neuen Ära kamen auch die Erfolge. Der erste Meistertitel seit 39 Jahren am 1. April 2000, der von 2001 mit dem legendären Meisterschuss von Morgan Samuelsson. Für Scheibli blieb aber der Coup gegen Lugano 1992 der süsseste Moment. Weil er so unerwartet kam. Die harten Zeiten mit fünf Auf- und Abstiegen wollte er nicht missen. «Auch das Leiden hat seine Qualität», sagte er einmal. Und niemand konnte so wunderbar mitleiden wie er.

    Mittendrin bei der Meisterfeier: Walter Scheibli trinkt in der Garderobe der ZSC Lions aus dem Meisterpokal.

    Mittendrin bei der Meisterfeier: Walter Scheibli trinkt in der Garderobe der ZSC Lions aus dem Meisterpokal.

    Foto: Andy Mueller (Freshfocus)

    Scheibli kommentierte die ZSC-Spiele bis fast zu seinem 80. Geburtstag und führte danach noch einige Jahre die Interviews fürs ZSC-Lions-TV. Im Dezember 2017 hatte er mit 85 seinen letzten Arbeitseinsatz, danach legte er das Mikrofon weg. Zuletzt wurde es still um ihn. An Weihnachten 2018 starb seine geliebte Frau Margrit, mit der er über 60 Jahre verheiratet gewesen war. Im Mai 2022 verschied sein Sohn Walter jr., erst 63-jährig.

    Diese Schicksalsschläge liessen seinen Lebenswillen erlahmen. Vor einigen Monaten musste er ins Pflegeheim, weil er immer schwächer wurde. Im Oktober erlebte er sein letztes ZSC-Spiel in der Swiss-Life-Arena. An diesem Dienstag um halb sechs Uhr morgens ist er für immer eingeschlafen.

    In der Swiss-Life-Arena verewigt: Ein Bild von Walter Scheibli im Zugangsbereich der Zuschauer.

    In der Swiss-Life-Arena verewigt: Ein Bild von Walter Scheibli im Zugangsbereich der Zuschauer.

    Foto: Christian Beutler (Keystone)

  • Der einzige Zürcher, den alle mochten

    In der Zürcher Pauluskirche verabschiedeten sich 400 Trauergäste vom legendären Radioreporter. Gerührt, aber auch mit einem Schmunzeln schwelgte man in Erinnerungen.

    Simon Graf

    Simon Graf

    Publiziert: 16.01.2024, 20:20

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    Eine stimmige Abdankungsfeier: Pfarrer Christoph Sigrist spricht über Walter Scheibli.

    Eine stimmige Abdankungsfeier: Pfarrer Christoph Sigrist spricht über Walter Scheibli.

    Foto: Urs Jaudas

    Wenn der Pfarrer vom «Tempel» spricht, aber kein Gotteshaus meint, sondern das Hallenstadion, dann weiss man: Das ist keine gewöhnliche Abdankung.

    Rund 400 Trauergäste sind an diesem sonnigen, aber frostigen Nachmittag in die mächtige Pauluskirche auf dem Milchbuck gekommen, um von Walter Scheibli Abschied zu nehmen. Bekannt geworden als «Stimme des ZSC».

    Auch Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist pilgerte früher als Jugendlicher nach Oerlikon zu den ZSC-Spielen. «Das waren noch Zeiten, als nach dem zweiten Drittel alles voller Rauch war und man den Puck nicht mehr sah», sagt er. «Umso mehr konzentrierte man sich dann auf Walti.»

    Für alle war er «der Walti»

    Er war für alle immer nur «der Walti», und das ist er auch bei seiner Abdankung. Mit vollem Namen: Walter Otto Scheibli. Einen Steinwurf von der Pauluskirche entfernt war er aufgewachsen, und hatte fast bis zuletzt da gewohnt – bis er nach einer Blutvergiftung für die letzten Monate seines Lebens ins Pflegeheim Bethanien musste. In der Säuglingsstation Bethanien sei Walti am 14. Oktober 1932 zur Welt gekommen, sagt Sigrist. «Nun hat sich der Kreis geschlossen.»

    Bei sonnigem, aber frostigem Wetter fanden sich die Trauergäste bei der Pauluskirche ein.

    Bei sonnigem, aber frostigem Wetter fanden sich die Trauergäste bei der Pauluskirche ein.

    Foto: Urs Jaudas

    Mit 91 Jahren verstarb der legendäre Zürcher Radioreporter in den Morgenstunden des 19. Dezember 2023. Einen guten Monat später wurde er nun vormittags im kleinen Kreis beigesetzt und am Nachmittag eine Trauerfeier für ein grösseres Publikum abgehalten. «Für die ZSC-Gemeinde», wie der Pfarrer sagt. Vorne ist ein grösseres Porträt von Scheibli aufgestellt, wie er lächelt.

    Man sieht unter den Trauergästen einige mit ZSC-Schals und gelben Pullis, die Scheibli zu tragen pflegte, um seinem Club Glück zu bringen. Der frühere Fifa-Präsident Sepp Blatter ist gekommen, die ZSC-Legende Mathias Seger, der aktuelle Zürcher Captain Patrick Geering, Präsident Walter Frey und Sohn Lorenz, sein Radio-24-Förderer Roger Schawinski und auch Arno Del Curto. Der Bündner bescherte, damals ZSC-Coach, Scheibli mit dem Sieg über das Grande Lugano im Viertelfinal 1992 die emotionalste Stunde als Radioreporter.

    Auch der frühere ZSC-Coach Arno Del Curto (rechts) erweist Walter Scheibli die letzte Ehre.

    Auch der frühere ZSC-Coach Arno Del Curto (rechts) erweist Walter Scheibli die letzte Ehre.

    Foto: Urs Jaudas

    Peter Scheibli, sein vier Jahre jüngerer Bruder, hat dem Pfarrer einige Erinnerungen aufgeschrieben, die dieser vorliest. Wie sie im TV Oberstrass turnten, Walter aber von einer Karriere als Fussballgoalie in Frankreich träumte. Wie dieser an Heiligabend einmal den Gesang auf der Blockflöte begleitete und bei diesem einen Versuch blieb, weil sein Spiel weniger melodiös war als später seine Radioreportagen. Oder wie er seinem Bruder die Vespa überliess, damit dieser mit seiner Freundin Margrit herumkurven konnte.

    Der gelernte Bäcker Walter Scheibli war 23 Jahre alt, als er beim Konsumverein Leiter der Filiale am Berninaplatz wurde. Da lernte er seine spätere Frau kennen. «Weil ihm administrative Arbeiten nicht so lagen», so Bruder Peter, «übertrug er Margrit alles Administrative. Und bald merkte er, dass sie nicht nur administrative Qualitäten besass.» Die beiden wurden ein Paar, hielten das aber während zweier Jahre geheim und siezten sich auf der Arbeit weiter, bis er Aussendienstmitarbeiter bei Nestlé wurde.

    Der Zürcher Journalist Thomas Renggli liest einen Rückblick auf Scheiblis Leben vor, mit den einleitenden Worten: «Walter Scheibli hatte eine Sonderstellung.» Und sagte: «Er war der einzige Zürcher, den alle gern hatten. Sogar die Basler und die Berner.» Aber er habe ihm auch schwere Stunden beschert mit seinen Einschaltungen auf Radio 24 von den ZSC-Spielen in den Achtzigerjahren, als man von Meistertiteln nicht einmal träumen konnte. «Wenn man Walti zuhörte, wähnte man sich im Stadion. Und schon bei der ersten Silbe hörte man an seiner Stimme, ob der ZSC ein Tor geschossen oder bekommen hatte.»

    Neffe Erich spielt auf der Querflöte

    Am liebsten hätte man in der Pauluskirche mit ihrer wunderbaren Akustik nun die Reportage Scheiblis vom legendären Penaltyschiessen 1992 gegen Lugano gehört. Stattdessen gibt es Musik. Scheiblis Neffe Erich spielt auf der Querflöte «Yesterday» von den Beatles, das Ave Maria und «Memory» aus dem Musical «Cats». «Die Stimme des Himmels bringt die Stimme von Walter Scheibli neu in Schwingung», schliesst Pfarrer Sigrist. «Der Match des ewigen Lebens hat begonnen, und mittendrin ist Walti. Halleluja, Amen.»

    Eine Trauerfeier, wie sie seinem Bruder entsprochen hätte, sagt der gerührte Peter Scheibli auf dem Weg zum Apéro im Kirchgemeindehaus, wo man in Erinnerungen schwelgt. Er dankt Schawinski, dass er gekommen sei, und dieser sagt: «Normalerweise wird an Abdankungen viel gelogen. Aber hier hat alles gestimmt.» In der Tat. Schon zeitlebens hatte niemand ein schlechtes Wort über Scheibli verloren. Nun wurde er von der Stadt in die Liste der verstorbenen Prominenten aufgenommen.

    Am Abend erstrahlt die Pauluskirche in den ZSC-Farben blau-weiss-rot, als Hommage an den passionierten Radioreporter. Vielleicht schaut er ja von oben herab und sieht es. Vielleicht ist er auch zu beschäftigt. Schliesslich hat er seiner Frau Margrit und seinem Sohn Walter j. da oben einiges zu erzählen.

    • Offizieller Beitrag

    Danke für's posten :thumbup:

  • Wurde glaube ich noch nicht gepostet:

    Roger Schawinski über Walter Scheibli«Ich sagte spontan: Walti, aus dir mache ich einen Star»

    Der Radiopionier bot Walter Scheibli mit Radio 24 die Plattform, um ein Kultreporter zu werden. Vor der Abdankung am Dienstag erinnert sich Roger Schawinski mit einem Schmunzeln.

    Simon GrafSimon Graf Publiziert: 16.01.2024, 06:00

    Der rasende Reporter: Walter Scheibli wurde mit seiner Passion zur Kultfigur.

    Der rasende Reporter: Walter Scheibli wurde mit seiner Passion zur Kultfigur. Foto: Radio 24

    Roger Schawinski, wie war Ihre erste Begegnung mit Walter Scheibli?

    Zu den Anfangszeiten von Radio 24 stand er einmal plötzlich in meinem Büro an der Limmatstrasse und sagte, er wolle Sportreporter werden. Wir waren ein junges Radio, es bewarben sich vor allem Junge in den Zwanzigern. Dann stand plötzlich dieser ältere, etwas rundliche Herr vor mir und sagte, er sei Vertreter für Kaffeemaschinen und Verpflegungsautomaten für Firmen, aber sein Traum sei es, Radioreporter zu werden. Eigentlich passte er gar nicht zu uns.

    Und das sagten Sie ihm?

    Nein. Er war mir auf Anhieb sympathisch. Ich nahm in als unglaublich herzlichen, sportbegeisterten Menschen wahr. Er sagte, er habe sich auch bei der SRG beworben, aber da habe man ihn abgelehnt, weil er einen Sprachfehler habe. Ich fand das kein Problem, im Gegenteil.

    Im Gegenteil?

    Ich suchte immer Persönlichkeiten. Sie müssen nicht perfekt sein, aber sie müssen irgendetwas Spezielles haben. Bei der SRG wollte man die glatte Reportage. Aber ich fand: Gerade mit seinem Sprachfehler fällt er auf. Seine Schwäche kann zu seiner Stärke werden. Ich sagte spontan: «Walti, aus dir mache ich einen Star. Auch wegen deines Sprachfehlers. Der hebt dich von den anderen ab.» Sein Sprachfehler war ja ein S-Fehler. Und jedes Mal, wenn er Zett Ess Cee sagte, kam dieser prominent zum Vorschein.

    Roger Schawinski: «Ich sagte spontan: ‹Walti, aus dir mache ich einen Star.›»

    Roger Schawinski: «Ich sagte spontan: ‹Walti, aus dir mache ich einen Star.›» Foto: Silas Zindel

    Scheiblis Sprachfehler wurde zu seinem Markenzeichen, aber auch, dass er parteiisch war. Er versteckte nie, dass er dem ZSC die Daumen drückte.

    Genau. Als Lokalradio konnten wir den Sport anders präsentieren als die SRG, aus Zürcher Perspektive. Walter Scheibli musste nicht neutral berichten. Das entsprach ihm. Er war immer fair gegenüber den Gegnern. Aber es war ganz klar, welche Resultate er sich erhoffte. Wann er jubelte und wann er traurig war. Das sorgte für eine ganz andere Tonalität. Er war einzigartig, weil er seine Emotionen offen zeigen konnte. Das durften sie bei der SRG nicht, weil sie für die ganze Schweiz berichteten. Und er reportierte ja auch von FCZ- und GC-Spielen, ebenfalls aus Zürcher Sicht. Aber mit der Zeit wurde das Eishockey immer bedeutender für uns.

    Wie wichtig war Scheibli für Radio 24?

    Er war einer unserer wichtigsten Reporter, ganz klar. Wenn man es mit heute vergleicht: Gibt es noch vergleichbare Figuren am Radio mit einer solchen Ausstrahlung? Nein. Diese Zeit ist vorbei. Es ist nicht nur so, dass die Persönlichkeiten fehlen. Die Zeiten haben sich auch geändert. Es gibt so viele verschiedene Quellen, Internet, Social Media, man bekommt andauernd Pushmeldungen und kann jeden Hockeymatch am Fernsehen schauen. Für uns nahmen die Sportübertragungen lange eine zentrale Rolle ein. Radio war damals als Informationsmedium viel wichtiger als heute. Und Walti nahm seinen Job sehr ernst, war immer gut vorbereitet. Gerade was die Einleitungen aufs Spiel betraf, war er sehr akribisch. Er schrieb immer einen Text vor.

    Er genoss es, gefeiert zu werden: Walter Scheibli im Oktober 2012 im legendären gelben Pullover.

    Er genoss es, gefeiert zu werden: Walter Scheibli im Oktober 2012 im legendären gelben Pullover.

    Foto: Andy Mueller (Freshfocus)

    Scheibli wurde zu einer Kultfigur im Hallenstadion.

    Absolut. So bescheiden Walti war, er genoss es sehr, wie er gefeiert wurde. Wenn das Spiel flau war, riefen die Fans: «Waaaaalter Scheibli.» Und er stand mit seinem gelben Pullover auf und winkte ins Publikum. Das war für ihn das Grösste. Ich sagte zu ihm: «Am Schluss deiner Einschaltung musst du dich immer abmelden mit dem Resultat. Also: ZSC eis, Davos zwei, Walter Scheibli für Radio 24.» Das wurde auch zu einem legendären Spruch.

    Der ZSC war in den Achtzigerjahren noch der Underdog, es gab viel zu leiden. Trug das auch bei zum Kult?

    Ja. Am Anfang war der ZSC ja noch in der Nationalliga B. Walti musste nach Ajoie reisen und kam um drei Uhr morgens nach Hause. Und wenn der Aufstieg verpasst wurde, litt er. Ich ging auch immer wieder ins Hallenstadion, unter anderem ans legendäre Spiel 1992 im Viertelfinal gegen Lugano, als die Hütte brannte wie nie zuvor und nachher. Alles war voller Rauch, Lugano war der haushohe Favorit. Wir lagen uns alle in den Armen. Eine solche Begeisterung habe ich nie mehr in einem Stadion erlebt.


    Als der ZSC 1992 das «Grande Lugano» stürzte.

    Youtube

    Wie gut passte Scheibli ins junge Team von Radio 24?

    Tipptopp, das war kein Problem. An der Weihnachtsfeier nahm er mit seinem breiten Lachen und seiner Herzlichkeit alle für sich ein. Alle mochten ihn. Später kam dann ja auch sein Sohn dazu, Walter J. Auch er war ein herzensguter Mensch und machte bei uns jahrelang Reportagen. Ich pflegte Kontakt mit der ganzen Familie, auch mit Frau Margrit. Wir hatten auch eine eigene Fussballmannschaft bei Radio 24, sein Sohn spielte mit. Und Walter Scheibli kam immer an die Spiele und feuerte uns an. Es war sehr familiär.

    Stand Walter Scheibli nicht im Tor? Er hatte ja von einer Goaliekarriere in Frankreich geträumt und einst drei Nationalliga-A-Spiele bestritten.

    Nein, nicht mehr. Aber er hat uns erzählt von seinen glorreichen Zeiten. Ich wunderte mich immer, weil er eigentlich so klein war. Was nicht optimal ist für einen Goalie. Er war ja nicht grösser als 1,70 Meter.

    Bei der Fusion des ZSC mit der GC-Eishockeysektion kämpften Sie zusammen mit Scheibli für das Kürzel ZSC. Letztlich blieb es.

    Ja, aber wir mussten in den sauren Apfel beissen und das Lions akzeptieren. Doch es wurde nie wichtig. Noch keiner hat ZSC Lions gerufen. Wir machten Sondersendungen, es war Aufruhr in der Stadt. Als es auf der Kippe stand, ging ich zu Walter Frey und sagte: «Das könnt ihr nicht tun! Der Clubname ist heilig.» Seine Frau sagte zu ihm: «Dann gib ihm doch den Club, Walti.» Ich bin total erschrocken und sagte: «Nein, bitte nicht! Ich habe nicht so viel Geld.» (lacht)

    Wann haben Sie Walter Scheibli das letzte Mal gesehen?

    Ich rief ihn vor ein, zwei Jahren einmal an. Aber er hörte mich nicht mehr so gut und schrie in den Hörer. Kurz vor seinem Tod rief mich einer seiner Verwandten an und sagte: «Ich war gerade in der Klinik bei Walti. Er ist zwar nicht mehr so präsent. Aber kann sich immer noch erinnern an die Zeit bei Radio 24 und hat von dir geredet. Könntest du ihn nicht einmal besuchen?» Ich sagte: «Ja klar.» Wir machten aus, dass wir ihn im neuen Jahr besuchen würden. Drei Tage später starb Walti.

    ZSC Lions: Roger Schawinski über Radioreporter Walter Scheibli | Tages-Anzeiger (tagesanzeiger.ch)


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