- Offizieller Beitrag
Super League: Winterthur – FCZ
Der FCZ in Winterthur – kein Anschluss unter dieser Nummer
Nach einem erschreckenden Auftritt verhindert ein spätes Tor von Fabian Rohner die Niederlage des FCZ beim FC Winterthur. Nach dem 1:1 bleibt Zürich Tabellenletzter.
Florian Raz (TA)
Es geht gerade gar nichts: Blerim Dzemaili hadert in Winterthur mit dem Schicksal – und vielleicht auch ein klein wenig mit sich.
Foto: Andy Müller (Freshfocus)
Manchmal muss man sich im Fussball auf die ganz kleinen Dinge achten, um das grosse Ganze zu verstehen. Und manchmal ist es so, wie an diesem Sonntagnachmittag, als der FC Zürich beim FC Winterthur antritt: Da liegt alles offen in der Sommersonne.
Was da zum Vorschein kommt, ist aus Sicht des FCZ erschreckend. Alles, was die Zürcher in ihrer Meistersaison ausgezeichnet hat, ist weg. Einsatzwille? Verschwunden. Spielwitz? Unauffindbar. Defensive Stabilität? Eine Mär aus vergangenen Zeiten. Spielauslösung? Kein Anschluss unter dieser Nummer.
Bislang konnten sich die Zürcher die Auftritte unter ihrem neuen Trainer Franco Foda ja jeweils schönreden. Sie fanden hier eine vergebene Chance und dort eine gute Phase, um sich daran festzuhalten. Und sie haben am Donnerstag das erste, grosse Saisonziel erreicht: eine europäische Gruppenphase.
Foda denkt, seine Mannschaft werde dadurch beflügelt. Er will «den Schwung mitnehmen», wie er nach dem Spiel in Winterthur sagt. Dazu nimmt er so wenige Wechsel in der Startformation vor, wie noch nie in seiner Amtszeit. Bloss Ivan Santini und Blerim Dzemaili kommen frisch ins Team. Dazu spielt Zürich zum dritten Mal in Serie 3-5-2.
Ein Team ist heiss auf das Derby – und eines immerhin da
Aber das bringt alles nichts. Von Anpfiff weg ist auf der ausverkauften Schützenwiese zu sehen, dass hier eine Mannschaft auf das Kantonsderby brennt. Und der FCZ ist immerhin rechtzeitig auf dem Feld. Das schon. Mehr Positives lässt sich über seine erste Halbzeit dann leider nicht sagen.
Oder vielleicht doch: Es steht 0:0. Weil Roman Buess zeigt, warum es die Winterthurer in der Super League bei all ihrem Eifer und all ihrer Leidenschaft schwer haben: Zu oft fehlen ihnen die entscheidenden Zentimeter, sind sie hier etwas zu ungenau und dort zu überhastet.
So, wie in der 21. Minute, als Mirlind Kryeziu im Spielaufbau ein Ball über die Füsse rollt. Buess kommt aus rund 14 Metern zum Schuss. Aber er schliesst so schwach ab, dass Yanick Brecher mit einem schnellen Taucher die Winterthurer Führung verhindern kann.
In der FCZ-Garderobe wird es etwas lauter
Zur Pause wird es in der Garderobe des FCZ «etwas lauter», wie Brecher und Foda einhellig berichten. Danach divergieren ihre Erzählungen leicht. Der Trainer will nun einen «sehr aktiven FCZ» sehen. Der Goalie findet, wegen der kleinen Steigerung «nach der schlechtesten Halbzeit dieser Saison» solle bloss niemand «etwas schönreden».
Zumal der FCZ trotz viel Ballbesitz bis zur 85. Minute zu exakt null Schüssen auf das Tor des Gegners kommt. Stattdessen lässt er sich von immer müder wirkenden Winterthurern einmal auskontern. Was dann bereits reicht, um eine Viertelstunde vor Schluss in Rückstand zu geraten. Kryeziu lässt sich von Neftali Manzambi überlaufen, Brecher zögert zu lange – und Francisco Rodriguez trifft per Flachschuss.
Der berichtet danach von seiner Dankbarkeit, «dass ich vor so einer Kulisse ein Tor erzielen darf». Aber Rodriguez gibt auch unumwunden zu, dass der Frust die Freude überwiegt. Der Frust, den ersten Sieg in der Super League seit dem Aufstieg verpasst zu haben.
Es ist am Ende nicht ganz klar, ob den Winterthurern einfach die Kraft ausgeht. Oder ob der FCZ mit dem Blick auf die Derbyniederlage doch noch so etwas wie eine Steigerung hinlegt.
Vermutlich ist es eine Mischung aus beidem. Zürich braucht jedenfalls ein doppeltes Geschenk der Winterthurer, um doch noch einen Punkt zu retten. Erst verliert ein weich gekochter Souleymane Diaby den Ball an den eingewechselten Fabian Rohner, dann rutscht Timothy Fayulu dessen haltbarer Schuss unter dem Körper durch. Es ist der erste Treffer unter Foda in der Super League. Immerhin. Aber Brecher sagt danach: «Das interessiert jetzt wirklich niemanden.»
Wobei am Ende der FCZ gar noch den Siegtreffer erzielen könnte. Aber Wilfried Gnonto schliesst in der Nachspielzeit so schwach ab, wie sein Team zuvor während 92 Minuten aufgetreten ist. Selbst Foda sagt: «Einen Sieg hätten wir auch nicht verdient.»
Mit dem 1:1 bleibt der FCZ Letzter der Super League. Und damit auch knapp hinter Winterthur die Nummer 3 im Kanton. Der Trainer redet von den «Basics», die gefehlt haben. Gibt zu: «So wie zu Beginn darfst du nicht auftreten.» Und findet, das alles sei durch «Arbeit» wieder gerade zu biegen: «Da muss man auch mal den inneren Schweinehund bezwingen.»
Das klingt alles bereits verdächtig nach Durchhalteparolen. Aber vielleicht hat Foda ja einen Plan, den er intern zur Anwendung bringt. Gut wäre es für den FCZ, der am Donnerstag in St. Gallen im Hinspiel gegen Heart of Midlothian um den Einzug in die Europa League spielt. Einen Auftritt wie in Winterthur sollte er sich dann nicht erlauben.