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    Super League: Winterthur – FCZ

    Der FCZ in Winterthur – kein Anschluss unter dieser Nummer

    Nach einem erschreckenden Auftritt verhindert ein spätes Tor von Fabian Rohner die Niederlage des FCZ beim FC Winterthur. Nach dem 1:1 bleibt Zürich Tabellenletzter.

    Florian Raz
    Florian Raz (TA)

    Es geht gerade gar nichts: Blerim Dzemaili hadert in Winterthur mit dem Schicksal – und vielleicht auch ein klein wenig mit sich.


    Es geht gerade gar nichts: Blerim Dzemaili hadert in Winterthur mit dem Schicksal – und vielleicht auch ein klein wenig mit sich. Foto: Andy Müller (Freshfocus)

    Manchmal muss man sich im Fussball auf die ganz kleinen Dinge achten, um das grosse Ganze zu verstehen. Und manchmal ist es so, wie an diesem Sonntagnachmittag, als der FC Zürich beim FC Winterthur antritt: Da liegt alles offen in der Sommersonne.

    Was da zum Vorschein kommt, ist aus Sicht des FCZ erschreckend. Alles, was die Zürcher in ihrer Meistersaison ausgezeichnet hat, ist weg. Einsatzwille? Verschwunden. Spielwitz? Unauffindbar. Defensive Stabilität? Eine Mär aus vergangenen Zeiten. Spielauslösung? Kein Anschluss unter dieser Nummer.

    Bislang konnten sich die Zürcher die Auftritte unter ihrem neuen Trainer Franco Foda ja jeweils schönreden. Sie fanden hier eine vergebene Chance und dort eine gute Phase, um sich daran festzuhalten. Und sie haben am Donnerstag das erste, grosse Saisonziel erreicht: eine europäische Gruppenphase.


    Foda denkt, seine Mannschaft werde dadurch beflügelt. Er will «den Schwung mitnehmen», wie er nach dem Spiel in Winterthur sagt. Dazu nimmt er so wenige Wechsel in der Startformation vor, wie noch nie in seiner Amtszeit. Bloss Ivan Santini und Blerim Dzemaili kommen frisch ins Team. Dazu spielt Zürich zum dritten Mal in Serie 3-5-2.


    Ein Team ist heiss auf das Derby – und eines immerhin da


    Aber das bringt alles nichts. Von Anpfiff weg ist auf der ausverkauften Schützenwiese zu sehen, dass hier eine Mannschaft auf das Kantonsderby brennt. Und der FCZ ist immerhin rechtzeitig auf dem Feld. Das schon. Mehr Positives lässt sich über seine erste Halbzeit dann leider nicht sagen.

    Oder vielleicht doch: Es steht 0:0. Weil Roman Buess zeigt, warum es die Winterthurer in der Super League bei all ihrem Eifer und all ihrer Leidenschaft schwer haben: Zu oft fehlen ihnen die entscheidenden Zentimeter, sind sie hier etwas zu ungenau und dort zu überhastet.

    So, wie in der 21. Minute, als Mirlind Kryeziu im Spielaufbau ein Ball über die Füsse rollt. Buess kommt aus rund 14 Metern zum Schuss. Aber er schliesst so schwach ab, dass Yanick Brecher mit einem schnellen Taucher die Winterthurer Führung verhindern kann.


    In der FCZ-Garderobe wird es etwas lauter


    Zur Pause wird es in der Garderobe des FCZ «etwas lauter», wie Brecher und Foda einhellig berichten. Danach divergieren ihre Erzählungen leicht. Der Trainer will nun einen «sehr aktiven FCZ» sehen. Der Goalie findet, wegen der kleinen Steigerung «nach der schlechtesten Halbzeit dieser Saison» solle bloss niemand «etwas schönreden».

    Zumal der FCZ trotz viel Ballbesitz bis zur 85. Minute zu exakt null Schüssen auf das Tor des Gegners kommt. Stattdessen lässt er sich von immer müder wirkenden Winterthurern einmal auskontern. Was dann bereits reicht, um eine Viertelstunde vor Schluss in Rückstand zu geraten. Kryeziu lässt sich von Neftali Manzambi überlaufen, Brecher zögert zu lange – und Francisco Rodriguez trifft per Flachschuss.

    Der berichtet danach von seiner Dankbarkeit, «dass ich vor so einer Kulisse ein Tor erzielen darf». Aber Rodriguez gibt auch unumwunden zu, dass der Frust die Freude überwiegt. Der Frust, den ersten Sieg in der Super League seit dem Aufstieg verpasst zu haben.

    Es ist am Ende nicht ganz klar, ob den Winterthurern einfach die Kraft ausgeht. Oder ob der FCZ mit dem Blick auf die Derbyniederlage doch noch so etwas wie eine Steigerung hinlegt.

    Vermutlich ist es eine Mischung aus beidem. Zürich braucht jedenfalls ein doppeltes Geschenk der Winterthurer, um doch noch einen Punkt zu retten. Erst verliert ein weich gekochter Souleymane Diaby den Ball an den eingewechselten Fabian Rohner, dann rutscht Timothy Fayulu dessen haltbarer Schuss unter dem Körper durch. Es ist der erste Treffer unter Foda in der Super League. Immerhin. Aber Brecher sagt danach: «Das interessiert jetzt wirklich niemanden.»


    Wobei am Ende der FCZ gar noch den Siegtreffer erzielen könnte. Aber Wilfried Gnonto schliesst in der Nachspielzeit so schwach ab, wie sein Team zuvor während 92 Minuten aufgetreten ist. Selbst Foda sagt: «Einen Sieg hätten wir auch nicht verdient.»

    Mit dem 1:1 bleibt der FCZ Letzter der Super League. Und damit auch knapp hinter Winterthur die Nummer 3 im Kanton. Der Trainer redet von den «Basics», die gefehlt haben. Gibt zu: «So wie zu Beginn darfst du nicht auftreten.» Und findet, das alles sei durch «Arbeit» wieder gerade zu biegen: «Da muss man auch mal den inneren Schweinehund bezwingen.»

    Das klingt alles bereits verdächtig nach Durchhalteparolen. Aber vielleicht hat Foda ja einen Plan, den er intern zur Anwendung bringt. Gut wäre es für den FCZ, der am Donnerstag in St. Gallen im Hinspiel gegen Heart of Midlothian um den Einzug in die Europa League spielt. Einen Auftritt wie in Winterthur sollte er sich dann nicht erlauben.

  • in diesem tagi artikel ist fast alles gesagt. das fehlende sagt noch dieser kommentarschreiber:

    Paul Gutknecht
    vor 1 Stunde

    Der FCZ-Präsident glaubt an Team und Trainer und sieht eine gute Zukunft.

    Somit alles richtig gemacht aus seiner Sicht. Gesucht sind nun Fans und Beobachter, die seine Meinung teilen. Das dürfte eher schwierig werden.

    NieUsenandGah

  • Ich bin schon überrascht wie vehement und leicht verklärt nun gegen Foda geschossen wird. Ob er ein guter Trainer ist beuerteile ich nicht. Zum FCZ scheint er noch nicht zu passen. Aber welcher Trainer nach Breitenreiter würde das schon. Die Erwartungen waren total übersteigert. Wer glaubte, dass man jetzt einfach immer so Zweiter oder Dritter wird verkennt, das die letzte Saison einfach perfekt war, das non plus ultra. Mehrere Spieler hatten die Saison ihres Lebens (Doumbia, Kryeziu etc.). Ceesay machte aus zwei Chancen drei Tore. Gnonto war der unbekümmerte, frische Joker: Dzemaili wollte nochmals beweisen, das er mehr als der alternde Motzi ist. Und Breitenreiter orchestrierte dieses Ballett perfekt. Und irgendwann war es ein Schwanensee in Perfektion.

    Doumbia und Ce sind weg, Krey spielt wieder so, dass man plötzlich versteht warum man ihn einst weghaben wollte…etc.

    Zudem kommt das für internationale Kampagnen eher zu schmale Kader und ein Meister Blues der so richtig eingefahren ist. Der FCZ ist besser als seine aktuelle Situation. Ob Foda noch die Kurve kriegt wird sich zeigen. Und das es Profis auf dem Niveau nicht schaffen mehr als ein System zu spielen..lächerlich.

    Oder spielt sich eben doch fast alles im Kopf ab..

    2 Mal editiert, zuletzt von Blackstar (14. August 2022 um 20:30)

    • Offizieller Beitrag

    Die Erwartungen waren total übersteigert.

    Nein. Niemand hatte Erwartungen. Sowohl die Medien wie auch wir hier sahen den FCZ auf Platz 4. Wenn das mit diesem Team und diesem Budget nicht mehr möglich ist sollte man aufhören. FF hat mit seinem Systemwechsel zu Beginn der Saison viel zerstört und nun fehlt das Selbstbewusstsein. Habe schon oft gesagt wie wichtig ein guter Start in die Saison ist, sei es FCZ oder ZSC. FF hat es auf dem Gewissen.

  • Die Erwartungen waren total übersteigert.

    eigentlich nur bei canepa(s). die meisten zuschauer/fans konnten die letzte saison sehr wohl richtig einschätzen. ich kenne jedenfalls niemanden der dem fcz diese saison die titelverteidigung zugetraut hat. die meisten gingen sogar davon aus, dass wir von anfang an nicht um die plätze 1-2 spielen werden.

    aber das was jetzt abgeht auf dem spielfeld, war wohl auch in keiner vorschau drin, nicht mal in der pessimistischten. und das foda das volle fett abkriegt ist mehr als logisch. tritt er doch als sturer, arroganter, unsympathischer, von sich total überzeugter, empathieloser und unbelehrbarer sack auf, welcher sich auch nicht selten mit spielern verkracht. auf jeden fall hat sich ALLES bestätigt zu seiner person, was die warner aus österreich berichtet haben im vorfeld. aber wirklich alles! und das nach kaum einem monat!

    NieUsenandGah

  • an weihnachten waren wir letzter! alle wollten favre entlassen. aber strittmatter, der damalige finanzchef des fcz, hat sich für ihn bei hotz stark gemacht, darum durfte er bleiben. strittmatters frau ist welsche und mit frau favre befreundet.

    am schluss der saison 2003/2004 war der fcz vierter, nur 3 punkte hinter dem dritten servette.

    NieUsenandGah

    • Offizieller Beitrag

    an weihnachten waren wir letzter! alle wollten favre entlassen. aber strittmatter, der damalige finanzchef des fcz, hat sich für ihn bei hotz stark gemacht, darum durfte er bleiben. strittmatters frau ist welsche und mit frau favre befreundet.

    am schluss der saison 2003/2004 war der fcz vierter, nur 3 punkte hinter dem dritten servette.

    Ausnahmen bestätigen die Regel!

  • https://weltwoche.ch/story/berliner-die-urs-fischer-lieben/


    BASIEREND AUF WAHREN BEGEBENHEITEN

    Berliner, die Urs Fischer lieben


    Der Schweizer Fussballtrainer hat aus dem 1. FC Union Berlin ein Spitzenteam geformt. In der Köpenicker Heimat des Kultvereins entdecken gestandene Anhänger tiefste Gefühle.

    Von was reden wir eigentlich, wenn wir von Liebe reden?» Herausfordernd schaut Hans-Günther in die Runde. Er betreibt eine Autowerkstatt in Köpenick, einem Viertel in Berlins Südosten. Einen kurzen Fussmarsch entfernt steht das Stadion Alte Försterei, die Heimat des Fussballvereins 1. FC Union Berlin. Trainer Urs Fischer aus Zürich hat Hans-Günther kürzlich seinen Wagen zur Inspektion anvertraut. Seither nimmt sich dieser immer öfter das Recht dazu, das Wort zu ergreifen. «Ich frage euch: Was unterscheidet eigentlich Menschenliebe von Trainerliebe? Ihr dürft es ruhig weitererzählen: Ich liebe diesen Schweizer.»

    Hans-Günther, seine Frau Helga, sein Kumpel Schmidti und dessen Frau Conny sitzen an einem heissen Sommerabend am Küchentisch in Köpenick, trinken Bier mit Korn und überlegen, was es auf sich hat mit dieser Liebe zum Fussballverein 1. FC Union Berlin, zur Alten Försterei und besonders zu Urs Fischer, dem Schweizer, der ihr Leben verändert hat.

    Mörderischer Druck
    Union Berlin, das Provinzteam aus der deutschen Hauptstadt, gehört neuerdings zu den Grossen im europäischen Fussball. Das ist Urs Fischers Verdienst. Aber kann Union die hohen Erwartungen erfüllen? Oder herrscht auch hier bald der mörderische Druck, an dem schon so viele Teams zerbrochen sind? Ist ja bekannt, was daraus wird: zu viel Liebe, zu hohe Erwartungen, zu grosses Chaos. Wie früher bei Schalke 04. Oder jetzt beim HSV.

    Conny hält Schmidtis Hand und streichelt ihn. «Ihr wisst, was beim HSV passiert ist, oder? Wahnsinn! Da schiesst sich ein Fan selbst in den Mund, vor Liebe und Enttäuschung.»

    Schmidti befreit seinen Arm aus Connys Hand. «Der Bursche war doch übergeschnappt. Der wäre imstande gewesen, eine Bombe in der HSV-Kabine hochgeh’n zu lassen oder sonst was. Nur weil die den Aufstieg verpasst haben.»

    «Klingt wie ein Albtraum», sagt Conny. «Aber das kann bei uns nicht passieren. Wir haben den Urs Fischer.»

    Auf dem Tisch stehen vier Flaschen Berliner Kindl und ein Kornschnaps der Marke Berliner Brandstifter. Hinter dem geöffneten Fenster beginnt der Wald, dahinter erhebt sich die Alte Försterei. Nachts, wenn gespielt wird, leuchtet das Stadion wie ein Ufo, wirft Licht gegen die Wolken und zurück auf Köpenick.

    Hans-Günther hebt das Glas. «Wisst ihr, echte Liebe ist immer geistige Liebe! Aber das mit dem Urs Fischer ist etwas anderes, kommt von tiefer unten. Das habe ich so noch nie erlebt.»

    «Klar ist das was Besonderes», sagt Schmidti. «Aber was, wenn es auch mit dem Fischer zu Niederlagen und Enttäuschungen kommt? Wie lange hält dann die Liebe, Hans-Günther? Ist doch so in der Liebe, da kommt immer irgendwann die grosse Enttäuschung.»

    Auch Helga ist skeptisch. «Wer von uns weiss denn schon wirklich was von der Liebe? Mir kommt es schon länger so vor, als wären wir alle bloss Anfänger auf diesem Gebiet. Und ich geh jetzt auf die Fünfzig zu.»

    Unbeeindruckt hebt Hans-Günther wieder sein Glas. «Auf die Liebe, auf Urs Fischer.» Zögerlich tun es ihm die andern nach.

    Im Garten hinter dem Haus bellt ein Hund. Hans-Günther geht hinunter und nimmt Bessie an die Leine. Er führt sie auf die Hämmerlingstrasse, dann bei der Union-Fankneipe «Abseitsfalle» rechts rein, auf einen Waldweg direkt an der Wuhlheide, flankiert von Scheinwerferlampen wie im Todesstreifen zu DDR-Zeiten. Die Lampen sollen an Spieltagen für Sicherheit sorgen, wenn sich Tausende Fans über diesen naturbelassenen Waldweg von der S-Bahn-Station Köpenick der Alten Försterei nähern.

    Bald taucht das Stadion vor uns auf. Zäune, Gitterstäbe, Stacheldraht, Fan-Graffiti an alten Mauern. «Weisst du, die grössten Unterschiede zu anderen Vereinen merkt man erst im Stadion drin», sagt Hans-Günther. «Hier gibt’s keine Show vor dem Spiel. Wir sind keine Show-Leute, wir sind eiserne Schlosserjungs.»

    22 000 Zuschauer fasst die Alte Försterei offiziell. Manchmal sind es sehr viele mehr. Fans steigen hier auch mal über den Zaun, was keinen kümmert. Bald soll die Kapazität des Stadions erweitert werden, auf 37 000 Plätze, davon 29 000 altmodische Stehplätze.

    Plage aus England
    Hans-Günther legt seinen Arm um meine Schultern. «Weisst du, der Aufstieg dreissig Jahre nach dem Mauerfall war für uns eine Wiedervereinigung im Kleinen. Wir stehen für den Osten, das Widerspenstige. Wir mussten schon in der DDR immer gegen Widerstände von oben ankämpfen. Nun gehören wir zur Elite des deutschen Fussballs. Aber den Spielstand lassen wir uns immer noch über Steckschilder anzeigen.»

    Bessie kläfft sich das Maul heiser. Vor uns stehen englische Touristen. «Während der Saison kommen sie zu Tausenden, ist echt eine Plage geworden», sagt Hans-Günther. «Sie kommen wegen der billigen Stehplätze und weil es hier im Stadion noch richtig abgeht. Sie können hier ihre Körper testen. Wie viel kann man auf der Stehplatztribüne einstecken? Kotzt man sich vor Angst auf die Hose, oder hüpft man mit wackelnden Knien einfach immer weiter?» Er spuckt auf die Erde.

    «Kommen die Engländer wirklich, weil sie vom durchkommerzialisierten Fussballzirkus auf der Insel die Nase voll haben?», frage ich.

    «Ja, klar!», sagt Hans-Günther.

    «Kommen die nicht vor allem, weil sie in deutschen Stadien so viel Bier trinken dürfen, wie sie wollen?», hake ich nach.

    «Glaube ich nicht, nein. Das ist Fussball-Liebe, echte Liebe», sagt Hans Günter. Er hat sein Lieblingswort wieder entdeckt.

    Unvermittelt wendet er sich zu einem Baum, pinkelt, dreht dazu den Kopf in meine Richtung und redet weiter. «Hier werden Sachen halt anders gemacht. Die Alte Försterei ist das Stadion der Unioner. Es gibt keine privaten Grossaktionäre, keine Abhängigkeit von privaten Unternehmen. Die Verantwortung für das Stadion tragen die Menschen, die hier eine Heimat gefunden haben und denen es am Herzen liegt.» Bessie kläfft den Engländern nach. Langsam gehen wir zurück zur Autowerkstatt.

    «Wir stehen für das Widerspenstige. Wir mussten schon in der DDR gegen Widerstände ankämpfen.»

    «Hans-Günther, ich muss es dir jetzt doch sagen, obwohl ich zuerst nicht wollte: Eure Loblieder auf die ‹eisernen Schlosserjungs›, auf eure ‹Trainerliebe›, auf Urs Fischer – diese ganze Union-Romantik wirkt auf mich ein bisschen, wie soll ich sagen, überstrapaziert, wenn du weisst, was ich meine . . .»

    Hans-Günther schaut mich verdutzt an. Dann wendet er den Blick auf Bessie. Die schnuppert den Waldboden ab, wo an Spieltagen Tausende Fans in die Wuhlheide pissen.

    Ich versuche mich zu erklären. «Also, ich verstehe es schon irgendwie. Man will seine Wurzeln nicht verlieren, das Image des unbequemen Underdogs bewahren. Aber was passiert, wenn hier alles zur profitorientierten Folklore verkommt. Wie bei Schalke 04?»

    Hans-Günther packt meinen rechten Arm, hält mich fest und schaut mir in die Augen. «Kein Scheiss jetzt, ja?! Wir sind ein Bundesligaverein! Ein europäischer Spitzenverein! Aber mit Union-Atmosphäre! Daran wird sich nichts ändern!»

    «Und wenn ihr euch was vorlügt?»

    «Verrückt geworden?! Anderswo sind die Anhänger nur Kunden, wir verstehen uns als Familie. Man hilft sich, wenn’s einem dreckig geht!»

    Über die Autowerkstatt kehren wir zurück in die Küche. Conny raucht am Fenster eine Zigarette. Schmidti studiert die Sport-Bild. Helga bestreicht Brötchen mit «Hackepeter».

    Arbeiter, Punks, Künstler
    Mein scheuer Einwand lässt Hans-Günther keine Ruhe. «Weisst du, als unser Verein 2004 zu finanzschwach war, um eine Lizenz für die Regionalliga zu bekommen, da spendeten die Fans Blut. Herzblut. Darum geht’s! Wenn ein Union-Mitglied stirbt, wird das beim nächsten Spiel durchgesagt – dafür bleibt die Halbzeitpause frei von Werbung. Auf Dauerbespassung und Stimmungsmusik verzichten wir. Stattdessen haben wir uns Regeln gegeben. Die eigene Mannschaft wird nie ausgepfiffen. Und keiner verlässt vor dem Schlusspfiff das Stadion.»

    «Und ihr glaubt wirklich, das könnt ihr durchhalten?»

    «Weisst du», sagt Hans-Günther, «wir waren immer schon anders, schon zu DDR-Zeiten. Das Stadion war gefüllt mit Arbeitern, dazwischen Hippies, Punks, Künstler, Oppositionelle. Man sagte: ‹Nicht jeder Staatsfeind ist ein Unioner, aber jeder Unioner ist ein Staatsfeind.›»

    Schmidti ruft dazwischen: «Bei Freistössen schrie mein Vater: ‹Die Mauer muss weg!›»

    «Natürlich gefiel das der Stasi nicht», fährt Hans-Günther fort. «Aber ein ganzes Stadion konnten sie ja nicht verhaften. Weisst du, wir Unioner gehen mit unseren Schwächen ironisch um. Wir haben, wie sagt man . . . wir haben einfach . . .»

    «. . .Kultur. Wir haben Kultur», sagt Helga mit spöttischem Unterton.

    «Ja, Kultur! Genau! Wir haben Kultur!»

    Helga lacht laut heraus. «Was weisst denn du von Kultur?»

    «Leck mich am Arsch, Helga! Natürlich haben wir Kultur», sagt Hans-Günther. «Sonst wäre der Urs Fischer nicht nach Berlin gekommen, sondern in seinem feinen Zürich oder Basel geblieben. Was will der bei uns in Berlin, wenn es ihm nicht auch um Kultur geht?! Schliesslich gibt es hier vier Opernhäuser. Ehrlich jetzt, ich will nicht, dass man mich in der Schweiz falsch versteht: Es geht um eine Fussballkultur, die Menschen verbindet, so unterschiedlich sie auch sein mögen. Fans erzeugen einen Zusammenhalt, der nicht nur symbolisch ist . . .»

    «Symbolisch? Was soll das jetzt wieder heissen, Hans-Günther?», fragt Schmidti.

    «Die Stadionerfahrung, Schmidti! Kapierst du’s echt nicht? Es ist die rauschhafte Erfahrung beim gemeinsamen Zuschauen. Und dabei die Grenzen des eigenen Körpers zu überschreiten. Es ist wie bei der Liebe. Genau wie bei der Liebe!»

    Helga krümmt sich vor Lachen. «Was redest du da?! Wann hast denn du bei der Liebe zuletzt die Grenzen deines Körpers überschritten?»

    «Mach mich nicht an!», sagt Hans-Günther. «Ich wollte nur einen Vergleich ziehen. Mir geht es darum, unserem Schweizer Gast zu erklären, wie sehr wir es schätzen, dass uns sein Land den Urs Fischer ausgeliehen hat.»

    «Ausgeliehen? Der gehört jetzt uns», sagt Helga. «Wem sonst? Den lassen wir nie mehr ziehen. Manchmal bist du wirklich nicht zu retten. Aber ich liebe dich trotzdem, Schätzchen. Du bist mein Urs.»

    Schmidti dreht sich zu Conny um. «Von was reden die eigentlich, wenn sie von Liebe reden?»

    Sie nimmt seine Hände, stützt ihre Stirn an die seine und schliesst ihre Augen. «Vielleicht können wir es ja auch hören, was Helga und Hans-Günther gerade hören», sagt Conny sanft.

    «Was denn?», fragt Schmidti.

    «Wie so ein Schweizer Herz schlägt. Ticktack, ticktack. Hörst du es? Unser Herz, mein Schatz!»


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    NieUsenandGah

    • Offizieller Beitrag

    Hat der Pensionär aus Florida bereits am FR im (korrekten) BuLi - Fred gepostet :lehrer:

    • Offizieller Beitrag
    Gnonto angeblich mit Leeds einig – Ablösesumme aber noch zu tief

    Der Abgang von Wilfried Gnonto steht beim FC Zürich bereits länger im Raum. Nun soll sich der 18-jährige Offensivspieler mit Leeds United einig sein. Dies berichtet Transferexperte Nicolo Schira. Demnach wolle der Italiener beim Premier-League-Klub einen Vertrag bis 2027 unterschreiben. Die Verhandlungen zwischen dem FCZ und Leeds stehen aber noch aus. Leeds biete gemäss Gianluca Di Marzio rund fünf Millionen Euro. Das dürfte FCZ-Präsident Ancillo Canepa zu tief sein. Er beharrte lange auf einer zweistelligen Millionensumme, habe die Forderungen vor Kurzem aber auf acht Millionen gesenkt, wie die «Gazzetta dello Sport» berichtete. (nih)

  • [quote='Mitsch 2006','https://forum.zscfans.ch/thread/964-d%C3%A4-fcz-fred/?postID=147774#post147774']

    ich frag mich, welche talente bei gnonto überhaupt 5 mio wert sein sollen...das alter?

    [/quote]

    Deine Frage ist nicht unberechtigt! Er hatte letzte Saison - irrtum vorbehalten - deutlich weniger als 40 % Einsatzzeit und vor allem, wenn er beginnen durfte, kaum ke überzeugt.

    5 Mio? Danke und weg!

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