«Der ZSC hat ein schweres Los»
Biels Kevin Schläpfer (45) bezeichnet die dritte Playoff-Qualifikation als schönste, weil sie dem ganzen Team zuzuschreiben sei. Obschon er die ZSC Lions als stärksten Gegner einstuft, verspricht er einen harten Kampf.
Mit Kevin Schläpfer sprach Simon Graf
Wie haben Sie den Basler Morgestraich erlebt?
Es war wunderschön, noch trocken und nicht zu kalt. Und ich hatte einen guten Platz, konnte es voll auskosten.
War er besonders süss nach der Playoff-Qualifikation?
Ja, das war er. Der Druck ist weg, alles ist positiv. Viele gratulierten, riefen mir zu. Das gibt Energie. Wenn es nicht läuft, wollen alle mit mir diskutieren. Nun spürte ich einfach, dass sie sich für mich freuen. Man kennt mich. Ich habe keinen Morgestraich verpasst, seit ich 16 bin.
Keinen?
Nein, auch nicht, als ich in Lugano spielte. Damals fuhr ich danach direkt zurück ins Training ins Tessin. Viele haben eine falsche Vorstellung vom Morgestraich. Man geht nicht, um Alkohol zu trinken, sondern um zuzuschauen. Ich geniesse diese Atmosphäre. Und jetzt gerade bin ich unterwegs mit meinen Kindern zum grossen Umzug.
Zum dritten Mal nach 2012 und 2013 schafften Sie mit Aussenseiter Biel das Playoff. Wie stufen Sie die diesjährige Teilnahme ein?
Für mich ist sie die schönste, weil sie der ganzen Mannschaft zuzuschreiben ist. Vor drei Jahren redeten alle von Berra, vor zwei von Kane und Seguin. Diesmal war es kein einzelner Superstar, sondern wirklich das Team, das sich ins Playoff kämpfte. Die Leaderrollen wechselten sich ab. Wenn der eine schlechter spielte, sprang ein anderer in die Bresche. Deshalb fielen wir nie in ein Loch.
Sie sind bekannt dafür, wie Sie Ihre Spieler unaufhörlich antreiben. Tun Sie das jeden Tag?
Jeden Spieltag. Es sind alles Menschen. Wenn einer einmal schlechten Tag hat im Training, kann ich damit leben. Aber nicht am Matchtag. Da verlange ich, dass jeder seckelt. Ob einer Ausländer ist, jung oder alt, wenn er nicht sein Bestes gibt, bekommt er ein Problem. Ich erlebte Trainer, die hatten immer ihre drei, vier Spieler, auf denen sie rumhackten. Ich bin zu allen gleich. Das zog ich auch bei Seguin und Kane durch. Wenn das die Spieler merken, akzeptieren sie es auch.
Sie wirken stets unter Strom.
Woher nehmen Sie die Energie?
Ich musste lernen, meine Kräfte einzuteilen. Ich nehme mir Zeit, mich zu erholen. Jeden Tag gönne ich mir einen 30-minütigen Powernap. Und einmal pro Woche gehe ich ins Wellness. Zudem kann ich abschalten, wenn meine drei Kinder bei mir sind. Das braucht zwar auch Energie, ist aber sehr gut für den Kopf.
Sie sind nun seit vier Jahren Bieler Headcoach. Wie haben Sie sich in dieser Zeit entwickelt?
Ich denke schon, dass ich einiges gelernt habe. Ich wurde ja dazu gezwungen, mich immer wieder anzupassen, weil ich jedes Jahr zwei, drei Topspieler verlor. Aber im Grundsatz bin ich der Gleiche geblieben. Ich fuhr ja gut mit meinem Stil, als ich das Team in der Ligaqualifikation übernahm.
2012 war Biel froh, erstmals dabei zu sein im Playoff. 2013 zwangen Sie Fribourg über sieben Spiele. Wie ist es jetzt, gegen die ZSC Lions?
Wir haben mit den Zürchern den schwerstmöglichen Gegner erhalten. Das sage ich nicht, weil sie Erste wurden. Sondern, weil sie sehr reif sind. Würden wir gegen den SCB spielen und das erste Spiel gewinnen, in Bern würde ein Feuerwerk losgehen. Die ZSC Lions werden nicht so schnell nervös.
Wie schaffen Sie es, die Spannung im Team wieder aufzubauen, nachdem das grosse Ziel geschafft ist?
Wir können nicht negieren, dass uns mit der Playoff-Qualifikation ein Stein vom Herzen gefallen ist. Und das sollten wir auch nicht. Die Freude darüber, was wir erreicht haben, müssen wir zwei, drei Tage zulassen. Am Mittwochabend oder Donnerstag beginnt dann die Vision Zürich. Dann muss ich die Spannung wieder aufbauen. Klar wollen wir gewinnen. Aber das Mindestziel ist für mich, dass die Leute nach dieser Serie sagen: Das war hart für Zürich. Wenn wir einfach so ausscheiden, wäre ich enttäuscht.
Biel hat diese Saison gegen die ZSC Lions drei von vier Spielen gewonnen. Was ist das Rezept?
Wir haben gut gespielt, auch taktisch. Aber man muss sehen: Jetzt werfen die grossen Teams noch ein Brikett rein. Ich bin gespannt, ob wir das auch können.
Wen sehen Sie als Meister?
Bern und Zürich sind die Favoriten. Der ZSC hat spielerisch mehr Potenzial, die Berner haben eine unglaubliche Kampfkraft. Mitte Saison favorisierte ich sie. Doch zuletzt schaffte Zürich die Steigerung, während es beim SCB bergab ging. Wenn ich heute setzen müsste, würde ich trotzdem die Berner wählen. Denn der ZSC hat ein schweres Los. (lacht)