- Offizieller Beitrag
ZSC-Probleme Die Zürcher liegen gegen Zug im Viertelfinal 1:2 zurück. Nun fallen auch noch Pittis und Sejna aus.
Von Simon Graf
Die fehlende Chemie der Preisträger
Das Playoff ist noch jung. Es können immer noch 7 Teams Meister werden – das einst stolze Lugano, das die kämpferischen Tugenden seines Aushilfscoachs Philippe Bozon nicht verinnerlicht hat, ausgeschlossen. 7 Teams, zu denen auch die ZSC Lions zählen. Sie brauchen, um gegen Zug weiterzukommen, zwei Heimsiege und einen auswärts. Oder anders ausgedrückt: Sie müssen drei der nächsten vier Spiele gewinnen. Doch das scheint zusehends unrealistisch. Denn gestern wurde bekannt, dass sich Domenico Pittis am Samstag in Spiel 3 (3:6) verletzt hat und auch Peter Sejna wegen einer Blessur, die er sich im Training zugezogen hatte, bis auf weiteres ausfällt.
Es ist die Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet die Zürcher, deren Überangebot an Ausländern immer wieder Rochaden nötig gemacht hatte, nun in der entscheidenden Phase mit zwei Kanadiern spielen müssen, die ursprünglich fürs Farmteam GCK vorgesehen gewesen waren: mit Blaine Down und dem Verteidiger André Signoretti. Die ZSC Lions stehen morgen Dienstag im Hallenstadion also nicht nur mit dem Rücken zur Wand, sie sind auch noch dezimiert. Es droht ihnen ein baldiges, ähnlich frustrierendes Saisonende wie letztes Jahr beim 0:4 gegen Fribourg.
Chicago ist weit weg Am Freitag noch waren sie für ihren Triumph in der Champions League und am Victoria-Cup mit dem Sportpreis der Stadt Zürich für 2009 ausgezeichnet worden. Verdientermassen. Doch die rauschenden Ballnächte am Obersee und der Triumph über Chicago sind weit weg. Im Herbst zehrten die ZSC Lions noch von jenem sporthistorischen 2:1, seit Ende November haben sie 18 von 28 Spielen, ihre Linie und ihr Selbstvertrauen verloren. Sean Simpson, dem nächsten Nationaltrainer, ist es in diesen dreieinhalb Monaten nicht gelungen, die talentierte Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. Auch die Olympiapause, die für den ZSC ein Segen schien, brachte wenig. Das Team sucht immer noch seine Identität. Überzeugen konnten im Playoff bislang nur die Abwehrtürme Seger und Suchy und mit Abstrichen Bärtschi, Down und der nun verletzte Pittis. Andere, wie Alston und Monnet, sind nach einer guten Saison in eine Formbaisse gerutscht. Sulander war im finnischen Goalieduell bisher klar die Nummer 2. Wichser wirkt angeschlagen, die Auftritte Gardners spotten seit Monaten jeder Beschreibung. Und die Verteidigung hat, die Erkenntnis ist nicht neu und sollte Sportchef Edgar Salis zu denken geben, in der Breite schlicht zu wenig Qualität.
Zu viele Rochaden Zudem hat die Hektik Simpsons nicht geholfen. Der Kanadier, der einen angespannten Eindruck macht, wirbelte am Samstag wieder einmal alle Linien durcheinander. Die Mannschaft ist ein «work in progress» geblieben. Es war diese Saison selten, dass der ZSC zweimal nacheinander in der gleichen Formation auftrat. Und so können sich keine Automatismen entwickeln. In Spiel 4 wird man nun notgedrungen wieder eine neue Aufstellung sehen.
Simpson sagte vor dem Playoff, vielleicht sei es gut, dass der ZSC nun wie in der Champions League wieder Aussenseiter sei. Doch dies allein scheint das Team nicht inspiriert zu haben. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Chemie zwischen Trainer und Mannschaft nicht mehr stimmt. Nur wenn sich beide für ein letztes Hurra zusammenraufen, wenn sie den Geist der Champions-League-Abende nochmals aufleben lassen, kann das Playoff für sie noch zu einer positiven Erfahrung werden.