wow, jetzt bin ich vor lauter überraschung beinahe vom stuhl gefallen! was ist passiert? hat morpheus denen die rote pille gegeben?
Epidemiologen drängen Bundesrat zu Lockerungen
Der Bundesrat gerät unter Druck, weil Experten und Kantone noch im August die Normalisierungsphase einläuten wollen.
Mischa Aebi, Adrian Schmid, Tagi
Publiziert heute um 14:02 Uhr
Bundesrat Alain Berset kommt von allen Seiten unter Druck, damit er demnächst die Normalisierungsphase startet.
Vielleicht kann man schon in absehbarer Zeit wieder ohne Masken in der Migros einkaufen und muss das Covid-Zertifikat an weniger Orten zeigen als jetzt. Gesundheitsminister Alain Berset und die Bundesbehörden traten zwar diese Woche auf die Bremse. Doch der Druck steigt. Auch Experten finden nun, es werde langsam Zeit, dass die Schweiz den Weg zurück zur Normalität antritt.
Marcel Tanner, Epidemiologe und ehemaliges Mitglied der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes, sagt: «Jeder und jede hat nun die Gelegenheit gehabt, sich impfen zu lassen. Deshalb ist der Zeitpunkt gekommen, dass der Staat die Vorschriften lockert und nach und nach fallen lassen kann.»
Laut Tanner erlaubt die aktuelle epidemiologische Lage, dass «der Bundesrat im Verlauf des Augusts» die dritte Phase einläutet. Das ist die Normalisierungsphase. «Die dritte Phase muss heissen, dass sich der Staat zurückzieht und jeder die Verantwortung selber übernimmt», sagt der Epidemiologe.
Auch die Wirtschaft soll dann selber entscheiden, welche Massnahmen sie für richtig hält. Die Behörden sollen die Zertifikatspflicht nicht ausweiten, sondern eher einschränken: «Es ist an Restaurants und an privaten Veranstaltern, zu entscheiden, ob sie nur Leute mit Zertifikat hineinlassen», sagt Tanner.
Selbst Masken könnten nun nach und nach aus dem Alltag verschwinden: «Mit der Phase drei kann sich auch die Maskenpflicht zum Beispiel für Geschäfte ändern.» Für den Start der Phase drei fände Epidemiologe Tanner aber gut, wenn im öffentlichen Verkehr und in gewissen öffentlichen Räumen die Maskenpflicht noch bliebe.
«Eine Spaltung der Gesellschaft droht»
Sowohl Tanner als auch der Epidemiologe Marcel Salathé befürchten eine Teilung der Gesellschaft, wenn der Staat weiterhin so stark ins gesellschaftliche Leben eingreift und Ungeimpfte unter Druck setzt. Tanner sagt, die Schweiz müsse zur «Normalität zurückfinden, weil sonst wieder Diktaturvorwürfe hochkochen und die Gesellschaft spalten».
Salathé sagte in den Tamedia-Zeitungen, wegen des Konflikts zwischen Geimpften und Ungeimpften werde das politische Klima immer giftiger und «Freundschaften gehen in Brüche». Er halte das für extrem gefährlich, weil solche Tendenzen nicht einfach wieder weggingen.
Auch Salathé ist deshalb gegen eine Ausweitung der staatlichen Zertifikatspflicht. Und auch er sagt, die Massnahmen für immer aufrechtzuerhalten, sei keine Option. Es stelle sich die Frage, was man tut, wenn ein Teil der Bevölkerung sich nicht impfen lassen wolle. «Wir können nicht ewig in diesem Zustand verharren.»
Auch Cerny schielt Richtung Normalisierung
Der Epidemiologe Andreas Cerny sieht ebenfalls Lichtblicke: Er sagt zwar, es sei gut, dass der Bundesrat jetzt nicht bereits Anfang August Lockerungen zulassen wolle. Denn es herrsche vor allem wegen der Ferienrückkehrer eine grosse Unsicherheit. Er gehe aber davon aus, dass sich nach den Ferien viele Rückkehrer noch impfen lassen würden. «Wenn sich die Entwicklung jetzt nicht noch verschlechtert und es bei der Impfung noch einen Schub gibt, werden meines Erachtens im September Lockerungen und ein Schritt Richtung Normalisierung möglich sein», sagt Cerny.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sieht den Zeitpunkt allerdings noch nicht gekommen, um in die Normalisierungsphase einzutreten. Diese müsste gemäss Konzept des Bundesrats dann erfolgen, wenn alle Leute geimpft sind, die das wollen. Das BAG stellte sich vor ein paar Tagen aber auf den Standpunkt, dass dies noch nicht der Fall sei.
Der grosse Test kommt im Herbst
Doch auch die Kantone wollen vorwärtsmachen. «Den Übergang in die Normalisierungsphase würde ich persönlich aufgrund des Impffortschritts für die zweite Augusthälfte erwarten, nach Ende der Sommerferien», sagt Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektoren-Konferenz. Er will Lockerungen im August, sofern die Situation in den Spitälern – so wie jetzt – unter Kontrolle bleibt, nicht völlig ausschliessen.
Gleichzeitig mahnt Engelberger aber zur Vorsicht. «Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es immer wieder Überraschungen geben kann.» Das Ziel müsse sein, die Corona-Massnahmen Schritt für Schritt aufheben zu können. «Das braucht jedoch Geduld. Die Normalisierungsphase wird relativ lange dauern.» Wie lange, kann er nicht sagen.
Den grossen Test erwartet Engelberger im Herbst. «Wenn es draussen kühler wird, werden wir sehen, ob wir gut aufgestellt sind.» Für den Basler Regierungsrat ist es durchaus möglich, dass die Massnahmen allenfalls wieder verschärft werden müssen.
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