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    KOMMENTAR

    Christian Drosten erklärt die Pandemie für beendet – die Reaktionen zeigen, wie autoritätsgläubig Deutschland bis heute ist

    Kein Wissenschafter hatte in den vergangenen Jahren so viel Einfluss auf die deutsche Politik wie der Virologe Christian Drosten. Das war nicht sein Fehler, aber es war ein Fehler. Für die Rückkehr zur Normalität braucht das Land seinen Ratschlag nicht.

    Beatrice Achterberg, Berlin (NZZ)


    In Deutschland endet die Corona-Pandemie eben später. Andere westliche Länder mögen längst zur Normalität zurückgefunden haben; der amerikanische Präsident etwa zog den Schlussstrich im September, sein französischer Amtskollege im August. Doch die Bundesrepublik brauchte noch Zeit, um sich vom Virus zu verabschieden. Bis jetzt. Denn nun hat Christian Drosten höchstselbst der German Virusangst den Todesstoss versetzt: Nach seiner Einschätzung sei die Pandemie vorbei, sagte die Nummer eins der deutschen Corona-Deuter dem Berliner «Tagesspiegel». Noch interessanter als Drostens späte Erkenntnis sind die Reaktionen darauf.

    In jedem anderen Land hätte man die Aussage eines einzelnen Virologen, zumal so spät, achselzuckend zur Kenntnis genommen. In Deutschland reagierte der Regierungsapparat prompt. «Als politische Konsequenz sollten wir die letzten Corona-Schutzmassnahmen beenden», verkündete allen voran Justizminister Marco Buschmann. Denn: Drosten habe in der Pandemie bekanntlich zu den vorsichtigsten Wissenschaftern gehört.

    Der liberale Justizminister scheint auf eine solche Handreichung nur gewartet zu haben. Laut dem «Tagesspiegel» soll Buschmann den sozialdemokratischen Gesundheitsminister Karl Lauterbach per Brief aufgefordert haben, die noch verbliebenen deutschen Corona-Regeln, etwa die Maskenpflicht im Fernverkehr, ausser Kraft zu setzen.

    Deutschland war zu autoritätsgläubig

    Dass der Justizminister allen Ernstes ein Drosten-Interview braucht, um seine Forderung nach der Rückkehr zur Normalität zu formulieren, zeigt, wie autoritätsgläubig nicht nur er, sondern die ganze Bundesrepublik mit dieser Pandemie umgegangen ist und bis heute umgeht. Statt die Erfahrungen anderer Länder zu berücksichtigen und anderslautenden wissenschaftlichen Rat zur Kenntnis zu nehmen, vertrauten die Regierungsverantwortlichen vor allem einem Virologen. Drostens Aufrufe zu Lockdowns oder seine Studie über die Ansteckungsgefahr durch Kinder waren richtungsweisend.

    Gewiss, Drosten ist nicht verantwortlich dafür, dass ihn die Deutschen zur obersten Corona-Autorität gemacht haben. Auch ist es nicht die Aufgabe eines Wissenschafters, seine Thesen mit der demokratischen Grundordnung in Einklang zu bringen. Das gehört in die Verantwortung der gewählten Volksvertreter. Allerdings hat Drosten seine Rolle dankbar angenommen und in vielen Wortmeldungen ausgefüllt. Dabei hat er andersdenkende, für mehr Liberalität werbende Kollegen seiner Zunft wiederholt zu diskreditieren versucht.

    Die ganze westliche Welt lebt seit Monaten im Post-Pandemie-Zeitalter. Nur der deutsche Sonderweg sieht nach wie vor einen Mix an Regeln vor. Justizminister Buschmann hat recht, wenn er die überholten Massnahmen beenden will. Aber er irrt, wenn er meint, sich dabei noch auf Drosten berufen zu müssen. Die Daten und die Erkenntnisse aus anderen Ländern reichen völlig aus, schon seit Monaten.

  • Zum Glück leben wir in der Schweiz, nicht in Deutschland.

    nur war das mediale versagen bei uns exakt dasselbe…und dieses totalversagen stand am anfang dieser desaströsen coronapolitik. wenn auch in der schweiz, zugegeben, etwas abgeschwächter als in deutschland.

    aber der artikel bringt genau auf den punkt was schiefgelaufen ist. ohne eine eigentliche wertung der coronapolitik, sondern einer wertung der (ehemals) 4. gewalt im staate und des (fehlenden, bzw. unterdrückten) diskurses.


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    NieUsenandGah

  • wir können ja sonst noch ein viertes mal abstimmen

    aber erst NACH einer medialen und politischen aufarbeitung, welche ja von den gleichen kräften verhindert wird, welche das desaster angerichtet haben. könnte dann tatsächlich zu einem anderen abstimmungsergebnis kommen!


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    NieUsenandGah

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    Augeninfarkt wegen Corona-Impfung? In Deutschland beginnen die ersten Prozesse gegen Impfstoffhersteller

    In Rottweil beginnt der bundesweit erste Prozess gegen Biontech, in Bamberg wird gegen AstraZeneca geklagt. Die Kläger fordern Schadensersatz wegen möglicher Impfschäden. Die Hersteller halten die Vorwürfe für unbegründet.

    Kevin Weber03.07.2023, 14.24 Uhr

    Gegen die Impfstoffhersteller Biontech und AstraZeneca wird vor Gericht geklagt.

    Gegen die Impfstoffhersteller Biontech und AstraZeneca wird vor Gericht geklagt.

    Athit Perawongmetha / Reuters

    Fast schon geräuschlos erklärte Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Corona-Pandemie im April offiziell für beendet. Aus dem allgemeinen Bewusstsein hatte sich die Pandemie da schon länger verflüchtigt. Viel mehr beschäftigt die Pandemie gegenwärtig die Justiz.

    Am Montagnachmittag haben zwei Zivilprozesse gegen Hersteller von Corona-Impfstoffen begonnen. Das Landgericht Rottweil sowie das Oberlandgericht Bamberg verhandeln die bundesweit ersten Klagen gegen Impfstoffhersteller. Vor Gericht stehen die Unternehmen Biontech aus Mainz und der internationale Pharmakonzern AstraZeneca. Es sind 2 von insgesamt 209 Schadenersatzklagen, die laut Medienberichten gegen Hersteller von Corona-Impfstoffen bei Gerichten in Deutschland eingereicht worden sind.

    Sehkraft verschlechterte sich nach Impfung

    Im Fall vor dem Landgericht Rottweil wirft ein 58-jähriger Kläger Biontech vor, wegen der Corona-Impfung unter einer massiven Verschlechterung der Sehkraft auf dem rechten Auge zu leiden. Nach der zweiten Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty habe er wochenlang mit Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen zu kämpfen gehabt, sagte der Kläger gegenüber der «Bild». Einen Monat nach der Impfung sei am Uniklinikum Tübingen ein Augeninfarkt diagnostiziert worden.

    Biontech hält den Vorwurf des Klägers für unbegründet. Man habe die dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf der Grundlage aller zur Verfügung gestellten Informationen sorgfältig geprüft, sagte eine Sprecherin laut Medienberichten.

    150 000 Euro Schadensersatz

    Gemeinsam mit seinem Rechtsanwalt verlangt der 58-jährige Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 150 000 Euro. Zudem soll festgestellt werden, ob Biontech zum Ersatz von materiellen Schäden verpflichtet werden kann, wie es aus der Pressemitteilung des Landgerichts Rottweil heisst.

    Biontech hätte sich bereits Mitte Juni vor dem Landgericht Hamburg einer ersten Klage stellen müssen. Damals wurde der Prozess noch vor Beginn abgesetzt. Der Anwalt der Klägerin hatte einen Befangenheitsantrag gegen den Richter eingereicht. Damit strebt die Klägerseite laut eigenen Angaben und laut Gericht eine Verhandlung vor vollbesetzter Kammer an statt wie zunächst vorgesehen vor einem Einzelrichter. Eine entsprechende Entscheidung steht noch aus.

    In Rottweil befasst sich laut Gerichtssprecher eine dreiköpfige Kammer mit dem Fall. Das Gericht muss vor allem die Frage klären, ob die vom Kläger geltend gemachten Schäden mehr sind als die bereits bekannten Nebenwirkungen einer Corona-Impfung. Wenn dem so ist und die Leiden auf die Vakzine zurückzuführen sind, gelten sie als Impfschäden. Das war beispielsweise im Frühling 2021 der Fall, als bei Patienten nach einer Immunisierung mit dem AstraZeneca-Impfstoff Hirnvenenthrombosen auftraten.

    Klage gegen AstraZeneca abgewiesen

    Während die Verhandlung in Rottweil die erste gegen den Hersteller Biontech ist, gab es gegen den Pharmakonzern AstraZeneca bereits Prozesse.

    In Bayern beispielsweise verklagte eine 32-Jährige den Konzern auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Klägerin führte eine Darmvenenthrombose auf eine Impfung mit Vaxzevria, dem Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca, zurück. Der Frau mussten drei Meter Darm entfernt werden. Bis heute leide sie an Schlafstörungen und Depressionen.

    Sie forderte von AstraZeneca mindestens 250 000 Euro Schmerzensgeld sowie 17 200 Euro für einen Verdienstausfall und bis zu 600 000 Euro für künftige Beeinträchtigungen. Der Anwalt der Frau forderte zudem, den Hersteller zur Auskunft über alle Nebenwirkungen und negativen Folgen einer Impfung mit seinem Corona-Impfstoff zu verpflichten.

    Klägerin legte Berufung ein

    AstraZeneca lehnte eine entsprechende Verantwortung ab. «Arzneimittelbehörden auf der ganzen Welt haben bestätigt, dass die Vorteile einer Impfung mit unserem Covid-19-Impfstoff die Risiken der extrem seltenen potenziellen Nebenwirkungen überwiegen», teilte eine Sprecherin vor der Verhandlung mit.

    Auch das Landgericht Hof sah keine Schuld beim Hersteller. Es hatte die Klage der Frau im Januar abgewiesen. Das Gericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass weder ein Produktefehler noch ein Informationsfehler im Zusammenhang mit dem Impfstoff habe festgestellt werden können. Die Klägerin legte Berufung ein, weshalb der Fall nun vor dem Oberlandgericht in Bamberg landete. Die Anwälte von AstraZeneca haben am Montag einen Vergleich mit der Klägerin ausgeschlossen. Ein Urteil will das Gericht am 14. August verkünden.

    Mit einer Entscheidung ist am Montag auch in Rottweil nicht zu rechnen. Laut einem Sprecher am Landgericht wird lediglich der Sach- und Streitstand erörtert, das weitere Vorgehen bestimmt und ein Verkündungstermin festgelegt.

  • [quote='snowcat','https://forum.zscfans.ch/thread/2784-corona-fred-ii/?postID=163677#post163677']

    wir können ja sonst noch ein viertes mal abstimmen

    aber erst NACH einer medialen und politischen aufarbeitung, welche ja von den gleichen kräften verhindert wird, welche das desaster angerichtet haben. könnte dann tatsächlich zu einem anderen abstimmungsergebnis kommen!


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    [/quote]

    Kann man machen. Und wieder würde die Unterstützung grossmehrheitlich sein.

    Man hat es in der Schweiz gut gemacht; so gut, wie es sein kann, in einer noch nie dagewesenen Situation. Weit weg von Perfekt; mit Fehlern und Ungereimtheiten; aber eben "so gut wie möglich".

    Da kann die laute Minderheit noch so "täubele" und unzufrieden sein. Muss sie damit leben ...

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    Nachlese zu den Corona-Massnahmen: Eine neue Studie legt nahe, dass man die Kinder zu stark eingeschränkt hat

    Nach der Pandemie ist vor der Pandemie. Deshalb müssen die verfügten Massnahmen kritisch hinterfragt werden – das gilt besonders für solche, die Kinder und Jugendliche betroffen haben.

    Nicola von Lutterotti03.07.2023, 05.31 Uhr

    Nicht alle Kinder liessen sich während der Pandemie den Spass am Spielen verderben.

    Nicht alle Kinder liessen sich während der Pandemie den Spass am Spielen verderben.

    Emilio Morenatti / AP

    Corona ist zwar längst aus den Nachrichten verschwunden. Eine Aufarbeitung des Geschehenen könnte aber helfen, die nächste Pandemie besser zu meistern. So gibt es viele Hinweise, dass die Massnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens gerade Kinder besonders belastet haben. Sie mussten mancherorts monatelang zu Hause ausharren und konnten daher nicht mit ihren Freunden spielen.

    Auch haben die Masken ihren Bewegungsdrang teilweise stark begrenzt. In Erinnerung geblieben ist mir ein Ereignis, das ich während der Hochphase der Pandemie erlebt habe. An einer Bushaltestelle in Zürich stehend, beobachtete ich eine Lehrerin mit etwa zehn Primarschülerinnen und -schülern, die alle – mehr oder weniger korrekt – einen Nasen-Mund-Schutz übergezogen hatten. Die anderen Wartenden, grösstenteils junge Erwachsene, trugen keine Maske oder hatten diese lässig unters Kinn geschoben.

    Die Szene erschien mir sinnbildlich für die Art und Weise, wie die jüngste und am wenigsten wehrfähige Bevölkerungsgruppe von der Gesellschaft in Solidarhaft genommen wurde. Kinder hatten zwar am wenigsten von Sars-CoV-2 zu befürchten, mussten aber alles tun, um die Gebrechlichen zu schützen. Selbst unsinnige Regeln blieben ihnen nicht erspart. So war schon zu jener Zeit bekannt, dass sich das neue Coronavirus im Freien praktisch nicht verbreitet. Denn die winzigen Atemtröpfchen (Aerosole), in denen sich die Viren verschanzen, werden in der Aussenluft sofort in alle Winde verstreut. Um andere Personen anstecken zu können, muss der Erreger aber in hoher Konzentration vorliegen. Schlecht gelüftete Innenräume sind für ihn daher ideale Jagdgründe.

    Von Kindern scheint allerdings auch dort eine deutlich geringere Ansteckungsgefahr auszugehen als von Erwachsenen. Dafür sprechen jedenfalls die Beobachtungen von Forschern um Pia Schuchmann von der Kinderklinik der Ruhr-Universität in Bochum. Im Frühjahr 2022, als die Omikron-Mutante kursierte, hatten diese untersucht, wie viele Aerosole Kinder und Jugendliche ausatmen und ob eine Corona-Infektion daran etwas ändert. An dem Projekt beteiligt waren 250 Mädchen und Jungen im Alter von 2 bis 17 Jahren; 105 von ihnen litten an einer Corona-Infektion, die übrigen 145 nicht.

    Wie aus der jetzt veröffentlichten Studie hervorgeht, atmeten die Kinder und Jugendlichen im Mittel etwa 80 Aerosole pro Liter Luft aus – unabhängig davon, ob sie von Sars-CoV-2 befallen waren oder nicht. Bei Erwachsenen hatten die Forscher in einer vorausgegangenen Studie demgegenüber weitaus höhere Werte gemessen. In Abhängigkeit davon, ob der Corona-Test negativ oder positiv ausgefallen war, betrug die Konzentration der ausgeatmeten Mini-Partikel dabei im Mittel 250 beziehungsweise 1500 pro Liter Luft. Mehr als 15 Prozent der Infizierten stiessen sogar mehr als 5000 Aerosole pro Liter Luft aus. Keine solchen Superspreader entdeckten die Wissenschafter demgegenüber bei den 2- bis 17-jährigen Probanden.

    Kinder und Jugendliche haben zwar ebenfalls zur Ausbreitung des neuen Coronavirus beigetragen. Ihr Anteil am Infektionsgeschehen stand allerdings in keinem Verhältnis zu der Last, die ihnen in ihrem noch jungen Leben aufgebürdet wurde. Dies gilt es zu berücksichtigen, falls dereinst wieder eine ähnliche Pandemie über uns hereinbrechen sollte.

    In der wöchentlichen Rubrik «Hauptsache, gesund» werfen die Autorinnen und Autoren einen persönlichen Blick auf Themen aus Medizin, Gesundheit, Ernährung und Fitness. Bereits erschienene Texte finden sich hier.

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    Kann man machen. Und wieder würde die Unterstützung grossmehrheitlich sein.

    Man hat es in der Schweiz gut gemacht; so gut, wie es sein kann, in einer noch nie dagewesenen Situation. Weit weg von Perfekt; mit Fehlern und Ungereimtheiten; aber eben "so gut wie möglich".

    Da kann die laute Minderheit noch so "täubele" und unzufrieden sein. Muss sie damit leben ...

    Isso - weil isso.

  • Kann man machen. Und wieder würde die Unterstützung grossmehrheitlich sein.

    Man hat es in der Schweiz gut gemacht; so gut, wie es sein kann, in einer noch nie dagewesenen Situation. Weit weg von Perfekt; mit Fehlern und Ungereimtheiten; aber eben "so gut wie möglich".

    Da kann die laute Minderheit noch so "täubele" und unzufrieden sein. Muss sie damit leben ...

    :nick:


  • Kann man machen. Und wieder würde die Unterstützung grossmehrheitlich sein.

    Man hat es in der Schweiz gut gemacht; so gut, wie es sein kann, in einer noch nie dagewesenen Situation. Weit weg von Perfekt; mit Fehlern und Ungereimtheiten; aber eben "so gut wie möglich".

    Da kann die laute Minderheit noch so "täubele" und unzufrieden sein. Muss sie damit leben ...

    :thumbup: genau so

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    Corona: Die 180-Grad-Wende bei der Maskenfrage schadete der Glaubwürdigkeit von Berset und BAG

    Zuerst war der Atemschutz unnütz, dann plötzlich dringend nötig: Die Kommunikation der Behörden in der Pandemie war unglücklich. Eine Kommission übt auch sonst Kritik an Gesundheitsminister Berset.

    Simon Hehli04.07.2023, 17.00 Uhr

    Erst ein halbes Jahr, nachdem die Experten-Task-Force diesen Schritt empfohlen hatte, verfügten Gesundheitsminister Alain Berset und seine Kollegen im Bundesrat ein Maskenobligatorium.

    Erst ein halbes Jahr, nachdem die Experten-Task-Force diesen Schritt empfohlen hatte, verfügten Gesundheitsminister Alain Berset und seine Kollegen im Bundesrat ein Maskenobligatorium.

    Peter Klaunzer / Keystone

    Am 25. Februar 2020 vermeldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den ersten Corona-Fall der Schweiz. Und sofort begann, was zu einer Begleitmusik der Pandemie werden sollte: der öffentlich ausgetragene Streit zwischen Gesundheitsminister Alain Berset beziehungsweise seinen Untergebenen und der Wissenschaft. Der Epidemiologe Christian Althaus äusserte seinen Unmut am Tag des ersten Corona-Falls in einem Gespräch mit der NZZ. Nicht nur verharmlose das BAG die Gefährlichkeit des Virus, sondern es suche auch kaum den Austausch mit den Experten in der Schweiz. Auf die Frage, ob er Technokraten am Werk sehe, antwortete Althaus: «Oder eher Beamte. . .»

    Nun, mehr als drei Jahre später, hat die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrates einen Bericht vorgelegt, in dem sie untersucht, wie der Bundesrat und das BAG die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Bewältigung der Corona-Krise genutzt haben. Dabei zeigt sich, dass in der Tat vieles nicht funktionierte bei dieser Kooperation. Es habe zu Beginn gegenseitiges Misstrauen gegeben. Aussagen wie jene des Epidemiologen Althaus auf der einen Seite sind zahlreich dokumentiert. Berset auf der anderen Seite erklärte im Rückblick, dass in Wissenschaftskreisen eine gewisse Kakofonie geherrscht habe und die Positionen der Fachleute «wenig koordiniert und manchmal unrealistisch» gewesen seien.

    Eigeninitiative der Wissenschafter

    Die GPK kritisiert, dass das BAG nicht die aktive Rolle gespielt habe, die es beim Aufbau und Betrieb eines wissenschaftlichen Beratungsnetzwerks hätte spielen sollen. So mussten die Wissenschafter aus eigener Initiative die Corona-Task-Force gründen, die später eine wichtige Rolle bei der Pandemiebekämpfung übernehmen sollte.

    Die Verzögerungen hätten sich während der ersten Pandemiewelle, aber auch in den späteren Phasen negativ auf das Krisenmanagement ausgewirkt, hält die GPK fest. Später verbesserte sich zwar die Zusammenarbeit etwas. Dennoch setzte sich Berset immer wieder über die Empfehlungen der Wissenschaft hinweg – und liess zuweilen auch seine Kollegen in der Regierung im Dunkeln darüber.

    Exemplarisch zeigt sich das bei der Maskenfrage. Die Task-Force empfahl ab dem 20. April 2020 ausdrücklich, die gesamte Schweizer Bevölkerung solle Masken tragen, um die Zahl der Ansteckungen zu reduzieren. Doch in den Unterlagen, die das BAG einige Tage später für den Gesamtbundesrat zusammenstellte, fehlte diese Information – ein gravierendes Versäumnis aus Sicht der GPK. Erwähnt wurde lediglich, dass andere Akteure wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sich vom Atemschutz wenig erhofften. Entsprechend sprach sich die Regierung gegen ein Maskenobligatorium aus.

    Zu wenig Masken

    Das BAG blieb den Masken gegenüber skeptisch, ab Juni tauchten in den Unterlagen für den Bundesrat indes auch die Pro-Argumente auf. Es dauerte dann bis Ende Oktober, bis er sich zu einer allgemeinen Maskenpflicht durchringen konnte. Was schon damals gemunkelt wurde, schliesst auch die GPK nicht aus: dass der Bundesrat vor allem deswegen auf das Obligatorium verzichtet hat, weil es gar nicht genug Masken gab für die ganze Bevölkerung.

    Ein solches Argument sei zwar verständlich, dennoch hätte man nicht auf eine Empfehlung verzichten sollen, die aus Sicht der öffentlichen Gesundheit klar indiziert sei. Die GPK hält es «grundsätzlich für sinnvoller, wenn in einem solchen Fall transparent kommuniziert wird, dass die Massnahme zwar wünschenswert wäre, vorläufig aber nicht realisierbar ist».

    Eine differenzierte Kommunikation hätte laut der GPK auch verhindern können, dass sich das BAG ein Glaubwürdigkeitsproblem einhandelte. Denn viele Schweizerinnen und Schweizer verstanden nicht, warum das BAG im Herbst 2020 das Maskenobligatorium plötzlich für unumgänglich erklärte, nachdem derselbe Schritt wenige Monate zuvor vom selben Amt als völlig unnütz hingestellt worden war.

    Wo Berset recht bekam

    Diese unklare Haltung habe die Akzeptanz der Massnahmen in der Bevölkerung wahrscheinlich verringert, bemängelt die GPK. Ebenfalls nicht geholfen haben dürfte, dass das BAG die in der Öffentlichkeit gemachten Aussagen kaum jemals durch wissenschaftliche Quellen belegt hat. Die GPK zeigt sich von dieser Erkenntnis «überrascht».

    Berset betonte gegenüber den Geschäftsprüfern, der Bundesrat habe die Einschätzungen der Task-Force jeweils einbezogen. Die Regierung habe aber bei ihren Entscheiden nicht nur wissenschaftliche Überlegungen zu den gesundheitlichen Aspekten berücksichtigen müssen, sondern auch andere Elemente wie soziale und wirtschaftliche Interessen.

    So verzichtete der Bundesrat entgegen der Meinung einiger Fachleute im Frühling 2020 auf einen völligen Lockdown. Ebenso liess er im August 2020 trotz der Warnung der Epidemiologen Grossveranstaltungen wieder zu. Auch im Frühling 2021 liess sich die Regierung nicht von den pessimistischen Szenarien der Task-Force zu Hospitalisierungen und Todesfällen beeindrucken – und zog die Lockerung der Massnahmen durch. Ein Schritt, der sich im Nachhinein als richtig herausstellte, die Fallzahlen explodierten nicht.

    Um für eine neue Pandemie besser vorbereitet zu sein, empfiehlt die GPK dem Bundesrat ein Bündel an Massnahmen. So solle im Krisenfall schnell ein externes wissenschaftliches Beratungsgremium parat stehen, das die Politik unterstützen könne. Dazu brauche es ein klares Konzept für die Auswahl und Verarbeitung der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Zudem müsse die Regierung sicherstellen, dass sie alle relevanten Informationen erhält, wenn sie weitgehende Entscheide wie jenen zu einem Lockdown trifft. Dazu gehört auch Transparenz darüber, bei welchen Punkten die Meinungen in der Forschung auseinandergehen.

    GPK sieht keine «Impflüge»

    Ende 2022 eskalierte die Debatte um die angebliche «Impflüge»: Kritiker warfen Berset und dem BAG vor, sie hätten die Bevölkerung absichtlich falsch informiert, indem sie behaupteten, die Covid-19-Impfung schütze nicht nur die Geimpften, sondern sie verhindere auch die Übertragung des Virus. Damit wurde auch die Aussperrung Ungeimpfter aus Restaurants oder Universitäten gerechtfertigt. Zitat Berset: «Mit dem Zertifikat kann man zeigen, dass man nicht ansteckend ist.»

    Doch in diesem Punkt entlastet die GPK den Gesundheitsminister. Sie ist der Meinung, dass «sowohl in den Impfempfehlungen des BAG und der Kommission für Impffragen als auch in der öffentlichen Kommunikation das Argument des direkten Schutzes vor schweren Krankheitsformen im Vordergrund stand, dass das Argument des indirekten Schutzes nur zurückhaltend gebraucht wurde und dass die Kommunikation den damaligen Kenntnisstand ausgewogen widerspiegelte».

    Als die Impfstoffe im Dezember 2020 zugelassen wurden, habe das BAG deutlich gemacht, dass zum Übertragungsschutz des Impfstoffs keine Informationen vorlägen. Danach sei die Kommunikation der Behörden der Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in diesem Bereich gefolgt. So hätten mehrere Verantwortliche betont, dass der Impfstoff das Risiko einer Übertragung senke, diese aber nicht völlig ausschliesse.

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