- Offizieller Beitrag
Analyse Kloten kommt wegen Machtkämpfen und Geldsorgen auch nach Saisonende nicht zur Ruhe. Von Silvan Schweizer
Das nächste Sommertheater bei den Flyers
Nach dem ernüchternden ViertelfinalOut gegen Bern wünschte man sich bei den Kloten Flyers vor allem Ruhe. Doch genau das Gegenteil ist eingetreten: Überall ranken sich Gerüchte um Machtkämpfe und Geldsorgen. Für erneute Aufruhr sorgte nun die Meldung im «Blick», dass Präsident Jürg Bircher und sein Vize Jan Schibli bei der nächsten GV im August aus dem Verwaltungsrat austreten und so dem neuen starken Mann Adrian Fetscherin frühzeitig das Feld überlassen würden.
Bircher, der bis 2013 gewählt ist, stellt das in Abrede: «Ich habe nie gesagt, dass ich zurücktrete.» Er schränkt aber sogleich ein: «Im Moment trete ich nicht zurück. Vielleicht sieht es in drei, vier Wochen anders aus.» Derzeit sei er in der Aufarbeitung einer schlechten Saison und müsse da auch seine Position hinterfragen, das sei normal. Auch Schibli spricht von einer intensiven Zeit und sagt: «Ich dementiere oder bestätige nichts mehr. Es wird in den Medien sowieso alles falsch interpretiert.» Aussagen, die darauf hindeuten, dass mehr an der Sache dran ist. Zumal der Druck auf Bircher steigt und sein Rückhalt in der einflussreichen Gönnervereinigung der Redliner immer mehr schwindet.
Wie viel Geld hat Fetscherin?
Doch auch Fetscherin bläst intern bereits vor seinem Amtsantritt als Geschäftsführer am 1. Mai ein steifer Wind entgegen. Mit seinem selbstbewussten Auftreten hat er sich nicht nur Freunde geschaffen. Fetscherin soll, so lautet die Abmachung im Übernahmevertrag, Birchers Aktienpaket von 1,6 Millionen Franken aufkaufen. Zu welchen Konditionen will der abtretende Mehrheitsaktionär nicht verraten. Und bei einem Rücktritt Birchers müssten diese ohnehin neu verhandelt werden. Es sind jedenfalls Zweifel angebracht, ob sich Fetscherin bewusst ist, worauf er sich einlässt. Und ob er finanzkräftig genug ist. In einem Rundmail an alle NLA-Clubs beteuerte er kürzlich, dass er keine Marionette eines Geldgebers sei, der im Hintergrund bleiben wolle. Der TV-Journalist ist ein erfolgsverwöhnter Mensch, wagt sich nun aber an seine grösste Herausforderung.
Fetscherin steht vor zahlreichen Baustellen: Es dürfte für ihn schwierig werden, noch mehr Geldquellen anzuzapfen. Unter dem langjährigen Verantwortlichen für Marketing und Sponsoring, Rolf Mosimann, der vor kurzem nach Querelen mit Bircher absprang, konnten die Klotener zuletzt stattliche Einnahmen von über 4 Millionen Franken generieren. Der Verein scheint in diesem Bereich am oberen Plafond angelangt. Fetscherin möchte deshalb endlich das Catering im Stadion übernehmen und damit jährlich mehrere 100 000 Franken dazuverdienen. Der 37-jährige Zürcher sagt, er habe einen guten Draht zu Behörden und Gewerbe. Doch angesichts der aktuellen Unruhen stellt sich die Stadt quer, die Rechte abzutreten, die bis 2016 noch bei der Gaho AG liegen.
Nebenbei muss Fetscherin die Glaubwürdigkeit des Clubs wiederherstellen. Diese hat unter dem eigenmächtigen Handeln Birchers, der das eine sagte und das andere tat, arg gelitten. Immer wieder holte der ambitionierte Präsident teure Spieler, obwohl er jeweils zuvor öffentlich mitgeteilt hatte, dass für solche Zuzüge das Geld fehle. Das letzte Beispiel war die Verpflichtung von Nationalverteidiger Patrick Von Gunten. Fetscherin spricht nun davon aufzuräumen. Dafür müsse er vielleicht auch unpopuläre Entscheide treffen. Wenn er die Finanzen im Lot halten will, wird er nicht darum herumkommen, den Verkauf kostspieliger Schweizer wie Roman Wick, Romano Lemm oder Félicien Du Bois ernsthaft zu prüfen.
Ein vorzeitiger Abgang Birchers würde zumindest die Führungsverhältnisse in Kloten klären. Die Idee, dass sich Fetscherin, der ebenfalls grosses Machtbewusstsein ausstrahlt, quasi als Lehrling ein Jahr unter der Regentschaft Birchers einarbeiten soll, war ohnehin von Beginn weg unvorstellbar. Schwer zu verkraften wäre indes der Rücktritt des spendablen Vizepräsidenten Schibli, der seit letztem Jahr die Rechnung führt und da mehr Transparenz anstrebt.
Schattenkabinett zur Rettung
Die Lage beim dienstältesten NLA-Club ist angespannt und undurchsichtig. Dass die Finanzprobleme allein durch die Übernahme des Caterings gelöst werden könnten, ist eine Illusion. Und man gewinnt den Eindruck, als wollte Bircher, der mit seiner Baufirma viel Geld hineingesteckt hat, das sinkende Schiff möglichst schnell noch verlassen. Dem Vernehmen nach bildet sich derzeit ein Schattenkabinett um alteingesessene Klotener mit einem potenten Financier. Diese Gruppierung möchte nicht tatenlos zusehen, wie ihr 78-jähriger Verein ins Verderben schlittert. Sie wartet auf den Kollaps, um ihn danach mit frischem Kapital neu aufzubauen. Ohne Bircher. Und ohne Fetscherin. Auch dieses Jahr kündigt sich wieder ein Klotener Sommertheater an.
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