• Offizieller Beitrag

    Im Schmierentheater

    Präsident Jürg Bircher versuchte gestern, die Vorwürfe an die Führung der Kloten Flyers zu entkräften. Danach lud sein Gegenspieler Adrian Fetscherin ins Altersheim. Von Ueli Kägi und Silvan Schweizer, Zürich


    Es ist kurz nach 14 Uhr gestern Mittwoch. Die vier Verwaltungsräte der EHC Kloten Sport AG haben zur Medienorientierung geladen. Sie wollen Stellung nehmen zum Machtkampf, der gerade im Gang ist im Club. Vorne am Tisch sitzen Willi Keller, Kurt Hildenbrand, Jürg Bircher und Jan Schibli. Hildenbrand stellt sich vor als Mann, der durch die Veranstaltung führen wird. Da zuckt es kurz im Gesicht von Jürg Bircher, dem Präsidenten der Flyers. Durch die Tür ist gerade Adrian Fetscherin gehuscht. Und Fetscherin und der Flyers-Verwaltungsrat, das ist keine Liebesbeziehung mehr.

    Das war vor wenigen Wochen noch anders. Da hatten Bircher und Fetscherin Seite an Seite verkündet, wie sie Kloten zusammen in die Zukunft führen möchten. Fetscherin, jetzt noch Sportchef beim Pay-TV-Sender Teleclub, hätte per 1. Mai zuerst Geschäftsführer und ein Jahr später Präsident der Flyers werden sollen. Seinen Einstieg erkaufte er sich mit mehreren Hunderttausend Franken für eine erste Tranche Aktien.

    Über die Modalitäten haben die Parteien Stillschweigen vereinbart. Doch was ist dieses Stillschweigen noch wert? Es bröckelt langsam, jetzt, da einzelne Details bekannt werden und trotzdem noch so vieles im Dunkeln liegt.

    Die Kontrahenten werfen sich gegenseitig vor, Lügen zu verbreiten. Fetscherin ist zuerst in die Offensive gegangen. Er behauptete, Bircher habe ihn bewusst «mit Täuschungen, Lügen, Falsch- und Fehlinformationen in die Irre geführt», was den finanziellen Zustand des Clubs angeht. Fetscherin vermutet, dass gegenüber den Flyers Forderungen in der Höhe von mindestens fünf Millionen Franken bestehen. Am Freitag kündigte er seinen im Februar unterschriebenen Vertrag mit Bircher und dessen Jube Holding AG. Und er verlangte bis am Montag das Geld zurück, das er für die Aktienübernahme investiert hatte. Erhalten hat er nichts.

    Unter dem Dach der Jube Holding befindet sich auch die EHC Kloten Sport AG. Fetscherin glaubt, dass Bircher mit der Jube Holding in grossen finanziellen Schwierigkeiten steckt, und sieht «die Existenz der Flyers in akuter Gefahr».

    Flyers-VR: Keine Antworten

    Vizepräsident und Finanzchef Schibli übernimmt das Wort. Im Verwaltungsrat würden sie alle «voll» hinter Bircher stehen und jetzt «alle Vorwürfe widerlegen». Was er aber gleich danach sagt, trägt nichts zur Klärung bei. Schibli behauptet, zum finanziellen Zustand des Clubs nichts sagen zu können, weil sie gerade daran seien, den Jahresabschluss per 30. April vorzubereiten.

    Nach Schibli kommt Bircher. Er will Fetscherins Kündigung «zum Wohl der Flyers akzeptieren – vorbehaltlich der finanziellen Einigung». Von Irreführungen, Täuschungen und Lügen könne keine Rede sein, Fetscherin habe den Vertrag «im vollsten Wissen» unterzeichnet, ihm seien alle relevanten Dokumente zur Verfügung gestanden. Für Bircher sind die Aussagen geschäftsschädigend, die Fetscherin zur Jube Holding gemacht hat, er prüft rechtliche Schritte.

    Verwaltungsrat Keller sagt während der rund einstündigen Veranstaltung kein Wort. Dafür versuchen Bircher, Schibli und Hildenbrand, ihre Version mit Dokumenten zu belegen. Sie projizieren mit einem Hellraumprojektor Zahlen, Vertragsdetails und Mails an die Wand, die kaum lesbar sind.

    Aber nicht nur deshalb bleibt vieles im Zwielicht. Es gibt zum Beispiel diese Geschichte: Fetscherin behauptet, er habe drei verschiedene Listen mit unterschiedlichen Löhnen bei insgesamt neun Spielern gefunden. Bircher erklärte die drei Listen zunächst damit, dass es sich um Verzeichnisse für die gerade vergangene, die nächste und die übernächste Saison handle. An diesem Mittwoch sagt Schibli nun, es handle sich um eine Budget-, eine effektive und eine Reduzierungslohnliste, alle für die gleiche Saison.

    Klar ist, dass Bircher und Schibli aussteigen möchten, sie haben in der Vergangenheit viel Geld in den Verein gesteckt und wohl auch viel Geld verloren. Ist Bircher nun zum Ausstieg quasi gezwungen, weil er in finanziellen Schwierigkeiten steckt mit seiner Jube Holding? Das wollen die Journalisten von ihm wissen, wie sie auch wissen möchten: Wie gross sind die Darlehen, die Bircher den Flyers gegeben hat? Wie viel Geld möchte er für seinen Aktienanteil von 63 Prozent? Wie weit fortgeschritten ist der Abzahlungsplan zur Abtragung von einst 2 Millionen Franken Steueraltlasten?

    Es sind zentrale Fragen, die über die Zukunft der Flyers wesentlich mitentscheiden. Doch Bircher will sie nicht beantworten oder weicht aus. Nur zum Verkauf seines Aktienpakets sagt er, dass er nicht einmal die Hälfte der kolportierten 6 bis 8 Millionen Franken fordere.

    Bezweifelt werden muss jedoch, ob sich überhaupt jemand finden lässt, der für Aktien eines überschuldeten Vereins etwas bezahlen will. Den Klotenern fehlt es derzeit auch an Liquidität. Die MärzLöhne über 650 000 Franken konnten sie erst mit Verspätung bezahlen. Jetzt ist die Lage so dramatisch, dass Schibli nicht sagen kann, ob er die April-Löhne überweisen kann: «Es ist wahnsinnig schwierig, das gebe ich zu.» Mit dem Verkauf der neuen Saisonkarten werden sich die Flyers nicht über die schwierigen nächsten Wochen retten können. Sie haben bislang erst 120 Stück abgesetzt. Bircher macht sich trotzdem keine Gedanken über einen Konkurs oder eine Nachlassstundung – behauptet er zumindest.

    Der betrogene Fetscherin

    Zum Schluss erhebt sich Fetscherin. Er hat sich die ganze Zeit auf seinem Stuhl Notizen gemacht. Nun fragt er die Verwaltungsräte, ob er die Veranstaltung gleich zur Darlegung seiner Sichtweise nutzen dürfe. Nein, sagen sie, das sei nicht vorgesehen.

    Deshalb macht sich Fetscherin mit dem Handy am Ohr auf, einen Saal zu suchen. Er findet ihn 150 Meter entfernt von Schiblis Firmensitz im – es ist kein Witz – Alters- und Pflegeheim am Römerhof. Die Journalisten eilen ihm nach ins erste Untergeschoss. Irgendwie passt das alles zum Zustand der Flyers.

    Um zu zeigen, wie die Führung um Bircher gearbeitet hat, verrät Fetscherin Details. Zu den Lohnlisten beispielsweise, die der 37-Jährige auch dem Richter zeigen würde und bei denen es sich um Lohnlisten für die nächste Saison handle. Neun Spieler würden darauf mit unterschiedlichen Salären geführt. Es gebe Profis, die auf einer Liste jährlich 62 000 Franken mehr verdienten als auf der anderen. Oder 50 000 weniger. Ausserdem seien Wick sowie Westcott nicht gänzlich fremdfinanziert, wie das die Führung behaupte, sondern nur zu 20 Prozent. Im Rahmen dieser Erklärungen sagt Fetscherin auch, dass Wick ein Jahressalär von 600 000 Franken beziehe.

    Fetscherin hat bei seinen Nachforschungen zusätzliche Kosten von jährlich über 1,3 Millionen Franken errechnet, die ihm die alte Führung verschwiegen habe. Oder um die er «beschissen» worden sei, wie er genau sagt. Dazu kämen zu tief angesetzte Versicherungswerte der Spieler von jährlich 300 000 Franken. Wie hoch die Darlehen von Birchers Jube Holding an die Sport AG sind, weiss Fetscherin nicht. Er habe die betreffenden Unterlagen mehrmals angefordert, diese aber so wenig erhalten wie die verlangte Kreditoren- und Debitorenliste.

    Emotional ist Fetscherin in diesen rund 45 Minuten, und er wagt sich aufs juristische Glatteis. Bircher lüge mit allen möglichen Aussagen, sagt er. Auch erzählt er von einem Gerücht, das die Runde mache: Die Flyers sollen sich die Lizenz für die vergangene Saison mit fingierten Dokumenten erschlichen haben. Und was Bircher angeht, erklärt er: «Nach meinen Informationen pfeift er aus dem letzten Loch.» Deshalb rechnet Fetscherin nicht damit, sein Geld zurückzuerhalten. Hoffen tut er trotzdem noch.

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    • Offizieller Beitrag

    Kloten-Rettung: Kandidat gibt sich zu erkennen

    Multimillionär Hans-Ulrich Lehmann würde eine Übernahme prüfen – aber nur, wenn es bei den Flyers ein Nachlassverfahren gibt.

    Von Silvan Schweizer

    Nach der Auseinandersetzung an der Medienkonferenz trafen sich FlyersPräsident Jürg Bircher und sein Gegenspieler Adrian Fetscherin am Mittwochabend noch zu einer Aussprache. Es sei in Anbetracht der Umstände ein gutes Gespräch gewesen, erzählt Bircher. Er hofft auf eine einvernehmliche Lösung mit Fetscherin, der eigentlich Geschäftsführer werden sollte, nun aber seine Aktieneinlage zurückfordert, weil ihm gewisse finanzielle Posten des Vereins unzureichend oder sogar falsch dargestellt worden seien.

    Auch Fetscherin spricht von einem guten Treffen. Und über Facebook meldete er sich bei zahlreichen Exponenten im Flyers-Umfeld: «Ich möchte mich bei euch für Zeitungsschlagzeilen wie Schmierentheater, Schlammschlacht etc., zu denen auch ich meinen Teil beigetragen habe, entschuldigen», schrieb er. «Ab sofort gilt es noch viel mehr, dem angeschlagenen Club Sorge zu tragen. Alle bisherigen Diskussionen gehören hinter die Kulissen – mit dem klaren Ziel, nun raschmöglichst eine Lösung zu finden – im Sinne aller Flyers-Anhänger!»

    Schon früher im Gespräch

    Dies ändert nichts daran, dass der Verein in einer prekären Situation steckt. Der Saisonkartenverkauf läuft verheerend, die Lohnzahlungen scheinen nicht gesichert. Nun gibt sich mit Hans-Ulrich Lehmann immerhin ein Mann zu erkennen, der die Klotener retten könnte. «Ich würde eine Übernahme prüfen», sagt der 52-jährige Geschäftsmann. «Aber nur bei einem kompletten Neuanfang. Und das wäre der Konkurs.»

    Lehmann wurde von Bircher schon vor einem halben Jahr als Investor angefragt. Doch er verlangte Konditionen, die der Präsident, der im Club noch hohe Darlehen hat, nicht eingehen wollte. Falls die Flyers nun wie der SCB 1998 über eine Nachlassstundung saniert werden und die Aktien zu einem «vernünftigen Preis» verkauft würden, könnte sich Lehmann erneut ins Spiel bringen.

    Er gilt als umgänglicher und unkomplizierter Typ. Von 1998 bis 2006 war er Gemeinderat für die SVP in Glattfelden. Vor allem aber verfügt er über Kapital. In den 90ern war er als Generalimporteur für den damaligen Marktführer Nokia der Schweizer Handykönig. Der Selfmade-Millionär erarbeitete sich ein Vermögen von 200 bis 300 Millionen Franken, wie das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» schätzt. Vor drei Jahren investierte er 80 Millionen Franken in die stillgelegte Spinnerei Letten in Glattfelden und machte daraus das Hotel- und Eventzentrum Riverside.

    Das Riverside als Geschäftsstelle

    Ein Engagement hätte vor allem auch mit dieser Immobilie zu tun. Lehmann, der seinen Sponsoringvertrag mit den Klotenern nach drei Jahren nicht mehr verlängert, führte hier für den Verein schon zahlreiche Events durch: Gönneressen, Medientag, Team-Events. Wäre er Mehrheitsaktionär und damit wohl auch Präsident, könnte er die Flyers noch effektiver mit dem Riverside verbinden. Hier würde er die Geschäftsstelle einrichten. Und im Stadion brächten er und sein Team viel Erfahrung fürs Catering mit. Er sagt: «Ich bin keiner, der blind investiert. Es muss wirtschaftlich Sinn machen.»

    Lehmann ist überzeugt davon, dass die Flyers zu betreiben seien, ohne jedes Jahr Löcher stopfen zu müssen. Dafür müsse man aber eine vernünftige Lohnstruktur einführen und noch viel mehr den Mut haben, auf eigene Talente statt auf teure Schweizer und Ausländer zu setzen, so der letztjährige Nationalratskandidat. «Es braucht mehr als Emotionen und Fantum.» Lehmann ist kein eingefleischter Flyers-Anhänger, ihn interessieren vor allem die geschäftlichen Perspektiven.

    «Es ist ein Trauerspiel, was mit diesem Club passiert», sagt er betrübt. «Wegen zwei Egomanen, die sich inszenieren.» Aussagen, die deutlich machen: Sein Einstieg in Kloten würde definitiv ohne Bircher und Fetscherin stattfinden.

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  • Nun ist also der Name offiziell. Habe schon lange vermutet, dass Lehmann der Investor im Hintergrund ist (siehe ein paar Seiten weiter oben). Mushu kennt ihn ja sogar persönlich und dürfte nun künftig nicht mehr ins Riverside gehen :)

    Mit Bircher hat er sich schon länger entzweit, vermutlich seit dem im Artikel erwähnten Übernahmeversuch. Er war meines Erachtens auch der Mann im Hintergrund bei der (missglückten) Übergabe an Fetscherin, nur dürfte dieser mit der von ihm inszenierten öffentlichen Schlammschlacht den Kredit von Lehmann verspielt haben.

    Die Tage von Bircher sind gezählt, fragt sich nur wie stark beschädigt die Kloten Flyers aus der Sache rauskommen. Totalschaden oder "nur" renovationsbedürftig.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von Champs-de-Mars

    Nun ist also der Name offiziell. Habe schon lange vermutet, dass Lehmann der Investor im Hintergrund ist (siehe ein paar Seiten weiter oben). Mushu kennt ihn ja sogar persönlich und dürfte nun künftig nicht mehr ins Riverside gehen :)

    Mit Bircher hat er sich schon länger entzweit, vermutlich seit dem im Artikel erwähnten Übernahmeversuch. Er war meines Erachtens auch der Mann im Hintergrund bei der (missglückten) Übergabe an Fetscherin, nur dürfte dieser mit der von ihm inszenierten öffentlichen Schlammschlacht den Kredit von Lehmann verspielt haben.

    Die Tage von Bircher sind gezählt, fragt sich nur wie stark beschädigt die Kloten Flyers aus der Sache rauskommen. Totalschaden oder "nur" renovationsbedürftig.

    Lehmann ist sicherlich ein guter Selfmade-Geschäftsmann. Aber er ist kein Fan! Der kommt nicht um Geld zu verlochen, der will investieren und dann profitieren. Spannend auch, dass er erst kommen will, wenn die derzeitige Situation bereinigt ist (Nachlassstundung oder Konkurs). Wie sieht das beim Hockey im Konkursfall aus; geht die 1. Mannschaft dann auch in irgendeine untere Liga, oder kann eine neue Trägergesellschaft einfach im A weiter machen? Die erste Mannschaft gehört ja scheinbar nicht dem EHC Kloten, sondern ist in die Holding des Präsidenten eingebunden.

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