Meister FCZ in der Krise
Wieso Henriksens erste Energiekur schon verpufft ist
Der FCZ ist kein bisschen besser, nur weil seit zwei Wochen ein aufgekratzter Trainer am Werk ist. In den ersten vier Spielen unter dem Dänen haben sich vielmehr die Defizite der Mannschaft bestätigt.
Thomas Schifferle (TA)
Publiziert heute um 20:09 Uhr
Entgeisterte Blicke in der Präsidentenloge: Heliane und Ancillo Canepa mit ihrem Trainer Bo Henriksen (Mitte) beim Derby gegen GC.
Foto: Ennio Leanza (Keystone)
Zwei Wochen ist es her, als beim FCZ noch Aufbruchstimmung herrschte. Bo Henriksen stellte sich als neuer Trainer vor, und Happy Bo sagte Sätze wie: «Ich bin seit 16 Jahren Trainer. Ich habe immer gewonnen. Ich habe mit meinen Mannschaften immer die Erwartungen mehr als erfüllt.»
Vier Spiele hat der Däne nun hinter sich als Nachfolger von Franco Foda. 0:5, 0:0, 0:0 und 1:4 heissen die Resultate. Gut sieht anders aus. Vor allem dieses 1:4 am Sonntag gegen die Grasshoppers hat den FCZ wie ein Schlag in die Magengrube getroffen.
Henriksen ist aus Dänemark geholt worden, um einer demoralisierten Mannschaft wieder Leben einzuhauchen. Energie war ein Wort, das bei seiner Vorstellung im Zentrum stand. «Es braucht jetzt jemanden, der die Mannschaft mit seiner Energie aus dem Sumpf holt», war die dazu passende Aussage von Präsident Ancillo Canepa.
Die erste Energiekur, die Henriksen den Spielern verordnen wollte, ist ohne besonderen Ertrag verpufft. In Eindhoven waren sie chancenlos, gegen YB und in Basel mauerten sie sich auf eine Art zu Unentschieden, wie das sonst eine kleine Mannschaft macht und nicht ein Meister. Henriksen reichte das schon, um die Defensivarbeit als «fantastisch» zu würdigen.
Spielerisch ist null Fortschritt zu erkennen, und wie wenig der neue Trainer bisher mit seiner aufgekratzten Art erreicht hat, zeigt sich dann im Derby. Auf einmal hat er das Gefühl, er könne die Mannschaft offensiver ausrichten. Eine Viertelstunde oder so geht das noch gut, bis GC nach einem Corner das Führungstor geschenkt wird. Dann bricht der FCZ bereits auseinander. Davon erholt er sich nie mehr.
Zitat«Wir haben nicht so lange Zeit, um den Kopf hängen zu lassen und in den Sand zu stecken.»
FCZ-Co-Trainer Genesio Colatrella
Fünf Spiele bleiben ihm bis zum Beginn der Winterpause Mitte November, um den trostlosen Eindruck zu korrigieren. Am Donnerstag trifft er in der Europa League auf Bodö/Glimt, am Sonntag im Tourbillon auf Sion, nächste Woche auswärts auf Arsenal und schliesslich auf Lugano und Servette. Er stellt sich besser nicht vor, wie die Gemütslage ist, wenn er keines dieser Spiele gewinnt. Ohne schwarzzumalen, das ist nicht einmal eine unrealistische Vorstellung. Zumindest gilt der FCZ in keinem dieser Spiele als Favorit. Das hat in erster Linie mit seiner Verfassung zu tun.
«Wir haben nicht so lange Zeit, um den Kopf hängen zu lassen und in den Sand zu stecken», sagt Genesio Colatrella am Sonntag. Er hat den Nachmittag an der Seitenlinie verbracht, weil Henriksen nach der Roten Karte in Basel gesperrt ist. Und als er nach der Pause einmal seine Coachingzone ausmisst, nutzt Canepa die Chance und nimmt auf der Bank den Sitz ein, der für den Trainer reserviert ist.
Brechers Frust
Keiner trägt nach dem Spiel seinen Frust mehr nach aussen als Yanick Brecher, das Sprachrohr der Mannschaft in allen Lagen. Mal für Mal steht er hin und versucht zu erklären, wieso schon wieder etwas schiefgegangen ist. In dieser Disziplin hat er eine zweifelhafte Routine entwickeln können, weil der FCZ sieglos am Tabellenende taumelt und inzwischen über alle Wettbewerbe hinweg seit 13 Spielen sieglos ist.
Zitat«Wenn wir uns nicht gegenseitig helfen, ist wenig Hoffnung da.»
FCZ-Goalie Yanick Brecher
Brecher versieht seine Arbeit diese Saison auf konstantem Niveau, auf und neben dem Platz. Damit ist er aber auch schon der Einzige, über den sich das sagen lässt. Die Stützen der Meistersaison sind weggebrochen. Entweder sind sie gegangen wie Ousmane Doumbia und Assan Ceesay oder in einem anhaltenden Tief wie Mirlind Kryeziu, Antonio Marchesano und Blerim Dzemaili.
«Qualität!», sagt Brecher, «die Qualität fehlt.» An anderer Stelle redet er zwar davon, dass sie eigentlich «genug Qualität» hätten. Aber um sie abzurufen, fehlt es aus seiner Sicht an etwas Entscheidendem: an der richtigen Einstellung, an der Leidenschaft, an der Bereitschaft, dem Teamkollegen zu helfen, wenn der in Schwierigkeiten ist. Brecher sagt: «Wenn wir uns nicht gegenseitig helfen, ist wenig Hoffnung da.»
Canepas Verantwortung
Henriksen ist mit der Vorgabe angetreten, dass es ohne Zusammenhalt, ohne Füreinander und Miteinander keinen Erfolg gibt. «Füreinander sterben» ist ein Ausdruck, der von ihm hängen geblieben ist. Das Melodramatische mag er offensichtlich. Es tönt überdreht und nutzt sich schnell ab.
Gegen YB und in Basel war der Teamgedanke noch da. Es ist Henriksens Aufgabe, herauszufinden, wieso davon im Derby auf einmal nichts mehr zu sehen ist. Brecher jedenfalls geht es so, er erkennt dafür, wie es auf dem Platz Schuldzuweisungen gibt. «Nach dem 0:1 fangen wir an, auf die anderen, auf die Mitspieler zu zeigen», gibt er zu Protokoll. «Jeder muss sich bewusst sein, welche Rolle er hat, egal, ob er spielt oder nicht.»
Unter André Breitenreiter war dieses Verständnis für die eigene Aufgabe eine der Stärken des FCZ. Gegen GC fehlt es, wie sich bei den Gegentoren zeigt oder beim üblen Frustfoul von Fabian Rohner an Petar Pusic. «Wir haben uns gegenseitig runtergezogen», stellt Brecher fest.
Reklamieren geht wenigstens noch: Mittelfeldspieler Ole Selnaes, einer der enttäuschenden neuen Spieler des FCZ.
Foto: Ennio Leanza (Keystone)
Viele Spieler sind inzwischen neu, sie heissen Katic, Conde, Selnaes, Santini, Okita und Avdijaj. Dass die Mannschaft dank ihnen besser sein soll als noch letzte Saison, ist Canepas Einschätzung. Es ist sein Pech, dass sie nicht vergessen geht und vor allem nicht zutrifft, zumindest bis jetzt nicht. Keiner ist ein Gewinn, keiner hat nur schon Fortschritte gemacht.
Die Verantwortung dafür tragen der Präsident, die letztendlich entscheidende Instanz im Club, und Marinko Jurendic als Sportchef, der zusammen mit seinem Team das neue Personal für eine Verpflichtung vorschlägt. Letzte Saison wurde Jurendic für seine Arbeit noch gelobt. Jetzt ist der Lack angekratzt. Ihre Hoffnung muss nun Henriksen sein. Damit der Däne herausfindet, ob die Neuen darunter leiden, dass unter Foda ein zuvor funktionierendes Gebilde zusammengebrochen ist. Oder ob ihre Verpflichtungen halt doch auf einen grundlegenden Irrtum zurückzuführen sind.
Henriksens Prognose
«Jetzt braucht es Lockerheit, Humor», hat Canepa am Tag von Henriksens Vorstellung gesagt, «dann kommt der Befreiungsschlag.» Humor braucht ein Fan wirklich, um an den Auftritten des FCZ nicht zu verzweifeln.
«Man kann reden und reden und reden», hat Henriksen am gleichen Tag gesagt, «aber das Wichtigste ist, man muss auch umsetzen, was man sagt. Sonst glaubt keiner irgendetwas.» Mit seiner Prognose liegt er richtig. Motivationsredner verbrauchen sich schnell, wenn die Resultate ausbleiben.
«Es ist die traurige Wahrheit», bilanziert Brecher am Sonntag, «wir stehen da, wo wir hingehören.» Um den Misserfolg zu erklären, will er nichts von Pech oder Glück oder einem Fussballgott wissen, der in Ausstand getreten ist. Er erinnert nur an das, was Fakt ist. An den Blick auf die Rangliste.
[/quote]Autsch!!!!
Ich bleibe dabei:
Könnte passen; bin mit gewisser Zuversicht bereit, daran zu glauben, dass die Kombination passt.
Wetten würde ich aber keine hochen Quoten.