- Offizieller Beitrag
Starker Zürcher Paradesturm
Froh ist, wer Leader hat
Noch ein Sieg fehlt den ZSC Lions bis zur Finalqualifikation.
Das Trio Wick/Shannon/Keller spielt bei den ZSC Lions derzeit überragend. Am Dienstag in Genf winkt der Finaleinzug. Die Zürcher sollten die Rechnung allerdings nicht ohne Chris McSorley machen.
pic. Die Zürcher befinden sich im Fahrplan. Nach dem 2:0 vom Samstag führen sie in der Serie gegen Genf/Servette 3:2, noch ein Sieg fehlt bis zur insgesamt siebenten Finalqualifikation. Die erste Gelegenheit dazu bietet sich ihnen in Spiel 6 am Dienstag in Genf.
Wie aber sähe dieser Halbfinal aus, wenn die ZSC Lions Ryan Keller nicht hätten? Von ihren 15 Toren gehen 7 auf das Konto des 30-Jährigen. Seine Partner Wick und Shannon steuerten auch je einen Treffer bei. Zwei der drei Siege wären ohne diese Formation nicht zustande gekommen. Im zweiten Spiel in Genf traf das Trio beim 5:3 viermal, Keller brillierte als dreifacher Torschütze. Und am Samstag in Spiel 5 im Hallenstadion waren sie zur Gänze für das 2:0 verantwortlich. Ein Doppelschlag von Keller kurz vor und nach der ersten Pause reichte, die Vorarbeit hatten jeweils Wick und Shannon geleistet.
Die drei Stürmer ergänzen sich zurzeit ideal: In der Mitte zieht der filigrane Amerikaner Shannon die Fäden. Wasserverdrängung hat er kaum, aber er ist schnell, wendig und mit Übersicht ausgestattet, mit seinen Pässen zieht er das Spiel in die Breite oder in die Tiefe, was beim Gegner Löcher ins Abwehrdispositiv reisst. Auf den Seiten kommen die Qualitäten der Flügelzange Wick/Keller zum Vorschein: Wie Shannon kann auch Wick seine Gegner nicht einschüchtern, aber er ist ständig in Bewegung und damit ein Gefahrenherd, der zudem Nehmerqualitäten beweist. Kein Einsatz vergeht, in dem er nicht traktiert und provoziert wird. Doch der 28-Jährige bleibt ruhig. Das physische Element bringt Keller ins Spiel, er geht nötigenfalls mit dem Kopf durch die Wand.
In der Qualifikation war diese Formation nicht oft zu sehen. Damals bildete das Trio Wick, Cunti und Nilsson das Zürcher Aushängeschild. Aber auf seiner unablässigen Suche nach der idealen Mischung im Kader erkannte der Coach Marc Crawford schon im Viertelfinal, dass dieser Sturm zu verspielt war und überdies Cunti und Nilsson ihrer Form hinterherliefen. Deshalb wurde Wick an die Seite der beiden Nordamerikaner gestellt. Anpassungsschwierigkeiten gab es keine. Wick und Keller kennen sich bereits von früher, sie stürmten schon 2010/11 in Nordamerika zusammen. Mit den Binghamton Senators gewannen sie in der rauen Farmteam-Liga AHL gar die Play-offs (Calder-Cup). Und im Jahr davor hatte Keller auch kurz mit Shannon bei den Ottawa Senators (NHL) gespielt.
Dass Crawford immer wieder Formationen wechselt, hat ihm schon die Kritik eingetragen, er bringe Unruhe ins Team. Tatsächlich kennt der Kanadier hier weniger Zurückhaltung als sein Vorgänger Bob Hartley; er wechselt die Linien (und den Torhüter) sofort, wenn er das Gefühl hat, es brauche neue Impulse. Eine Ausnahmeerscheinung ist Crawford damit aber nicht, er praktiziert im Grunde lediglich die besonders in Nordamerika weitverbreitete Schule des aktiven Coachings. Auch Chris McSorley auf Genfer Seite greift oft zu solchen Massnahmen. Und der Tüftler an der Lions-Bande kann nun mit Befriedigung feststellen, dass er eine Linie gefunden hat, die den zähen Genfern das Leben richtig schwer macht, getreu der uralten Play-off-Weisheit: Froh kann nur werden, wer wahre Leader hat.
Von dieser Sorte hatte McSorley am Samstag zumindest einen zu wenig. Mit dem gesperrten Alexandre Picard (Check gegen den Kopf von Dan Fritsche in Spiel 4) fehlte Servette der erfolgreichste Play-off-Schütze (6 Tore in 9 Spielen) und damit Kellers Widerpart. Picard bildet mit Matt Lombardi und Kaspars Daugavins den Genfer Paradesturm, der bis anhin ähnlich dominant aufgetreten war wie das Zürcher Trio. Doch ohne das Zusammenspiel mit dem Frankokanadier fehlte Lombardi und Daugavins die Durchschlagskraft.
Am Montag wird der Entscheid erwartet, ob Picard weitere Sperren absitzen muss. Falls ja, dürfte er am Dienstag trotzdem spielen. McSorley wird in die Berufung gehen und aufschiebende Wirkung erhalten. Es ist unvorstellbar, dass er nicht alle Register ziehen wird, um das Saisonende zu vermeiden. McSorley weiss: Diese Serie verläuft so ausgeglichen, da kann ein Schlüsselspieler mehr sofort wieder dafür sorgen, dass der Wind dreht. (NZZ)