- Offizieller Beitrag
Die zwölf National-League-Klubs haben sich am Freitag mit einer Dreiviertelmehrheit für den ersten zentralen Punkt des Reformpakets ausgesprochen. Doch die Erhöhung der Ausländerzahl auf die Saison 22/23 tritt nur dann in Kraft, wenn auch die Lohnobergrenze eingeführt wird.Aha!
Sieben statt vier Ausländer: Das Schweizer Eishockey öffnet Grenzen
Die zwölf National-League-Klubs haben sich am Freitag mit einer Dreiviertelmehrheit für den ersten zentralen Punkt des Reformpakets ausgesprochen. Doch die Erhöhung der Ausländerzahl auf die Saison 22/23 tritt nur dann in Kraft, wenn auch die Lohnobergrenze eingeführt wird.
Daniel Germann (NZZ)
Am Freitag haben sich die Aktionäre der neu gegründeten National League AG auf einen der zentralen Punkte im umfassenden Reformpaket geeinigt: Ab der Saison 22/23 werden pro Team neu sieben statt bisher vier Ausländer spielberechtigt sein. Dafür wird der Sonderstatus der sogenannten Lizenz-Schweizer angepasst. Jene Spieler, die keinen Schweizer Pass besitzen, die erste Lizenz aber in der Schweiz gelöst haben, fallen mit dem Erreichen des 22. Altersjahrs ebenfalls unter das Ausländerkontingent. Der Vorschlag erreichte die nötige Dreiviertelmehrheit problemlos.
Die angepasste Ausländerregel tritt allerdings nur dann in Kraft, wenn auch der Rest des Massnahmenpakets eine Mehrheit findet. Spätestens Ende März soll darüber abgestimmt werden. Zu den wichtigsten Elementen gehört neben der Frage der Durchlässigkeit der Liga auch das sogenannte Financial Fairplay, eine verbindliche Lohnobergrenze. Wer diese überschreitet, soll eine Busse zuhanden der anderen Klubs bezahlen.
Diffuse Rolle der ZSC Lions
Ursprünglich hatte im Raum gestanden, den Regeln der Personenfreizügigkeit zu folgen und die Ausländerbeschränkung ganz aufzuheben. Das war politisch allerdings nicht mehrheitsfähig. Der nun getroffene Kompromiss ist nicht ohne Gefahr: Bei nur drei zusätzlichen Ausländern dürfte die Verlockung für die finanziell starken Klubs wie die ZSC Lions, den Lausanne HC oder den EV Zug gross sein, die Plätze mit Topspielern mit entsprechend hohem Lohn zu füllen. Das eigentliche Ziel, Druck auf die Löhne der Schweizer Spieler zu machen, droht dabei bereits mit dem Beschluss der neuen Regeln verwässert zu werden.
Marc Lüthi, der CEO des SC Bern und einer der treibenden Kräfte hinter dem Reformpaket, sagt: «Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir auch das Financial Fairplay beschliessen. Ohne dieses macht die Reform keinen Sinn.» Er sagt, momentan deute immer noch alles darauf hin, dass auch dieser zweite, zentrale Punkt des Massnahmenpakets eine Mehrheit finden werde.
Zuletzt hatten vor allem die Spieler noch einmal versucht, Stimmung gegen die Erhöhung der Ausländerzahl zu machen. Die Spielervereinigung veröffentlichte am Donnerstag eine Umfrage unter 300 Spielern. 94 Prozent von ihnen sprachen sich gegen die Erhöhung der Ausländerzahl aus. Sukkurs erhielten sie von den NHL-Spielern Roman Josi und Gaëtan Haas, die sich in Videobotschaften gegen das Anliegen wandten.
Das Resultat der Spielerbefragung war jedoch keine Überraschung. Mehr Ausländer bedeutet härtere Konkurrenz. Kaum geholfen hat den Gegnern, dass ausgerechnet die ZSC Lions mitten in der politischen Meinungsbildung und trotz breitem Kader sowie guter Tabellensituation mit Ryan Lasch einen fünften Ausländer verpflichtet haben, um die Verletzung von Chris Baltisberger und den Abgang von Pius Suter zu den Chicago Blackhawks zu kompensieren.
Der Verband protestiert
Der Zürcher CEO Peter Zahner ist der vehementeste Kritiker des Reformpakets. Er zieht im Frühjahr als Vertreter der Liga in den Verwaltungsrat von Swiss Ice Hockey ein. Von dort folgte am Freitagabend die erste Replik zur neuen Ausländerregelung. In einer Medienmitteilung schrieb der Verband: «Swiss Ice Hockey distanziert sich vom Entscheid der National League AG. Als Dachverband des Schweizer Eishockeys sprechen wir uns weiterhin klar gegen eine Erhöhung des Ausländerkontingents aus, weil wir durch diese Massnahme negative Konsequenzen für das gesamte Schweizer Eishockey, den Nachwuchs und unsere Schweizer Spieler befürchten.»
Darüber hinaus bekundete der Verband sein Unverständnis dafür, nicht in entsprechende Diskussion involviert gewesen zu sein und keine Detailkenntnisse zum gefällten Entschluss zu haben. Es ist die nächste Eskalationsstufe im schwelenden Konflikt um die künftige Leaderrolle im Schweizer Eishockey. Die Liga hat sich im Sommer vom Verband emanzipiert und sich als Aktiengesellschaft neu organisiert. Die Festlegung der Anzahl Ausländer lag aber schon vorher in der Autonomie der Liga und ihrer Klubs. Der Kampf um die Macht im Schweizer Eishockey hat eben erst begonnen.