Peter Zahner nach dem Play-off-Aus der ZSC Lions: «Marc Crawford hat an den richtigen Schrauben gedreht»
Peter Zahner nach dem Play-off-Aus der ZSC Lions: «Marc Crawford hat an den richtigen Schrauben gedreht»
Der CEO der ZSC Lions stellt sich vor seinen Trainer und relativiert die Enttäuschung nach der Halbfinal-Niederlage. Er sagt: «Wir sind gegen einen sehr starken EHC Biel ausgeschieden.»
Peter Zahner, die ZSC Lions sind im Halbfinal gescheitert. Was bleibt?
Als Erstes eine grosse Enttäuschung. Doch gleichzeitig muss man neidlos anerkennen: Der EHC Biel hat hervorragend gespielt. Wahrscheinlich war er in dieser Serie in allen Belangen besser als wir. Doch ich kann nicht verhehlen, dass die Ernüchterung gross ist.
Die ZSC Lions fanden während der ganzen Saison zu keiner richtigen Konstanz. Woran lag das?
Die Saison war von Anfang an ein Kampf und ein Murks. Begonnen haben wir noch gut. Weil unsere Arena noch nicht bezugsbereit war, mussten wir mit acht Auswärtspartien in die Saison starten. Wir gewannen im Durchschnitt mehr als zwei Punkte pro Spiel und meisterten die Situation damit nicht schlecht. Doch danach ging die Tendenz in die falsche Richtung. Doch wenn Sie mich fragen, was nach dieser Saison bleibt, dann gibt es auch eine zweite Wahrheit. Wir gewannen die Meisterschaft bei der U-20-Elite, wurden bei den U-20-Top Meisterschaftszweiter und Dritter mit den U-17-Junioren, zudem errangen die Frauen den Meistertitel. Und die GCK Lions kamen in der Swiss League bis in die Halbfinals und hatten die beste Saison seit ihrem Bestehen. Auch diese Teams gehören zu unserer Organisation. Aber ich will nicht nach Ausreden suchen. Das Männer-Team ist unser Aushängeschild. Und sein Abschneiden erfüllte auch unsere eigenen Erwartungen nicht.
Der Anspruch der Lions ist es, jedes Jahr den Final zu erreichen.
Das stimmt so nicht. Unser Anspruch ist es, jedes Jahr um den Titel mitzuspielen. Und das haben wir auch in dieser Saison getan. Wir sind im Halbfinal gegen einen sehr starken EHC Biel ausgeschieden. Wir waren unter den letzten vier Teams. Alle sprechen heute von der ausgeglichenen Liga. Mindestens acht Klubs starteten mit der Ambition in die Saison, um den Titel mitzuspielen. Nur einer wird am Ende Meister.
Im Dezember haben Sie versucht, mit dem Trainerwechsel von Rikard Grönborg zu Marc Crawford einen Impuls zu setzen. Das ist misslungen.
Das sehe ich nicht so. Der Wechsel hat das bewirkt, was wir uns von ihm erhofft haben. Ich will jetzt nicht schmutzige Wäsche waschen und auf Rikard Grönborg zielen. Aber er hat in den dreieinhalb Jahren, die er in Zürich war, einen einzigen jungen Spieler (Willy Riedi, die Red.) aus dem Nachwuchs in die erste Mannschaft integriert. Crawford war in den ersten Wochen in Zürich an mehreren Spielen der GCK Lions und setzte damit ein Zeichen: «Seht her: Wir interessieren uns für das, was ihr tut, und es ist für euch möglich, ins A-Team aufzusteigen.» Wir haben den Trainer nicht nur aus sportlichen Gründen gewechselt, sondern weil wir Gefahr liefen, unsere DNA zu verlieren. In diesem Bereich hat Marc Crawford die Erwartungen erfüllt.
Haben Sie rückblickend zu lange zugewartet mit dem Trainerwechsel?
Es gab Stimmen, die drängten bereits im Frühjahr auf einen Wechsel, nachdem wir im Final gegen Zug eine 3:0-Führung verspielt hatten. Doch ich hatte Respekt vor dem Saisonstart. Niemand konnte mit abschliessender Sicherheit sagen, ob wir wegen der Bauprobleme in unserer neuen Arena die ersten 8 oder vielleicht sogar die ersten 13 Partien der Saison auswärts würden bestreiten müssen. Die Gefahr bestand, dass wir auf Platz 9 oder gar 12 nach Altstetten umziehen. Der Trainer wäre sofort unter Druck gestanden.
Marc Crawford hat einen noch zwei Jahre weiterlaufenden Vertrag. Darf er den erfüllen?
Der Trainer ist überhaupt kein Thema. Marc Crawford begann seinen Job in einer äusserst intensiven Wettkampfphase mit 13 Spielen im Januar, in der er nur wenig Zeit hatte, seine Ideen zu verwirklichen. Marc Crawford hat für mich an den richtigen Schrauben gedreht. Auch für ihn war die Situation nicht einfach.
Wofür sollen die ZSC Lions stehen?
Wir sind ein Sportunternehmen, das sich am sportlichen Erfolg orientiert. Nun aber haben wir als Stadionbetreiber noch ein zweites Unternehmen. Gleichzeitig ist es unser Ziel, junge Spielerinnen und Spieler auszubilden und an das Top-Niveau heranzuführen. Als wir uns vor knapp vier Jahren am Flughafen Zürich erstmals mit Rikard Grönborg trafen, sagten wir ihm, es sei uns ein Anliegen, den Nachwuchs zu fördern und zu integrieren. Er sagte uns damals, genau das habe er als Angestellter des schwedischen Verbandes auch von den Klubs verlangt. Dass Grönborg ausgerechnet diesen Anspruch bei uns nicht erfüllt hat, war für mich die grösste Enttäuschung in der Zusammenarbeit mit ihm.
Sie werben mit dem Slogan «Wir sind Züri» und bezeichnen Ihre Organisation auf der Lions-Website als «grosse Familie». Gleichzeitig sagten Sie Simon Bodenmann zuerst, es habe für ihn im Team der nächsten Saison keinen Platz mehr, änderten diese Meinung aber, nachdem es zu Fan-Protesten gekommen war. Wie passt das zum Bild der grossen, glücklichen Familie?
Eine Mannschaft zu erneuern, ist eine der schwierigsten Aufgaben, die es im Teamsport gibt. Wir haben mit Reto Schäppi, Patrick Geering, Chris Baltisberger, Denis Hollenstein oder Simon Bodenmann einige Spieler, die um die 30 oder bereits darüber sind. Wir müssen jüngere Spieler integrieren und für sie Platz schaffen. Bei jeder Vertragsverlängerung stellt sich die Frage, ob wir mit diesem Spieler in der kommenden Saison besser oder weniger gut sind. Bei Simon Bodenmann kamen wir zur Überzeugung, dass er uns immer noch sehr helfen kann, und änderten die Meinung deshalb.
In der Kritik steht nun auch der Sportchef Sven Leuenberger. Zu Recht?
Wenn man keinen Erfolg hat, dann bietet man immer Angriffsfläche. Noch einmal: Wir haben nicht die Play-offs verpasst, sondern sind im Halbfinal an einem sehr guten Gegner gescheitert. Ich glaube sagen zu dürfen, dass wir in den vergangenen zehn Jahren eine der konstantesten Organisationen der Liga waren. Aber auch wir sind mit dem Ausgang der Halbfinalserie gegen Biel nicht zufrieden. Nun gönnen wir uns ein, zwei Tage Ruhe. Bereits über Ostern beginnen die Gespräche mit den Spielern und dem Staff. Wir ziehen nicht zwölf Stunden nach dem Play-off-Out Bilanz. Wir haben nun viel Zeit – leider.
Von aussen wird immer wieder das Gerücht kolportiert, Leuenberger sei in seinen Entscheidungen nicht frei. Zu viele würden mitsprechen.
Ich weiss nicht, woher solche Gerüchte kommen. Sie stimmen nicht. Der Sportchef hat ein Budget, das ihm den Rahmen vorgibt. Eine Carte blanche aber gibt ihm das nicht. Viele seiner Entscheidungen haben einen Einfluss auf die ganze Organisation. Deshalb finde ich es wichtig, gewisse Fragen gemeinsam anzugehen und Entscheide zu hinterfragen. Ich bin der Überzeugung, dass wir ein Team um die Schweizer Spieler herum aufbauen müssen. Hier ist der Markt beschränkt. Wenn man weiss, welche Schweizer man hat, kann man die Mannschaft mit Ausländern komplettieren.
Bereits wird über die Rückkehr von Denis Malgin spekuliert, dessen Vertrag in Colorado ausläuft. Fallen Sie da nicht ins alte Schema zurück, indem Sie versuchen, Fehler und Mängel mit zusätzlichen Investitionen zu korrigieren?
Erstens hat Denis Malgin bei uns noch einen Vertrag und kann deshalb ausserhalb der NHL in keinem anderen Team spielen.Zweitens ist er erst 26 Jahre alt und damit im besten Eishockey-Alter. Und drittens ist er ein Spieler, der in unserer Organisation gross geworden ist und den wir deshalb auch zu uns zurückholen möchten. Kritische Fragen müsste man uns stellen, wenn wir uns nicht um Denis Malgin bemühen würden.