Ambri vs. ZSC, 14.10.23

  • Overtime-Niederlage in Ambri

    Der ZSC wirft den Sieg weg

    Drei Minuten vor Schluss führen stark aufspielende Lions 3:1, am Ende gibt es ein 3:4 nach Verlängerung. Weil die Zürcher ein unglaubliches Ausgleichstor kassieren.

    ErTquy93afjADoevLg-iDO.jpg?op=ocroped&val=1200,1200,1000,1000,0,0&sum=h1aFgyNQPQM

    Eine Niederlage, die schwer zu verdauen ist: Die ZSC-Spieler nach der Partie in Ambri.

    Foto: Marusca Rezzonico (Freshfocus)

    Wer die Szene sieben Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit isoliert betrachtet, kommt zum Schluss: Diesem ZSC ist nicht zu helfen, da ist kein Gewinnerteam am Werk, sondern eine Spasstruppe. Sieben Sekunden vor Schluss könnte Rudlofs Balcers den Puck der Bande entlang tief chippen und unspektakulär den 3:2-Sieg sichern.

    Doch gemeinsam mit Denis Malgin entscheidet sich der Lette für die Suche nach dem Empty Netter – und bleibt mit seinem riskanten Backhandpass Richtung Spielfeldmitte und dem solo nach vorne stürzenden Teamkollegen an Ambris Verteidiger Tim Heed hängen.

    Telegramm:

    Infos einblenden

    Drei Sekunden später liegt der Puck zum 3:3 im ZSC-Tor, am Ende gewinnen die Tessiner in der Overtime 4:3. Wer sieben Sekunden mit dem Sieg vor den Augen so handelt, demonstriert ein perfektes Beispiel dafür, wie nahe Genie und Wahnsinn liegen können.

    Der ZSC leidet, blockt Schüsse, dominiert, macht vieles richtig

    Doch ganz so simpel ist dieses Spiel damit nicht erklärt. Denn diese Szene steht dermassen im Kontrast zum Rest des Spiels – und gerade das dürfte die Lions und insbesondere Trainer Marc Crawford so richtig, richtig ärgern. Bis drei Minuten vor Schluss führen die Lions gar 3:1, erst ein Powerplay-Tor Michael Spaceks (er trifft auch zum 3:3) bringt Ambri überhaupt ins mittlerweile klar vom ZSC kontrollierte Spiel zurück. Die Zürcher machen in diesem Spiel bis sieben Sekunden vor Schluss so vieles, ja fast alles richtig.

    Kritisieren kann man vielleicht, dass sie Mitte des Schlussdrittels das 4:1 verpassen, obwohl sie nach Nando Eggenberges Ausschluss fünf Minuten lang Powerplay spielen können. Aber auch das kommt bei den allerbesten Teams vor und ist alleine noch kein Beinbruch.

    Die Zürcher duchleben im Tessin völlig unterschiedliche Gemütslagen und Spielphasen, fast alle meistern sie vorzüglich. Sie sind zwar bereits im Startdrittel jenes Team, das deutlich mehr Pucks aufs Tor bringt (16:8). Doch diese Zahlen täuschen vorerst darüber hinweg, dass der ZSC da noch viel leiden muss. Kämpferqualitäten sind gefragt, wenn Ambri dominant auftritt, Schuss um Schuss Richtung Goalie Simon Hrubec abgibt. Doch der ZSC blockt neun Pucks alleine im Startdrittel und zeigt Gewinnermentalität. Das 1:1 nach 20 Minuten ist kein falsches Resultat, dennoch steht Ambri der Führung näher.

    9OvdibsR4t4BU6MaXokfdM.jpg?op=ocroped&val=1200,1200,1000,1000,0,0&sum=bVhzyTEOjV8

    Lange läuft alles gut beim ZSC: Chris Baltisberger feiert einen Zürcher Treffer.

    Foto: Marusca Rezzonico (Freshfocus)

    Ein komplett anderes Bild zeigt sich im Mitteldrittel, das statistisch mit 19:3 Torschüssen noch klarer vom ZSC dominiert wird. Jetzt täuschten die Zahlen nicht mehr, die Lions bestimmen das Spiel nun fast durchgehend. Und dennoch benötigen es ein Zaubertor, um mit einem 2:1 ins Schlussdrittel gehen zu können. Malgin erobert den Puck im eigenen Drittel und beendet seinen Slalomlauf mit dem erfolgreichen Abschluss.

    Da regiert noch das Genie, nicht der Wahnsinn. So gut organisiert der ZSC in allen Zonen auftritt, hin und wieder braucht er auch unerwartete Impulse seiner zahlreich vorhandenen starken Individualisten.

    Doch der Grat ist schmal, und vielleicht werden die Zürcher einst auf diesen Samstag im Oktober und diese unfassbare Szene sieben Sekunden vor Schluss zurückblicken, und Crawford wird dann in einer Lehrstunde vielleicht so oder ähnlich darüber philosophieren: Seht ihr, an diesem Abend lernten wir, dass wir Spiele auch wirklich gewinnen wollen müssen.


  • Der ZSC ist über sich selbst gestolpert.

    Stimmt.
    Aber "schon wieder" hast du vergessen...
    So wie im letzten Jahr oder in den letzten paar Spielen.
    Offenbar ist man sich seiner Sache wieder einmal sehr sicher.
    Meiner Meinung nach lässt die Einstellung zu wünschen übrig.

  • Glaube nicht. Ist eh alles im Kopf. Die Qualität stimmt.

    „eh alles im Kopf“ genau. und was soll sich daran ändern bitte? Die Idee war doch in diesem Punkt nachzubessern und bei der Auswahl neuer Spieler darauf zu achten. Spielerische Qualität hat man jetzt, bei der Mentalität sehe ich noch „nichts Neues“…

  • Ich bin ja froh, dass wir Crawford an der Bande haben. Aber wäre es nicht angezeigt gewesen, ein Timeout zu nehmen nach dem Anschlusstreffer? Wir hatten am Vorabend ein Spiel, Ambri nicht. Und niemand zwingt uns, in der letzten Minute in Ambri Malgin und Balcers zu bringen? Von daher hat Craw auch seine mitschuld daran.

    Trotz allem, 13/28 ist ein guter Start!

    • Offizieller Beitrag

    Der weggeworfene ZSC-Sieg

    Trotz Unfug in Ambri sind die Lions gut unterwegs

    Auch weil Trainer Marc Crawford die Breite im Zürcher Kader nutzt, gefällt die Mannschaft bislang. Das Spiel im Tessin kann als Lehrstunde positive Folgen haben.

    Kristian Kapp
    Kristian Kapp
    Publiziert heute um 20:49 Uhr

    Schockmoment für den ZSC: Dean Kukan ist am Boden, Rudolfs Balcers sinniert über seinen Fehlpass, während Ambris Laurent Dauphin (links) und Dario Bürgler das 3:3 von Michael Spacek (nicht im Bild) feiern.


    Schockmoment für den ZSC: Dean Kukan ist am Boden, Rudolfs Balcers sinniert über seinen Fehlpass, während Ambris Laurent Dauphin (links) und Dario Bürgler das 3:3 von Michael Spacek (nicht im Bild) feiern. Foto: Marusca Rezzonico (Freshfocus)

    Es ist natürlich der letzte Eindruck vom Wochenende, der für diesen schalen Nachgeschmack sorgt: Der ZSC verlor in Ambri mit 3:4 nach Verlängerung, und das Ärgerlichste daran war nicht einmal, dass die Lions drei Minuten vor Schluss noch 3:1 führten. Nein, was die zweistündige Zugfahrt zurück aus dem Tessin (ja, der ZSC war für einmal mit der Bahn unterwegs) gefühlt einiges länger gemacht haben dürfte, war die Art und Weise des vier Sekunden vor Ende kassierten Ausgleichstreffers.


    So wirft der ZSC in Ambri den Sieg weg Aus der Sicht von Goalie Simon Hrubec: Rudolfs Balcers bleibt mit seinem Pass hängen, vier Sekunden vor Ende des Spiels liegt der Puck zum 3:3 im Zürcher Tor. Video: MySports

    Denn drei Sekunden zuvor war der ZSC noch in Puckbesitz, Rudolfs Balcers hätte die Scheibe in die Zone Ambris chippen und das Spiel damit mit einem 3:2-Sieg seines Teams beenden können. Doch er entschied sich mit Denis Malgin für die Variante Empty Netter und blieb mit seinem riskanten Backhandpass mitten in der eigenen Zone prompt an Ambris Verteidiger Tim Heed hängen. Wahnsinn statt Genie, Überheblichkeit statt Souveränität, Skorerpunkt statt Sieg vor Augen – noch selten dürfte ein Sieg derart fahrlässig weggeworfen worden sein.

    Die bestmögliche Lehrstunde


    Marc Crawford dürfte sich über die zwei verlorenen Punkte (wann war die eigentlich unsinnige Formulierung «verlorene Punkte» derart zutreffend?) im ersten Moment geärgert haben. Seiner Mannschaft war zudem auswärts gegen einen aufsässigen und leidenschaftlich spielenden Gegner fast ein ganzes Spiel lang eine vorzügliche Leistung gelungen, ohne sich dafür zu belohnen. Sie machte in der stürmischen Anfangsphase Ambris mit kämpferischer Gegenwehr und vielen geblockten Schüssen genauso alles richtig wie ab dem Mitteldrittel, als sie nach und nach die fast totale Kontrolle über die Partie übernahm und auf Kurs war zu einem ungefährdeten Sieg.

    Doch schon eine Nacht Schlaf später dürfte der ZSC-Trainer auch positive Schlüsse aus dem weggeworfenen Sieg gezogen haben. Denn kaum ein anderes Spiel in dieser Saison dürfte sich besser eignen, um es seiner Mannschaft künftig als Lehrstunde vorzuhalten. Dass Crawford in der engen Schlussphase mit Balcers und Malgin zwei Offensivstars einsetzte, ist nachvollziehbar, da diese speziellen Shifts immer auch Zeichen des Vertrauens Richtung der Spieler sind. Auch Künstler sollen spüren, dass sie in allen Lagen wichtig sind. Mit Biss unterwegs: Reto Schäppi beschäftigt Ambris Goalie Benjamin Conz.


    Mit Biss unterwegs: Reto Schäppi beschäftigt Ambris Goalie Benjamin Conz. Foto: Marusca Rezzonico (Freshfocus)

    Doch wenn dieses Vertrauen missbraucht wird, kann Crawford bei nächster Gelegenheit mit identischer Ausgangslage andere Stürmer aufs Eis schicken – Stürmer, die unspektakulär «langweilig» nur an den Sieg denken und entsprechend handeln. Center Reto Schäppi zum Beispiel, der, obwohl in ungewohnter Flügelstürmer-Rolle eingesetzt, im Schatten aller offensiven Genies im Team zu den stillen Gewinnern unter Crawford gehört. Gemäss offizieller Statistik der National League ist Schäppi jener Angreifer, mit dem der ZSC am wenigsten Gefahr vor dem eigenen Tor befürchten muss – ligaweit ist der 32-jährige Routinier in dieser Kategorie die Nummer 4.

    Die schier unendliche Breite in der ZSC-Offensive: Crawford hat sich bislang nicht gescheut, sie zu nutzen. Als Stammkräfte wie Malgin, Sven Andrighetto oder Juho Lammikko fehlten, fanden sich junge Stürmer wie Vinzenz Rohrer (19) oder Joel Henry (20) im Powerplay wieder. Der Österreicher Rohrer verlor seinen bislang sogar fixen Platz im Überzahlspiel erst letzten Freitag, als Andrighetto nach langer Verletzungspause sein Saisondebüt gab.

    Im Konkurrenzkampf um einen Platz in den vier Sturmreihen rotieren gestandene Spieler wie Simon Bodenmann und Yannick Zehnder mit Jungen wie Nicolas Baechler (20) oder Henry, auch Justin Sigrist oder Willy Riedi können sich ihres Platzes nicht sicher sein. Und Spieler wie Jérôme Bachofner oder Kyen Sopa spielen seit Saisonbeginn gar keine Rolle mehr.

    Selbst in der Abwehr ist ein Rennen um Einsatzzeit im Gange, in Ambri musste gar Captain Patrick Geering seine Eiszeit mit dem 7. Verteidiger Phil Baltisberger teilen und kam nur auf knapp acht Minuten. Baltisberger selbst war am Freitag gegen Langnau überzählig, um Platz für das 17-jährige Talent Daniil Ustinkov zu schaffen. Es geht was in der ZSC-Aufstellung, es ist jene Dynamik im Gange, die man sich in Zürich erhofft hatte.



    Es sind auch Zeichen an die Konkurrenz, wie stark und unberechenbar im positiven Sinne die Zürcher auftreten können – selbst wenn sie wie in den Schlusssekunden in Ambri groben Unfug veranstalten. Sie gefielen selbst bei weiteren Niederlagen wie gegen Davos und Zug mit phasenweise derart druckvollem Spiel, dass der Gegner nur noch reagieren und in den Überlebensmodus schalten konnte, um nicht komplett überrollt zu werden.

    Auch die Liga-Analytics bestätigen diesen Eindruck: Bei 5-gegen-5-Hockey sind die Zürcher nicht nur grundsätzlich das mit Abstand torgefährlichste Team. Sie sind auch die Nummer 1, wenn es um Druckphasen mit Puckbesitz geht, und die Nummer 2 im Konterspiel. Sie gehören gleichzeitig in allen Situationen zu den am besten verteidigenden Mannschaften und sind mit Abstand die Besten im Penalty-Killing, wenn es um zugelassene Torgefahr geht. Die Kalberei in Ambri soll also nicht darüber hinwegtäuschen: Die ZSC Lions sind gut unterwegs.

  • Bis jetzt gefällt mit diese Saison sehr gut, macht absolut Spass, dieser Truppe zuzuschauen- was für ein Kontrast zu den meist blutleeren und pomadigen Auftritten der letzten Saison(s).

    Weiter so! 👊🏼

  • Stimmt.
    Aber "schon wieder" hast du vergessen...
    So wie im letzten Jahr oder in den letzten paar Spielen.
    Offenbar ist man sich seiner Sache wieder einmal sehr sicher.
    Meiner Meinung nach lässt die Einstellung zu wünschen übrig.

    War es letztes Jahr auch so? Mag mich nicht an viele Spiele erinnern, in denen wir besser waren, aber es verschenkten. Letzte Saison waren wir in den meisten Spielen schlicht nicht viel besser, als der Gegner.

    • Offizieller Beitrag

    Danke für's posten Larry. Trotzdem, diese Niederlage ist einfach nur F...dumm wie du geschrieben hast. Und im Oktober haben wir nun

    von 5 Spielen 3 verloren. Gut unterwegs? Ja. Aber wenn DAS die DNA unserer Leader, unseres Teams ist - dann weiss ich nicht wie's dann

    in den Playoff aussehen wird. So dominant aber auch unfassbar überheblich und nonchalant habe ich noch selten den ZSC auftreten sehen.

    Da blutet einem die Fan-Seele ........

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!